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Franziskus könnte überraschen

Bernd Riegert (Rom)14. März 2013

Erster Arbeitstag des Papstes: Beten zur Madonna, Gottesdienst mit Kardinälen und ein verschobener Besuch bei seinem Vorgänger. Deutsche Kardinäle sehen Zeichen für Wandel und Herausforderungen für die eigene Kirche.

Kardinäle auf dem Balkon des Petersdoms (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Jetzt gibt es also zwei. Zwei Päpste, einen emeritierten und einen aktiv regierenden. Und die beiden, Benedikt XVI. und der frisch gewählte Franziskus, werden sich sogar treffen. Das hat es in der langen Geschichte der katholischen Kirche so noch nicht gegeben. Franziskus hat, noch bevor er sich von rund 100.000 Menschen auf dem Petersplatz bejubeln ließ, mit Joseph Ratzinger in Castel Gandolfo telefoniert. Das bestätige der Sprecher des Vatikans, Federico Lombardi. Joseph Ratzinger, der am 28. Februar als erster Papst seit 700 Jahren abgedankt hatte, lebt zurzeit in Castel Gandolfo, dem Sommersitz der Päpste in der Nähe von Rom.

Einen zunächst geplanten ersten Besuch bei Benedikt XVI. strich Franziskus wieder aus dem Programm seines ersten Arbeitstages. Die beiden würden sich in den nächsten Tagen treffen, so der Sprecher des Vatikans. Der Chefredakteur des deutschen Programms von Radio Vatikan, Bernd Hagenkord, hatte gegenüber der Deutschen Welle gemutmaßt, dass sich die Päpste irgendwann auf einen Kaffee treffen oder gemeinsam spazieren gehen. Einige Vaticanisti, also professionelle Kirchenberichterstatter italienischer Medien, zeigten sich über die Absprachen der beiden Päpste verwundert.

Bergoglio (r.) mit Papst Benedikt im Jahr 2007Bild: Reuters

"Pontifikat Benedikts fortsetzen"

Der enge Kontakt, den der argentinische Papst zum deutschen Papst Emeritus halten will, überrascht den deutschen Kardinal Reinhard Marx nicht. "Wir wollen doch, dass das Pontifikat Benedikts irgendwie fortgesetzt wird, sagte der Erzbischof von München und Freising nach dem Konklave in Rom. "Benedikt XVI. ist ein Papst, den uns der Herr genauso geschenkt hat, und der in Franziskus jetzt einen Nachfolger findet. Der ist vielleicht anders im Auftreten und in der Art der Verwaltung und des Regierens, aber er wird die Theologie weiterführen", so Reinhard Marx. Der Besuch bei seinem Vorgänger sei deshalb ein schönes Zeichen. Der Kardinal wies aber daraufhin, dass Franziskus zu allererst die Madonna in der Kirche "Santa Maria Maggiore" besucht hat.

Erster Ausflug zur Madonna

Bereits um acht Uhr morgens war Papst Franziskus mit kleinem Gefolge durch einen Seiteneingang in die Kirche in der Innenstadt geschlüpft, um dort zu beten. Eine Geste an die Römer, für die diese Kirche besonders wichtig ist. Schließlich ist Franziskus auch Bischof von Rom. Der Papst fuhr in einem großen schwarzen Volkswagen, aber nicht in einer Luxuskarosse. Der Leiter seines päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, folgte in einem blauen Kleinwagen. Gänswein ist auch der engste Vertraute von Benedikt XVI. und stellt im Moment eine Art Bindeglied zwischen beiden Päpsten dar. Dass der neue Papst in schlichten Gewändern und bescheidenen Fahrzeugen auftritt, als Bruder unter Brüdern, wie er selber sagt, werten führende deutsche Geistliche als wichtiges  Zeichen. Der frisch gewählte Papst eifere dem heiligen Franziskus von Assisi nach. Dieser habe Armut gepredigt und das Evangelium als konkrete Handlungsanweisung für sein Leben verstanden, sagte der Berliner Kardinal Reinhard Woelki. "Ich denke, dass der jetzige Franziskus auf dem Stuhl Petri ähnliches versuchen wird, und dass das uns, aber auch die Kirche hier in Rom, schon vor einige Herausforderungen stellen wird", so Woelki, der zum ersten Mal am Konklave teilgenommen hatte.

Papst Franziskus an seinem ersten Arbeitstag in Santa Maria MaggioreBild: Reuters

Neue Akzente durch einen Mann von außen

Der neue Papst habe eine ungeheure Aufgabe vor sich, sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx in Rom. Man könne sicherlich noch mit Überraschungen rechnen. Vor der Wahl sei ganz offen über Probleme, Missstände und Krisen auch im Vatikan, in der Kirchenverwaltung, gesprochen worden, so Marx.

"Es kommt ein Mann von außen. Er ist kein Mann der Kurie. Es kommt ein Diözesanbischof mit der Erfahrung eines Jesuiten-Provinzials, also durchaus mit einer Verwaltungserfahrung, ein Mann, der Entscheidungen hat treffen müssen, auch unangenehme, wie wir aus seiner Geschichte wissen. Und deswegen ist das schon ein Zeichen. Wir erwarten, dass hier neue Akzente gesetzt werden. Das kann man schon so interpretieren." Theologisch gesehen gilt der Jesuit aus Buenos Aires als eher konservativ. In seiner Heimat wurde er wegen der strikten Ablehnung von Abtreibung und Homo-Ehe auch kritisiert. Der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, rechnet auch mit Überraschungen durch diesen und sagte gegenüber Radio Vatikan, er freue sich, aber: "Ich hatte mir einen anderen vorgestellt."

Die deutschen Kardinäle Marx (l.) und Woelki nach der Wahl in RomBild: DW/B.Riegert

Neue Fragen für europäische Kirche

Papst Franziskus hatte auf dem Petersplatz bei seiner Vorstellung gescherzt, die Kardinäle hätten am Ende der Welt nach einem Kandidaten suchen müssen. Der erste Papst, der aus Südamerika kommt, werde die Koordinaten in der weltweit agierenden katholischen Kirche sicher verschieben. Das glaubt der Berliner Kardinal Reinhard Woelki: "Ich denke, dass wir uns auch hier in Europa mit neuen Fragen noch einmal auseinandersetzen müssen. Fragen nach einer sozialen Gerechtigkeit, Fragen nach Armut, Drogenhandel, Menschenhandel. Ich könnte mir denken, dass diese Dinge jetzt viel mehr in den Blick der Universalkirche gerückt werden, als das bisher der Fall gewesen ist."

Kein Weg zurück

Auf dem Rückweg von seinem Ausflug zur Kirche Santa Maria Maggiore ließ der neue Papst noch kurz in der Altstadt anhalten. "Ich muss noch ein paar Sachen holen", soll Jorge Mario Bergoglio gesagt haben. In der Altstadt Roms, in der Nähe des Pantheons, hatte er vor dem Einzug ins Konklave gewohnt. Kardinal Reinhard Marx erinnerte vor Reportern mit ein wenig Mitleid daran, dass der Papst ja nicht mehr in seine Heimat Argentinien und in seine Wohnung dort zurückkehren kann. "Man kommt als Diözesanbischof von Buenos Aires hierhin und kommt nicht wieder weg. Es gibt keinen Weg zurück. Das ist schon schwer. Wir fahren wieder nach Hause und lassen ihn hier mit den riesigen Aufgaben, auch mit einem riesigen Apparat", so der Münchner Erzbischof. Der Vorgänger, Benedikt XVI., hatte es bei seinem Abgang so ausgedrückt: "Der Papst hat kein privates Leben mehr. Er gehört ganz der Kirche." In den nächsten Tagen wird der Papst erneut die Kardinäle empfangen, viele Personalentscheidungen und eine Pressekonferenz geben.

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