1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

IS-Rückkehrerin am Flughafen festgenommen

20. Dezember 2020

Deutschland hat drei Frauen und mehrere Kinder aus Gefangenen-Camps in Syrien zurückgeholt. Eine der Frauen wurde wegen Terrorverdachts umgehend festgenommen.

Syrien Camp al-Hol | Gefangenenlager für IS-Anhänger
Frauen und Kinder im nordsyrischen Lager Al-Hol (Archivbild)Bild: Delil SOULEIMAN/AFP

Der Generalbundesanwalt wirft der jungen Deutschen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor, wie die Behörde mitteilte. Leonora M. wurde am Flughafen in Frankfurt am Main von Beamten des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt festgenommen. Die 21-Jährige ist eine von drei Frauen, die die Bundesregierung an diesem Wochenende aus Nordsyrien zurück nach Deutschland geholt hat. An Bord der Maschine waren neben den Frauen und ihren zwölf Kindern auch noch mehrere Waisen. Sie alle saßen zuvor in Lagern in den von kurdischen Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten Syriens ein, in denen Anhänger der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) inhaftiert sind.

Drittfrau eines IS-Mitglieds als Sklavenhalterin

Die Festgenommene soll im März 2015 als damals 15-Jährige nach Syrien gereist sein, sich dort der IS-Terrormiliz angeschlossen haben. Sie wurde laut Bundesanwaltschaft dort Drittfrau eines IS-Geheimdienstmitarbeiters und bekam mit ihm zwei Kinder. Gemeinsam mit ihrem Mann soll sie zeitweise eine jesidische Frau als Sklavin gehalten und diese weiterverkauft haben. Zusammen mit Ehemann und Kindern flüchtete sie den Angaben zufolge im Sommer 2017 aus der nordsyrischen Stadt Al-Rakka. Anfang Januar 2019 sei sie zusammen mit den Kindern in einem Flüchtlingslager aufgenommen worden, in dem sie bis zu ihrer Ausreise in Gefangenschaft gelebt habe.

Zivil-Fahrzeuge der Polizei verlassen das Gelände des Bundesgerichtshofs mit der IS-RückehrerinBild: Rene Priebe/TNN/dpa/picture alliance

Die aus Sachsen-Anhalt stammende Leonora M. wurde noch am Sonntag einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der den Haftbefehl in Vollzug setzte. Der gegen sie verhängte Haftbefehl stammt den Angaben zufolge aus dem Mai dieses Jahres. Nach einem Bericht des Magazins "Spiegel" laufen auch gegen die beiden anderen Frauen in Deutschland Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts. Dabei handelt es sich laut "Bild"-Zeitung um die 24-jährige Merve A. aus Hamburg sowie um Yasmin A. aus Bonn.

Außenminister Maas spricht von "humanitärem" Kraftakt

Das Auswärtige Amt bestätigte die am Samstag bekanntgewordene Rückholaktion von drei Frauen und zwölf Kindern aus Camps in Nordostsyrien nach Deutschland, machte dabei aber keine Angaben zu einer mutmaßlichen IS-Vergangenheit der Frauen. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte: "Ich bin sehr erleichtert, dass wir gestern weitere zwölf Kinder und drei dazugehörige Mütter aus Lagern in Nordostsyrien zurückholen konnten." Diese frohe Nachricht kurz vor Weihnachten stimme ihn zuversichtlich, dass auch in weiteren Fällen eine Rückkehr ermöglicht werden könne. "Die gestrige Rückholaktion war ein Kraftakt, dem Monate intensiver Vorbereitungen und Abstimmungen vorausgingen", betonte Maas. Es handele sich "um humanitäre Fälle", einige der Kinder seien erkrankt. Der Außenminister dankte den "Ansprechpartnern" vor Ort.

Trostlos - das Leben im Lager Al-HolBild: picture-alliance/AP Photo/B. Ahmad

Eine Zusammenarbeit mit den kurdischen Behörden erwähnte Maas nicht. Die Bundesregierung arbeitet in der Regel offiziell nicht mit den kurdischen Regionalbehörden zusammen, um die Türkei nicht zu verärgern. Die Operation erfolgte laut Auswärtigem Amt gemeinsam mit Finnland, das sechs Kinder und zwei Frauen zurückgeholt habe.

Auf Anfrage der Deutschen Presseagentur hieß es aus dem Außenministerium, dass man "mit Hochdruck" daran arbeite, "die Ausreise vor allem deutscher Kinder aus Nordost-Syrien zu ermöglichen". Zu diesem Zweck stehe das Auswärtige Amt "auch mit kurdischen Gruppen in Kontakt". 

Lange hatte sich die Bundesregierung schwer getan mit der Rückführung deutscher IS-Unterstützer nach Deutschland, nicht nur aus Sicherheitsgründen. Trotz vielfacher Warnungen von Experten, der Aufenthalt in kurdischen Camps könne Frauen erneut radikalisieren und Kinder traumatisieren, verwies das Auswärtige Amt immer wieder auf die fehlende konsularische Vertretung in Nordsyrien.

qu/kle (afp, dpa, ap)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen