Deutsche Friedenstruppen nach Gaza? Wadephul ist skeptisch
28. September 2025
In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung nannte der deutsche Außenminister Johann Wadephul die Lage im Gazastreifen einen "humanitären Albtraum". Mit Blick auf die Zivilbevölkerung bezeichnete er die Situation als "Hölle auf Erden". Wadephul verlangte ein Ende des Krieges sowie die Freilassung der noch von der radikal-islamischen Hamas festgehaltenen Geiseln. Zugleich bekräftigte er: "Die Existenz und Sicherheit Israels werden immer Teil unserer Staatsraison sein." Deutschland halte außerdem an der Forderung nach einer Zweistaatenlösung fest.
Die Bundesregierung unterstütze die Verhandlungen über einen Frieden im Gazastreifen bereits seit langem, betonte Wadephul. Auch während der UN-Generalversammlung in New York führe er Gespräche mit Israel und den arabischen Nachbarstaaten, die einen sehr großen Einsatz in dieser Zeit zeigen würden. "Das finde ich sehr beachtlich", sagte Wadephul.
Wadephul: Vorrangig Friedenstruppen aus muslimischen Staaten
Mit Blick auf eine mögliche internationale Friedenstruppe äußerte der Minister Skepsis. Deutschland werde sich in humanitärer Hinsicht engagieren, habe aber Zweifel, ob es richtig wäre, mit Sicherheitskräften dort vor Ort engagiert zu sein. Viele muslimisch geprägte Staaten hätten Bereitschaft signalisiert, aktiv zu werden. "Dieses Angebot sollte man vorrangig wahrnehmen", sagte Wadephul. Die Bundesregierung unterstütze zudem den Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump, dessen Umsetzung "selbstverständlich der schwierigste Teil sein" werde.
Positiv äußerte sich Wadephul zu Berichten, wonach der ehemalige britische Premierminister Tony Blair die Aufsicht über eine Übergangsregierung für den Gazastreifen übernehmen könnte. "Dass Tony Blair eine der herausragenden Figuren ist, die in diesem Prozess sicherlich gute Beiträge leisten können, das möchte ich ausdrücklich unterstreichen." Letztlich müssten sich die Beteiligten jedoch auf Inhalte und Personen einigen.
Zehntausende demonstrieren in Berlin
Parallel zu den Gesprächen in New York demonstrierten am Samstag in Berlin Zehntausende gegen den Krieg im Gazastreifen und deutsche Waffenlieferungen an Israel. Nach Angaben der Polizei versammelten sich rund 60.000 Menschen an der Siegessäule, die Organisatoren sprachen sogar von bis zu 100.000. Amnesty International und medico international hatten zu der Großkundgebung aufgerufen. Viele der Demonstrierenden führten palästinensische Flaggen mit sich. Der Protest verlief - wie es hieß - überwiegend friedlich.
Eine weitere Versammlung im Stadtteil Kreuzberg mit rund 1200 Teilnehmern wurde hingegen aufgelöst. Dort registrierte die Polizei mehrere Straftaten, darunter einen Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz und die Behinderung von Journalisten. Insgesamt waren 1800 Einsatzkräfte, auch aus anderen Bundesländern, im Stadtgebiet unterwegs.
Proteste auch wieder in Israel
In Tel Aviv forderten Tausende Israelis ebenso ein Abkommen zur Beendigung des Krieges. Auf dem sogenannten Platz der Geiseln entrollten sie ein Banner mit der Aufschrift: "Alle Geiseln, bring sie jetzt nach Hause." Lishay Miran-Lavi, deren Ehemann seit fast zwei Jahren im Gazastreifen festgehalten wird, appellierte direkt an US-Präsident Trump: "Nutzen Sie Ihren Einfluss auf Ministerpräsident Netanjahu."
Trump und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wollen sich am Montag im Weißen Haus treffen. Der US-Präsident hatte zuletzt eine Einigung auf eine Waffenruhe für möglich gehalten: "Ich denke, wir haben einen Deal", sagte er. Netanjahu hingegen kündigte an, den Kampf gegen die Hamas unerbittlich fortzusetzen.
Rechtsextreme fordern Fortsetzung des Kriegs
Nach Auskunft seines Sondergesandten Steve Witkoff präsentierte Trump arabischen und muslimischen Staaten in dieser Woche einen 21-Punkte-Plan für eine Waffenruhe, die Freilassung aller Geiseln und den Rückzug israelischer Truppen.
Der rechtsextreme israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, warnte Netanjahu jedoch vor einem Abkommen: "Sie haben nicht das Mandat, den Krieg ohne eine völlige Niederlage der Hamas zu beenden." Netanjahu ist im Parlament auf rechtsextreme Partner angewiesen, die ein Ende des Krieges strikt ablehnen.
Der Krieg begann am 7. Oktober 2023 mit einem Großangriff der radikal-islamischen Hamas, die von zahlreichen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird, und verbündeter Kämpfer auf Israel. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1219 Menschen getötet und 251 als Geiseln verschleppt. Noch 47 Menschen befinden sich in der Gewalt der Hamas, mindestens 25 von ihnen sollen bereits tot sein.
Israel greift seitdem massiv den Gazastreifen an. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 66.000 Palästinenser getötet.
pgr/wa/pg (dpa, epd, afp)
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