Die schwedische Klima-Aktivistin wurde bei einer Demonstration nahe Lützerath kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Sie hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach an Protesten gegen den Braunkohle-Tagebau beteiligt.
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Bei neuen Protesten in der Nähe der geräumten westdeutschen Ortschaft Lützerath hat die Polizei die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Journalisten beobachteten, wie drei Polizisten die 20-Jährige wegtrugen und nach gut 50 Metern absetzten, um eine Personenkontrolle durchzuführen. Die Polizei bestätigte, dass Thunberg Teil einer Gruppe war, die sich auf die Abbruchkante des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler II zubewegt hatte. Nach der Maßnahme wurden Thunberg und andere Aktivisten wieder freigelassen.
Aktionen im Tagebau, an der Werksbahn und in Düsseldorf
Nach der Demonstration gelangte nach Angaben des Energiekonzerns RWE eine Person in den Braunkohle-Tagebau. Ein Sprecher bezeichnete die Aktion als "grob leichtsinnig". Im nahegelegenen Braunkohletagebau Inden wurde ein Schaufelradbagger besetzt und so zum vorübergehenden Stopp gezwungen. Die Polizei Aachen sprach von 20 bis 30 Aktivisten, RWE von 30 bis 40. Am Ende kletterten laut Polizei alle Aktivisten freiwillig von der Maschine herab.
In der Nähe von Rommerskirchen besetzten nach Polizei- und RWE-Angaben zudem rund 120 Aktivisten die Gleise der Werksbahn, mit der Braunkohle zum Kraftwerk Neurath transportiert wird. Das Bündnis "Ende Gelände" schrieb auf Twitter: "Hier fährt heute kein Kohlezug. Wir stellen uns der Zerstörung mit unseren Körpern in den Weg." Laut Polizisten wurden diejenigen, die nicht freiwillig aufstanden, weggetragen. Am Innenministerium in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf klebten sich Aktivisten der Gruppe "Extinction Rebellion" fest. Rund 150 Demonstrierende zogen vom Landtag zum Wirtschaftsministerium des Bundeslandes, in dem auch Lützerath liegt.
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Demos nach der Räumung Lützeraths
Die neuerlichen Aktionen stehen im Zusammenhang mit den Protesten rund um das leerstehende Örtchen Lützerath, das Klima-Aktivisten besetzt und zu einem Symbol im Kampf gegen die Klimakrise erklärt hatten. Die Polizei hatte die Räumung des Ortes am Sonntag für beendet erklärt. Der Energiekonzern RWE ist laut einem Kompromiss mit Landes- und Bundesregierung dazu berechtigt, die Braunkohle unter der Ortschaft abzubaggern; fünf weitere Dörfer auf dem ursprünglichen Tagebau-Gelände sollen im Zuge des auf 2030 vorgezogenen Abbaustopps stehen bleiben dürfen. In den mittel- und ostdeutschen Braunkohlerevieren soll der Ausstieg nach aktuell gültigen Beschlüssen erst bis 2038 vollzogen werden.
Lützerath: Bilder einer Räumung
Die angekündigte Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Weilers Lützerath ist in vollem Gange. Bei stürmischem Regenwetter stehen allen Beteiligten noch mühsame Tage bevor.
Bild: Michael Probst/AP Photo
Polizei besetzt das Gelände
Seit Mittwochmorgen läuft die Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleortes Lützerath. Die Polizeimannschaften überwanden überraschend schnell die von den Aktivisten um das nicht mehr bewohnte Dorf errichteten Barrikaden und halten seitdem das Gelände besetzt.
Bild: Oliver Berg/dpa/picture alliance
Angeseilt
Doch die eigentlichen Herausforderungen liegen noch vor der Polizei - unter anderem die Räumung der sieben Gebäude auf dem Gelände. Um diese zu erschweren, haben die Aktivisten unter anderem Seilkonstruktionen errichtet, an denen sie bei schlechtem Wetter stoisch ausharren.
Bild: Michael Probst/AP Photo/picture alliance
Bagger rücken vor
Die Polizei setzt schweres Gerät ein, um die aus Schrott und Bäumen errichteten Barrikaden zu entfernen. Die verbliebenen Aktivisten stellen sich weiterhin dagegen und zeigen dabei teilweise hohen Einsatz. Dass sich einige von ihnen auch in Tunneln verschanzt haben sollen, erschwert inzwischen die Räumung mit schweren Maschinen.
Bild: Ina Fassbender/AFP
Nervenprobe
Die Hartnäckigkeit der Aktivisten erschwert die Räumungsaktion an allen Orten: Bereits in der Nacht zu Mittwoch waren Beamte mehrere Stunden damit beschäftigt, eine Aktivistin aus einem Autowrack zu befreien, das als Hindernis aufgebaut worden war. Die Frau hatte sich in dem Wrack verschanzt und ihre Füße in den Weg zementiert.
Bild: Thomas Banneyer/dpa/picture alliance
Pianist im Regen
Dieser Aktivist begleitete das Vorrücken der Polizei mit Klaviermusik, bis auch er und sein Musikinstrument von den Einsatzkräften abtransportiert wurden. Gemessen an den vorher mitunter geäußerten Erwartungen blieb es meist relativ friedlich, nur vereinzelt kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Laut Polizei gibt es bislang mehrere Leichtverletzte auf beiden Seiten.
Bild: Oliver Berg/dpa/picture alliance
Schweres Gerät
Der Einsatz war durch die Polizei wochenlang geplant und vorbereitet worden. Das bislang zügige Vorrankommen der Einsatzkräfte ist dabei nicht zuletzt auch entsprechender Ausrüstung zu verdanken. Mit ihrer Hilfe gelang es am Donnerstagmorgen auf den Haupthof vorzudringen.
Bild: REUTERS
Polizei besetzt Gebäude
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte im Vorfeld eine
"ruhige, überlegte Räumung" versprochen. Nach dem Haupthof nehmen sich die Beamten...
Bild: REUTERS
Letzte Bastion
...nun die zahlreichen von den Aktivisten errichteten Hütten und Baumhäuser vor. Das stürmische Wetter macht dabei sowohl den Aktivisten als auch den Beamten zu schaffen.
Bild: Michael Probst/AP Photo/picture alliance
Abtransport auf Knüppeln
Die für die Polizei greifbaren Personen werden nach und nach aus dem Ort gebracht. In den von der Polizei als "gesichert" erklärten Bereichen des Geländes wurden bereits erste Abrissarbeiten angekündigt. Die Holzhütten sind bereits zerstört worden. Dabei habe einem RWE-Sprecher zufolge die "Sicherheit für alle Beteiligten oberste Priorität."
Bild: Michael Probst/AP Photo/picture alliance
Dorf am Abgrund
Lützerath liegt mittlerweile fast direkt an der Abbruchkante zum Tagebau Garzweiler. Der Beschluss, die Kohlevorkommen unter dem Weiler zu erschließen, ist das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien in Bund und NRW und dem Energiekonzern RWE. Für diesen muss Lützerath weichen - im Gegenzug für einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg des Landes.
Bild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance
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Wissenschaftlich ist nicht eindeutig geklärt, ob Deutschland die Braunkohle noch benötigt und ob die daraus resultierenden CO2-Emissionen überhaupt mit den völkerrechtlich bindenden Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind. Jedoch waren infolge der drohenden Gasmangellage aufgrund ausbleibender russischer Lieferungen aus Russland kurzfristig die stark klimaschädliche Kohleverstromung wieder hochgefahren worden. Die Kohlekraftwerke trugen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland im vergangenen Jahre seine eigenen Klimaziele verfehlte.