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Politik

"Ungute Erinnerungen an ungute Zeiten"

7. August 2017

Der türkische Staatschef Erdogan verlangt eine Einheitskluft für terrorverdächtige Angeklagte, so wie in Guantanamo. Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilt dies in ungewöhnlich scharfer Form.

Türkei | Erdogan feiert Jahrestag des Putschversuches
Bild: picture-alliance/AA/B. E. Gurun

"Um sie der ganzen Welt bekannt zu machen": Der türkische Staatspräsident (Artikelfoto) will terrorverdächtigte Untersuchungshäftlinge durch eine besondere Kleidung im Gerichtsaal an den Pranger stellen. In die internationale Kritik an dieser neuen Variante des autoritären Machtgebahrens Recep Tayyip Erdogans hat nun die deutsche Bundesregierung eingestimmt, mit ungewöhnlich heftiger Rhetorik.  

Erinnerung an KZ-Häftlingskleidung

Das Auswärtige Amt zeigte keinerlei Verständnis für die angedrohten Repressionen in türkischen Prozessen. "Jedenfalls ist es schon ungewöhnlich, dass da jemand unser Land der Nazi-Methoden bezichtigt und dann Dinge tut, die jedenfalls für mich als einen Deutschen ungute Erinnerungen an ungute Zeiten in Deutschland wecken", sagte Ministeriumssprecher Martin Schäfer in Berlin.

Wie in Guantanamo? 

Erdogan hatte am Wochenende bei einer Kundgebung noch einmal Gerichtsuniformen für alle des Terrorismus angeklagten Gefangenen angekündigt. Mutmaßliche Putschisten sollen künftig in braunen Overalls vor Gericht erscheinen, alle anderen Terrorverdächtigen sollen braune Hosen und Jacketts tragen. Bereits im Juli hatte Erdogan erstmals eine solche Einheitsbekleidung ähnlich derer der Insassen im US-Gefangenenlager in Guantanamo gefordert.

Auslöser war damals ein putschverdächtiger Untersuchungshäftling, der in einem T-Shirt mit der englischen Aufschrift "Hero" (deutsch: "Held") vor den Richter trat. Seine Anhörung war unterbrochen worden. Auf den türkischen Straßen waren in den Tagen darauf immer wieder junge Menschen abgeführt worden, die das gleiche T-Shirt trugen.    

Türkische Staatsmacht fühlt sich immer wieder provoziert durch das "Hero"-T-Shirt. Bild: Picture-alliance/Zumapress/Depo Photos

Was wird aus den Deutschen?

Außenamtssprecher Schäfer beklagte zudem die Verhaftungswelle in der Türkei und die Willkür der dortigen Behörden. So habe man auch wenig Hoffnung auf eine baldige Freilassung der inhaftierten Deutschen. Es handelt sich um den Journalisten Deniz Yücel, die Übersetzein Mesale Tolu Corlu und den Menschenrechtler Peter Steudtner.

Schäfer berichtete, die Haftbedingungen Steudtners hätten sich mit der Verlegung ins Gefängnis in Silivri in der vergangenen Woche deutlich verschlechtert. Noch immer sei nicht klar, was dem Aktivisten konkret überhaupt vorgeworfen werde. "Das alles ist schrecklich und wächst sich tatsächlich aus auch zu einem humanitären Drama", sagte er.

SC/pab (dpa, afp)

 

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