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Deutsche Handballer spielen bei der Heim-EM um Medaillen

23. Januar 2024

Deutschlands Handballer haben bei der Heim-Europameisterschaft das Halbfinale erreicht und kämpfen um den Titel. Ein Turniererfolg könnte den gesamten deutschen Handball beflügeln.

Spielszene Deutschland gegen Kroatien bei der Handball-EM, Deutschlands Justus Fischer springt zum Wurf ab
Trotz einer Niederlage gegen Kroatien steht die deutsche Mannschaft im HalbfinaleBild: Tom Weller/dpa/picture alliance

"Wir müssen die beste Leistung der letzten Jahrzehnte abrufen", sagte Deutschlands Handball-Bundestrainer Alfred Gislason vor dem anstehenden EM-Halbfinale gegen Dänemark. "Wir brauchen eine Riesenleistung, um eine Chance zu haben. Das ist uns allen klar", meinte der Isländer, nachdem sein Team zuvor im abschließenden Hauptrundenspiel gegen Kroatien mit 24:30 klar verloren und keinen guten Handball gezeigt hatte. Trotz der Niederlage steht die Mannschaft aber in der Runde der besten Vier.
Eine Leistungssteigerung ist auch deswegen nötig, weil alle davon träumen, dass die Europameisterschaft ein "Handball-Märchen" wird: Deutschland spielt zu Hause eine Handball-Europameisterschaft und wird von den eigenen Fans in der stets ausverkauften Arena in Köln von Erfolg zu Erfolg getrieben. Am Ende - so der Traum - steht dann der Titelgewinn. Es wäre der dritte EM-Erfolg für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nach 2004 und 2016, aber der erste im eigenen Land. Als Vorlage dient der WM-Sieg der deutschen Handballer im Jahr 2007. Damals gewannen die Deutschen - ebenfalls in Köln - sensationell den Titel, getragen und bejubelt von einem euphorischen Publikum.

Große Begeisterung, starke Einschaltquoten

Euphorisch sind die Fans auch diesmal: Mit 19.750 Zuschauern war die Kölner Arena bei allen vier Auftritten der DHB-Auswahl in der EM-Hauptrunde gegen Island, Österreich, Ungarn und Kroatien ausverkauft. Zuvor war die Halle in Berlin bei den beiden letzten Vorrundenspielen gegen Nordmazedonien und Frankreich mit 13.571 Gästen ebenfalls voll gewesen. Und beim Auftaktspiel der EM gegen die Schweiz hatte die deutsche Mannschaft mit 53.586 Zuschauern im Fußballstadion von Düsseldorf sogar einen Weltrekord aufgestellt.

Auch vor dem Fernseher fiebern die Fans mit: Im Durchschnitt mehr als sieben Millionen Zuschauer verfolgten bislang alle Spiele mit. Gegen Kroatien waren es 7,9 Millionen, wobei zeitgleich auch das Nachholspiel der Fußball-Bundesliga zwischen dem FC Bayern und Union Berlin (1:0) lief. 

Bei der vorentscheidenden Hauptrundenpartie gegen die Ungarn wurde am Montagabend sogar die Acht-Millionen-Zuschauer-Marke geknackt. Durchschnittlich 8,45 Millionen TV-Zuschauer bedeuteten einen Marktanteil von 29,3 Prozent: Fast ein Drittel aller Menschen, die in Deutschland vor dem Fernseher saßen, verfolgten das Handballspiel gegen Ungarn.

EM-Boom für dem Handball?

Verläuft die Heim-EM erfolgreich, könnte das dem deutschen Handball insgesamt nutzen. Deutschland hat eine starke Liga mit vielen Stars und Vereinen, die auch international in der Spitze mithalten können. Auch war der Handball laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IfD Allensbach für die Jahre 2021 bis 2023 hinter Fußball, Skispringen und Leichtathletik der Sport, für den in der Bevölkerung das größte Interesse hegte.

Dennoch fristet der Handball in Deutschland genau wie andere Sportarten, zum Beispiel Basketball, eine Art Nischendasein. Nur zu Europa- und Weltmeisterschaften oder während der Olympischen Spiele entdeckt ein größerer Teil der Bevölkerung sein Herz für den Handball. Darunter sind dann auch Leute, die sich für normale Länderspiele der DHB-Auswahl oder Bundesliga-Handball überhaupt nicht interessieren.

Spielt die Nationalmannschaft bei großen Turnieren erfolgreich, fangen in der Folge mehr Mädchen und Jungen an, Handball zu spielenBild: Michael Dahlke/FUNKE Foto Services/IMAGO

Von der größeren medialen Aufmerksamkeit für die Nationalmannschaft profitieren auch die ganz normalen Handball-Vereine. Angestachelt von den "Heldentaten" der Vorbilder im Fernsehen, wollen vor allem Kinder- und Jugendliche selbst Handball spielen und melden sich in einem Verein an. So stieg im Jahr nach dem WM-Sieg von 2007 die Anzahl der Mitglieder im DHB um rund 23.000 auf 842.070*. Rund 15.000 der Neuangemeldeten waren Mädchen und Jungen zwischen sieben und 14 Jahren. "Die WM 2007 in Deutschland hat im Handball für einen ungeheuren Aufschwung gesorgt", erklärte DHB-Präsident Ulrich Strombach damals.

Allerdings: Seit dem Höchststand im Jahr 2009 (847.406) ist die Anzahl der DHB-Mitglieder bis 2022 auf 719.787 geschrumpft. Erst im vergangenen Jahr gab es wieder einen Zuwachs. Einen weiteren sollte eigentlich auch die Heim-EM bringen. Helfen würde da in jedem Fall der Titelgewinn.

Hohe Hürde Dänemark

Aber bevor sie darüber nachdenken dürfen, müssen sich Deutschlands Handballer im EM-Halbfinale erst einmal Titel-Favorit Dänemark stellen. "Es ist kein Geheimnis, dass die Dänen den schönsten, besten und effektivsten Handball spielen. Aber es wird eine geile Herausforderung sein. Die sollen erstmal zeigen, wie gut sie sind", sagte Rückraumspieler Philipp Weber angriffslustig. Wenn die DHB-Auswahl am Freitagabend (20.30 Uhr MEZ) gegen den aktuellen Weltmeister das Handball-Wunder vollbringen will, braucht sie einen perfekten Tag. "Neun von zehn Spielen verlieren wir gegen die Dänen", räumte Weber ein.

Mit Dänemark wartet die wohl beste Handball-Nationalmannschaft der Welt auf Deutschland. Das Team spielt sehr schnell und effektiv und kann sich hinten auf ein herausragendes Torhüter-Duo verlassen. "Die reisen zu einem Turnier, um es zu gewinnen", sagte Deutschlands Kapitän Johannes Golla. "Das ist die denkbar schwerste Aufgabe, die wir im Halbfinale haben."

*Quelle für die Mitgliederzahlen des DHB ist eine Erhebung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Der Text wurde am 23. und am 25. Januar aktualisiert.

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