1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Maschinenbau: Der Druck kommt aus China

Danhong Zhang | Andreas Becker
2. April 2019

Der Maschinenbau ist eine der wichtigsten Säulen der deutschen Wirtschaft. Doch China holt gewaltig auf. Kann es Deutschland bald überholen? Zhang Danhong und Andreas Becker haben sich auf der Hannover Messe umgehört.

Hannover Messe - Stand des Unternehmens Kaeser Kompressoren
Bild: DW/A. Becker

Die goldenen Zeiten für deutsche Maschinenbauer in China hat Stefan Bachmeier noch selbst erlebt. Seit 17 Jahren arbeitet er für Kaeser Kompressoren, einen Mittelständler aus Coburg in Oberfranken, der mit weltweit 5000 Mitarbeitern zu den führenden Spezialisten für Druckluft gehört.

"Ich kenne noch Zeiten, da schnalzte man mit den Hosenträgern und sagte einfach: Das ist eine deutsche Maschine. Dafür hat der Kunde bezahlt, über den Preis brauchte man nicht groß zu diskutieren. Aber diese Zeiten sind vorbei", sagt Bachmeier, der von Singapur aus das Asiengeschäft von Kaeser führt.

Selbstbewusste Chinesen

Natürlich werde "Made in Germany" noch geschätzt, doch es tauge nicht mehr als Hauptargument für den Verkauf. "Die Chinesen sind inzwischen sehr selbstbewusst, man könnte auch sagen nationalistisch", so Bachmeier zur DW. "Und sie ziehen ihre Strategie des "Made in China" knallhart durch."

Auch die Qualität der chinesischen Wettbewerber habe sich in den Jahren verbessert. Ihre Maschinen seien zwar weniger effizient und robust, aber nicht schlecht. "Mittlerweile decken sie den Markt ganz gut ab", sagt Bachmeier.

Dann deutet er über den weitläufigen, doppelstöckigen Messestand seiner Firma (Artikelbild), die in diesem Jahr ihren hundertsten Geburtstag feiert. "Früher war unser Stand voller Chinesen, die etwas kaufen wollten. Heute sagen sie: Wenn Du mir was verkaufen willst, dann komm nach China."

Cen Guojian, Gründer von Ningbo Leader, auf seinem Stand auf der Hannover MesseBild: DW/D. Zhang

Bei der Infrastruktur bereits abgehängt

Cen Guojian hat in Hannover die umgekehrte Erfahrung gemacht. "Noch vor einigen Jahren saßen die Chinesen hier in einer Ecke und wurden von den Deutschen kaum beachtet", erzählt der Gründer von Zhongda Leader, einem Hersteller von Getriebemotoren aus Ningbo in der Provinz Zhejiang, südlich von Shanghai. "Heute kommt man in Hannover nicht mehr an den Chinesen vorbei."

Zhongda Leader ist eine von 1500 chinesischen Firmen auf der Messe. Gestartet 2006 mit fünf Mitarbeitern, ist das Unternehmen inzwischen an der Börse notiert und beschäftigt 1400 Menschen. Gründer Cen glaubt, dass China noch einen langen Weg vor sich hat, um an die Weltspitze zu kommen. "Aber bei der Infrastruktur haben wir Deutschland bereits abgehängt", sagt er. "In Deutschland habe ich nicht einmal überall Internet. Das ist in China unvorstellbar."

Früher Staunen, heute Spott

Auch Fang Weizhong hat festgestellt, dass sich die Kräfteverhältnisse verschieben. "Wenn die Chinesen vor zehn Jahren die Produktionshallen von deutschen Unternehmen wie Siemens besuchten, dann kamen sie aus dem Staunen nicht raus", erzählt der Geschäftsführer von Easitech, das in Hannover Motoren für Elektroautos zeigt. "Jetzt sehen viele deutsche Fabriken alt aus im Vergleich mit chinesischen."

Für Elektroautos ist China der weltgrößte Markt. Rund 1,3 Millionen E-Autos wurden hier im vergangenen Jahr verkauft, in Deutschland waren es nur knapp 70.000. Entsprechend verkauft Easitech den Löwenanteil seiner Motoren in China. "Unsere Produktion ist hoch automatisiert", sagt Geschäftsführer Fang.

"Da zeigt sich die Schwäche": Produktionsanlage von Easitech auf der Hannover MesseBild: DW/D. Zhang

Schaut man allerdings genau hin, erkennt man auch Roboter der Schweizer Firma ABB. "Da zeigt sich die Schwäche Chinas", sagt Fang. "Noch brauchen wir die Hardware der Industrienationen, um Top-Produkte herzustellen." Auch beim Management und bei der Ausbildung von Fachkräften habe China noch viel Nachholbedarf. "Gut ausgebildete Facharbeiter genießen in China noch nicht die Wertschätzung wie in Deutschland", sagt Fang. "Aber in zehn Jahren wird das anders aussehen."

Wettbewerb wird härter

Selbst in der Robotik wird der Abstand kleiner. Vor allem bei kleinen Leichtbau-Robotern, die als sogenannte Cobots Hand in Hand mit menschlichen Kollegen arbeiten, habe sich in den vergangenen Jahren viel getan, sagt Gerald Vogt, der das Robotergeschäft des Schweizer Maschinenbauers Stäubli leitet. "Da gibt es in China bereits 40-50 Anbieter, viele davon sind Startups", so Vogt. "Der chinesische Staat fördert das stark. Und heute stammt ein Drittel der Roboter, die in China verkauft werden, von chinesischen Herstellern."

"Innovativ bleiben": Gerald Vogt vom Roboterbauer StäubliBild: DW/A. Becker

Europäischen Unternehmen bleibe im härter werdenden Wettbewerb mit China nur eine Chance. "Wichtig ist, dass wir innovativ bleiben und unsere Produkte noch schneller entwickeln", so Vogt zur DW. "Die Chinesen sind vielleicht noch nicht so weit, was die Performance der Roboter angeht. Aber sie bringen Dinge schnell auf den Markt. Das mögen am Anfang oft Kopien sein, aber auch die entwickeln sich weiter."

Auch Stefan Bachmeier glaubt, dass der Vorsprung nur durch ständige Verbesserung gewahrt werden kann. Deshalb sei die"Industrie 4.0" eine große Chance, auch wenn die komplette Digitalisierung der Produktion auch für Traditionsunternehmen wie Kaeser Kompressoren mit Stress verbunden ist. "Würden wir heute nur einfache Maschinen bauen, dann wären wir in einer Sackgasse - selbst wenn die Maschinen immer besser würden", sagt Bachmeier. "Aber Industrie 4.0 ist Hardware und Software - und damit können wir an der Spitze bleiben."

Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen