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Deutsche High-Potentials zieht es in die Schweiz

Christine Harjes12. März 2004

Deutschland braucht hochqualifizierte Fachkräfte. Doch die eigenen gehen lieber weg: Immer mehr wandern in die Schweiz aus. Was macht den Alpenstaat so attraktiv?

Hohe Lebensqualität: Viele Deutsche suchen ihr Glück in der SchweizBild: Bilderbox

Die Zuwanderer sind hoch qualifiziert: Circa 50 Prozent der deutschen "Gastarbeiter" verfügen über einen Hochschulabschluss. Die Dominanz der Deutschen in den oberen Ausbildungsschichten sei eklatant, sagt Franz Jaeger, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität St. Gallen. Eine Bedrohung für die Akademiker aus den eigenen Reihen? Im Gegenteil: "Wir sind froh, dass sich die Deutschen hier so wohl fühlen und bleiben. Wir haben kein Deutschen-Problem", sagt Jaeger. Die Schweiz habe zwar selbst ein hervorragendes Ausbildungssystem, aber zu wenig Leute. Hinzu käme, dass viele qualifizierte schweizer Arbeitskräfte in den angelsächsischen Raum abwandern würden. Das schafft Platz für deutsche Bewerber.

Freiheit statt "Rundumschutz"

Die Deutschen füllen die Lücken gern. Die Schweiz ist aus mehreren Gründen interessant für sie: In der Regel können sie in der Schweiz mehr Geld verdienen als in Deutschland, weil Steuerabgaben und Lohnnebenkosten niedriger sind. Und viele Deutsche empfinden den Alltag in der Schweiz als flexibler und unbürokratischer, hat Franz Jaeger beobachtet: "Man kann schneller die Stelle wechseln und der Kündigungsschutz ist lockerer. Vielen ist das lieber. Sie wollen mehr Freiheit und nicht den 'Rundumschutz', den es in Deutschland gibt." Außerdem würden die schöne Landschaft und die gute Atmosphäre in der Schweiz eine große Rolle für die deutschen Zuwanderer spielen.

Qualität statt Nationalität

In Krankenhäusern und an Universitäten ist der Anteil an Deutschen besonders hoch. So sind am Kantonsspital Basel rund ein Drittel der Ärzte Deutsche; an der Universität Zürich stellen die Deutschen 30 Prozent der Professoren. Sowohl für Krankenhäuser als auch für Universitäten gilt: Qualität und nicht Nationalität entscheidet. "Der beste Bewerber wird genommen", sagt Andreas Bitterlin, Pressesprecher am Kantonsspital Bern. "Besonders in einzelnen Fachbereichen wie zum Beispiel der Herzchirurgie sind wir froh über die Deutschen. Ohne sie wäre die Qualität in der medizinischen Versorgung niedriger." Am Kantonsspital Basel kommen die drei Assistenzärzte in der Herzchirurgie denn auch alle aus Deutschland. "Jüngere Ärzte haben hier mehr Möglichkeiten und ein größeres Betätigungsfeld - die Tätigkeit ist nicht so eingeschränkt wie in Deutschland", sagt Bitterlin.

Akademiker-Assimilation

Auch an den Universitäten können sich die Wissenschaftler über gute Arbeitsbedingungen freuen. Sie loben flache Hierarchien und unbürokratische Abläufe wenn es um Forschungsprojekte oder auch einfach nur den Arbeitsalltag geht. Um die Qualität der Lehre zu garantieren, werden Professorenstellen immer international ausgeschrieben. "Wir können so auf einen viel größeren Markt zugreifen und die besten Kräfte akquirieren", sagt Kurt Reimann, Generalsekretär der Universität Zürich. An der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich sind sogar sowohl der Präsident als auch der Vize-Präsident Deutsche. Die Integration der Deutschen laufe prima, sagt Franz Jaeger. Auch wenn das Dialekt-Sprechen den meisten schwer falle - nach einem Jahr würden die Deutschen das Schweizer-Deutsch in der Regel verstehen. Er habe sogar einige Kollegen, bei denen er gar nicht wisse, ob sie aus der Schweiz oder aus Deutschland kommen, erzählt Jaeger: "Da fragt man 'Was wählst du?' und dann antworten die 'Ich darf doch gar nicht wählen." Auch ohne Wahlrecht: die Schweiz bleibt besonders für die deutschen "High Potentials" eine attraktive Alternative zu Deutschland.

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