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PolitikAsien

Deutsche Marine zeigt Flagge in Japan und Korea

Martin Fritz aus Tokio
24. August 2024

Mit der siebenmonatigen Mission von zwei Schiffen unterstreicht Deutschland, dass seine Sicherheitsansprüche bis in den Indopazifik reichen. Bis zuletzt soll offenbleiben, ob der Verband die Taiwanstraße durchfährt.

Indopazifischer Einsatz 2024
Besatzung der Fregatte "Baden-Württemberg" mit der deutschen Botschafterin in Japan Petra Sigmund (m.)Bild: Bundeswehr/Leon Rodewald

Am Sonntagmorgen Ortszeit laufen die Fregatte "Baden-Württemberg" und ihr Versorgungsschiff "Frankfurt am Main" nach einem fünftägigen Zwischenstopp in Japan vom Tokioter Kreuzfahrtterminal in Richtung Südkorea aus. Damit beginnen nach der Teilnahme am weltgrößten Seemanöver RIMPAC rund um die Hawaii-Inseln im Juli die wichtigsten Abschnitte von ihrem offiziellen "Indo-Pazifik-Einsatz".

Zunächst beteiligen sich die beiden Schiffe der Bundesmarine mit Japan, den USA, Frankreich und Italien an Militärübungen und helfen dabei, die Einhaltung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Nordkorea zu überwachen. Anschließend stellt sich heraus, ob bei der Weiterfahrt von Incheon in Südkorea nach Manila in den Philippinen die Taiwanstraße durchfahren wird, eine der am dichtesten befahrenen Wasserstraßen weltweit. Die Bundesregierung will das heiß diskutierte Vorhaben nicht vorab kommunizieren.

Keine Vorankündigung der Durchfahrt

"Es gibt keine völkerrechtliche Verpflichtung, dass Fahrten von Schiffen in internationalen Gewässern vorher irgendwie angekündigt oder notifiziert werden müssen", sagte Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bei seinem dreitägigen Arbeitsbesuch in Tokio der DW. "Die Bundesregierung wird auch keinen Präzedenzfall schaffen, indem wir vorher ankündigen, ob wir durchfahren oder nicht. Welche Route die beiden Schiffe nehmen, werden wir früh genug mitbekommen." Ein unbekannter Faktor ist das Wetter, das eine Passage durch die 180 Kilometer lange Meerenge möglicherweise verhindern könnte.

Staatsminister Tobias LindnerBild: Thomas Imo/photothek.net

Die USA, Kanada und andere Länder hatten in den vergangenen Wochen eigene Kriegsschiffe durch die Taiwanstraße geschickt. Doch die letzte Passage eines deutschen Marineschiffes liegt schon rund 22 Jahre zurück. Damals beharrte China weit weniger aggressiv auf seinem Anspruch auf Taiwan als der heutige Präsident Xi Jinping. Peking betrachtet Taiwan als eine abtrünnige Provinz. Während der vergangenen vier Jahre hat China seine militärischen Aktivitäten nahe Taiwan stark erhöht.

Deutsches Kriegsschiff am Hafen in TokioBild: Bundeswehr/Julia Kelm

Deutsche Chinapolitik als Spagat

Mit den Indo-Pazifik-Leitlinien vom September 2020 und der China-Strategie vom Juli 2023 versucht die deutsche Regierung einen politischen Spagat: Einerseits akzeptiert Deutschland das Ein-China-Prinzip und unterhält nur mit Peking diplomatische Beziehungen. Andererseits lehnt Berlin die gewaltsame Aneignung Taiwans durch China ab, weitet seine militärische Präsenz in der Region aus und beharrt darauf, dass in der regelbasierten Weltordnung internationale Seewege frei befahrbar sein müssen.

China wolle die Kontrolle über wichtige Seerouten gewinnen, sagte Vizeadmiral Christian Kaack, Chef der Deutschen Marine, der Zeitung Japan Times. "Davor können wir nicht unsere Augen verschließen, sonst würde impliziert, dass wir den neuen Status quo akzeptieren." Die lebenswichtigen Arterien zwischen den Häfen für Handel und Militär gingen jeden an, betonte Kaack. "No shipping, no shopping" ("Keine Schifffahrt, kein Einkauf"), so die Formel des Marinechefs.

China drückte seinen Unwillen über die geplante Passage schon im Vorfeld klar aus. "China hat sich immer dagegen gewehrt, unter dem Deckmantel der 'Freiheit der Schifffahrt' Chinas territoriale Souveränität und Sicherheit zu untergraben", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. "Die Taiwan-Frage ist Chinas innere Angelegenheit. Der Schlüssel zur Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße liegt im entschiedenen Widerstand gegen die 'Unabhängigkeit Taiwans'", führte der Sprecher weiter aus.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (r.) mit Flottenadmiral Axel Schulz Anfang August in HawaiiBild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Der deutsche Flottenadmiral Axel Schulz, der als "Commander Task Group" den Zweierverband führt, sagte der Agentur Reuters, die Durchfahrt der Straße von Taiwan sei genauso "normal" wie die Durchfahrt des Ärmelkanals. "Ich erwarte, dass die chinesische Marine und möglicherweise die Küstenwache oder Seemilizen uns eskortieren werden", erklärte Schulz. Diese Überwachung sei jedoch eine gängige Praxis.

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"Regional verwurzelt, global engagiert"

Die Fregatte der F-125-Klasse "Baden-Württemberg" ist das modernste Kriegsschiff der Bundesmarine. Sie ist als "Marathonläufer" bekannt, der auf Seeraumüberwachung spezialisiert ist. Unter dem Motto "Regional verwurzelt, global engagiert" will die deutsche Marine erneut Präsenz im indopazifischen Raum zeigen. Laut Admiral Schulz handelt es sich um das "wichtigste Vorhaben der Marine in diesem Jahr".

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Anders als bei der sechsmonatigen Indo-Pazifik-Mission der deutschen Fregatte "Bayern" 2021 blieben diesmal kritische Stimmen in Deutschland weitgehend aus. Davon zeigte sich Staatsminister Lindner wenig überrascht.

"Zum einen hat sich die sicherheitspolitische Lage fundamental geändert, nicht nur durch den russischen Einmarsch in der Ukraine, sondern auch dadurch, dass in Deutschland verstanden worden ist, dass unser Wohlstand und damit auch unsere Sicherheit sehr wohl von der Sicherheit hier im Indopazifik abhängt", so Lindner. "Es geht um Lieferketten, beispielsweise bei Halbleitern. Und es geht darum, dass die internationale, regelbasierte Ordnung universelle Gültigkeit hat."

F-15-Kampfflugzeuge der japanischen Luftwaffe (Archiv) Bild: The Yomiuri Shimbun/AP/picture alliance

Die siebenmonatige Reise der deutschen Marineschiffe begann Anfang Mai im Heimathafen Wilhelmshaven und führte sie durch den Panamakanal nach Hawaii zum Großmanöver RIMPAC. Der Hafenstopp in Tokio sollte die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich mit Japan vertiefen. Ende Juli hatten bereits drei Eurofighter der deutschen und vier F-15-Jets der japanischen Luftwaffe gemeinsam das Manöver "Nippon Skies" ("Luftraum über Japan") über der Nordinsel Hokkaido abgehalten. Ein Abkommen über die gegenseitige Bereitstellung von Sach- und Dienstleistungen zwischen deutschen und japanischen Streitkräften trat im Juli in Kraft. Nach den Stationen in Südkorea und den Philippinen werden die zwei Schiffe noch Singapur und Indien anlaufen und schließlich nach Deutschland zurückkehren.