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Film

Oscar-Hoffnung: "Watu Wote" von Katja Benrath

24. Januar 2018

Für ihren Film "Watu Wote" könnte Katja Benrath den Oscar für den besten Kurzfilm erhalten. Auf authentische Weise erzählt sie darin die wahre Geschichte von einem islamistischen Anschlag auf einen Reisebus in Kenia.

Katja Benrath holt Gold bei den Studenten-Oscars
Bild: picture-alliance/dpa/M. Petit/AMPAS/Oscars.org

Am 21. Dezember 2015 tuckert ein voll besetzter Reisebus durch den Norden Kenias. Es ist ein unsicheres Gebiet an der Grenze zu Somalia. Islamistische Terroristen finden dort Unterschlupf und machen mit Terroranschlägen auf sich aufmerksam. So auch an jenem Tag kurz vor Weihnachten. Es ist eine wahre Geschichte, die Katja Benrath in ihrem Film "Watu Wote" erzählt, der nun für den Oscar nominiert ist.

Islamistischer Terror in Ostafrika

Muslime und Christen sitzen friedlich nebeneinander, Männer wie Frauen, manche mit Kopftuch, andere ohne. Sie lassen sich in die verblichenen Sitzpolster sinken, beäugen sich kritisch oder schauen aus dem Fenster und lassen die trostlose Wüstenlandschaft vorüberziehen. Plötzlich, wie aus dem Nichts, fallen Schüsse. Mit Sturmgewehren greifen islamistische Al-Shabaab-Kämpfer den Bus an. Bereit zu töten, zwingen sie die Reisenden sich in Gruppen aufzuteilen. "Raus aus dem Bus! Muslime und Christen getrennt", schreit der Anführer. Die Menschen treten aus dem Bus, aber sie weigern sich, Gruppen zu bilden. Auch nachdem einige Insassen erschossen wurden, hält die Schicksalsgemeinschaft zusammen und gibt den Terroristen nicht das, was sie wollen.

Benrath zieht den Zuschauer mitten ins GeschehenBild: picture-alliance/dpa/Hamburg Media School

"Watu Wote" ist Suaheli - die Sprache der Protagonisten - und heißt soviel wie "Wir alle". Der Film erzählt von Todesangst und Zusammenhalt, von islamistischer Bedrohung und dem sehr persönlichen, lebensgefährlichen Kampf dagegen. Der Kameramann Felix Striegel bleibt nah dran am Geschehen und liefert Bilder, die dem Zuschauer das Gefühl vermitteln, unmittelbar dabei zu sein. Die Bedrohung überträgt sich.

Authentizität steht an erster Stelle

Was den Film auszeichnet, ist seine Glaubwürdigkeit und seine authentische Bildsprache. "Authentisch", ist auch eine Selbstbeschreibung Katja Benraths. Ihr kommt es darauf an, die Zuschauer mit ihren Filmen zu berühren. Während ihrer Recherchereise nach Kenia haben Benrath und ihr Team mit den Zeugen des Anschlags, mit kenianischen Journalisten und Künstlern gesprochen. Erst danach entstand das Drehbuch. Sie wolle Geschichte auf unterschiedliche Arten und Weisen erzählen, schreibt Benrath auf ihrer Website. Ihre Methode, um an gute Geschichten zu kommen: "Zuhören. Verstehen. Lernen. Erfinden."

Von Hamburg nach Hollywood: Die Regisseurin Katja Benrath ist für den Oscar nominiertBild: picture-alliance/dpa/C. Gateau

Katja Benrath ist in Lübeck aufgewachsen, spielte als Jugendliche Theater, entwarf Kostüme und Bühnenbilder. Es folgte eine Schneiderlehre am Theater in Wuppertal. Doch sie wollte rauf auf die Bühne. Also zog sie nach Wien und studierte dort Schauspiel und Gesang. Doch auch das erfüllte sie nicht ganz. Sie wollte nicht nur erfüllen, was andere ihr sagten, sondern selbst Regie führen, ihre Ideen verwirklichen und ihre Stoffe auf die Leinwand bringen. So führte sie ihr Weg wieder nach Norddeutschland, in die Nähe ihrer alten Heimat, an die Hamburg Media School.

And the Oscar goes to…

Gemeinsam mit ihren Kommilitonen Felix Striegel (Kamera), Julia Drache (Drehbuch) und Tobias Rosen (Creative Producer) und einem kenianischen Filmteam produzierte sie 2016 "Watu Wote". Es ist der sechste Kurzfilm, bei dem Katja Benrath Regie führte und zugleich ihre Abschlussarbeit. Gedreht wurde elf Tage lang in Kenia. Dass dabei vieles schiefgelaufen ist, sieht man dem Film nicht an. Generatoren sind ausgefallen, eine Kamera wurde gestohlen, der Hauptdarsteller kam in den Knast.

Die christlichen und muslimischen Businsassen wehren sich gegen den islamistischen TerrorBild: picture-alliance/dpa/Hamburg Media School

Letztlich muss aber auch ziemlich viel hervorragend gelaufen sein. Auf internationalen Filmfestivals hat "Watu Wote" schon mehr als 30 Preise gewonnen. Der wohl wichtigste war im vergangenen Herbst der sogenannte Studentenoscar, mit dem die Akademie den filmischen Nachwuchs ehrt. Jetzt hat es der 30-Minüter in der Sparte "Bester Kurzfilm" in die Endrunde der Oscars geschafft. Am 4. März werden in Hollywood die goldenen Statuetten verliehen. Dann wird sich herausstellen, ob die 38-jährige Regisseurin aus Deutschland mit ihrem Abschlussfilm den wichtigsten Filmpreis der Welt entgegennehmen darf.

Mehr zu den diesjährigen Oscarnominierungen in der neuen Ausgabe von KINO. Darin werden auch zwei neue deutsche Thriller im Kino vorgestellt sowie ein Bericht zur Verfilmung des Kinderbuchklassikers "Die kleine Hexe".

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