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PolitikEuropa

Deutsche See-Aufklärer machen Jagd auf russische U-Boote

24. Oktober 2025

Deutschland und Großbritannien wollen russische U-Boote im Nordatlantik gemeinsam orten und notfalls auch bekämpfen. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat eine Seeaufklärer-Staffel in Schottland besucht.

Großbritannien Lossiemouth 2025 eine P8 Poseidon bei der Wartung in einem Hangar
Deutsche Besatzungen üben bereits auf den neuen Aufklärungsflugzeugen: "Poseidon" im Hangar von LossiemouthBild: Bernd Riegert/DW

Von Lossiemouth im Norden Schottlands startete Boris Pistorius zu einem Erkundungsflug über dem Nordatlantik. An Bord einer Boeing 737 der Royal Air Force konnte der deutsche Verteidigungsminister sehen, wie russische U-Boote und verdächtige Schiffe mit Hilfe hochempfindlicher Radar- und Sonargeräte aufgespürt werden können. "Wir sind ziemlich tief runter, so auf 300 Meter, und konnten die Schiffe auf den hohen Wellen schaukeln sehen", berichtete Pistorius der DW nach einem zweistündigen Flug mit einem deutschen Piloten im Cockpit.

Der Seefernaufklärer "Poseidon" oder "P-8", so die militärischen Fachausdrücke für die fensterlose, grau lackierte Boeing 737, soll vor allem russische U-Boote finden, die oft vom russischen Hafen Murmansk in den Nordatlantik aufbrechen. Beim Demonstrationsflug wurde kein U-Boot gesichtet, aber der Minister konnte erleben, wie aus dem Heck der Boeing Sonarbojen abgeworfen werden, die die Motorengeräusche von Schiffen über viele Kilometer hinweg hören können.

Nach dem Demonstrationsflug: der britische Verteidigungsminister John Healey (l.) mit seinem deutschen Kollegen Boris PistoriusBild: Bernd Riegert/DW

Bundesmarine soll russische U-Boote besser jagen können

Die Bundesmarine wird acht dieser modernen fliegenden Aufklärungs- und Überwachungssysteme bekommen. Die britische Royal Air Force, die norwegische Marine und die amerikanische Navy sind damit schon ausgestattet. Gemeinsam wollen diese NATO-Staaten von den Fliegerhorsten Lossiemouth, Keflavik in Island und Nordholz in Deutschland aus den Nordatlantik und die Ostsee überwachen.

"Wir haben heute festgelegt, dass die Royal Air Force und deutsche Marine-Mannschaften in Zukunft zusammen russische Unterseeboote jagen werden. Von Lossiemouth aus werden die europäische Sicherheit und die NATO geschützt", sagte der britische Verteidigungsminister John Healey nach einem Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen.

Überwachen und im Konfliktfall bekämpfen: ein russisches Atom-U-Boot im Hafen von MurmanskBild: Russian Navy Northern Fleet Press Service/TASS/dpa/picture alliance

Nach Angaben von NATO-Offizieren haben die Bewegungen der teilweise atomar angetriebenen und atomar bewaffneten russischen U-Boote in den letzten Jahren stark zugenommen. "Das ist eine strategische Bedrohung", sagt ein Offizier, der anonym bleiben will. Unterseeboote dürfen in Friedenszeiten in internationalen Gewässern tauchen. Da sie keine Transponder an Bord haben, sind ihre Standorte nur schwer festzustellen.

Die NATO hat deshalb ein Netz von Überwachungssystemen geknüpft, deren Rückgrat die fliegenden Aufklärer sind. Es geht vor allem darum, festzustellen, wie nah die Russen an die Küsten von NATO-Staaten heranrücken, und auch nationale Gewässer durchfahren. In Kriegszeiten sind die P-8-Flugzeuge auch zur Bekämpfung der U-Boote einsetzbar. Sie können Torpedos britischer Bauart abfeuern.

Russland verfügt über ähnliche, aber veraltete Systeme, um U-Boote der NATO-Staaten aufzuspüren, die im Nordatlantik oder der Ostsee unterwegs sind. Das sei wie in vielen militärischen Bereichen ein ewiges "Katz-und-Maus-Spiel" mit ständigen neuen Rüstungsanstrengungen, so ein Offizier.

Mehr Aufgaben für Europäer in der NATO

In Island sind die U-Boot-Jäger der USA stationiert. Noch. Die übrigen Nordatlantik-Anrainer fürchten, dass die Vereinigten Staaten ihre Einheiten in Zukunft ausdünnen könnten. Europäische NATO-Staaten sollen übernehmen.

"Die NATO muss europäischer werden, um transatlantisch zu bleiben", lautet Pistorius' Botschaft in Lossiemouth. "Das ist unsere Botschaft an Donald Trump und Wladimir Putin gleichermaßen, aber mit verschiedenen Stoßrichtungen." Dem US-Präsidenten soll signalisiert werden, dass die Europäer mehr Verantwortung übernehmen. Dem russischen Präsidenten, dass die NATO seine Schiffe stets finden kann.

Ursprünglich wurde die Boeing 737 als zivile Verkehrsmaschine konzipiert - als Marine-Flieger ist sie mit viel Elektronik und speziellen Luken für Bojen und Torpedos ausgestattetBild: Bernd Riegert/DW

Nach seinem Probeflug wies der deutsche Verteidigungsminister darauf hin, dass es nicht nur um russische U-Boote gehe. Frachter, Tanker, Fischkutter, die sich Unterseekabeln, Pipelines oder Windenergieparks auf See nähern, könnten ebenfalls erkannt werden.

"Es geht auch um kritische Infrastruktur, um das Aufspüren verdächtiger Schiffe. Das konnte ich heute sehr eindrucksvoll an Bord sehen, wie hoch die Auflösung und die Qualität da ist," so Pistorius. "Insofern ist das nicht nur ein nice-to-have, sondern das bedeutet mehr Sicherheit für unser eigenes Land und das Bündnisgebiet."

Mehr Anstrengungen für Ukraine und eigene Verteidigung

Die beiden Verteidigungsminister kündigten an, dass Deutschland und Großbritannien ihre Zusammenarbeit bei der Luftwaffe in der Drohnen-Technologie sowie bei der Ausrüstung der Landstreitkräfte ausbauen werden. Gemeinsam wird im Rahmen einer NATO-Initiative eine Präzisions-Rakete mit langer Reichweite entwickelt, die in der Lage sein soll, russische Raketen- und Luftangriffe frühzeitig abzuwehren.

Was tun, wenn Russland in der Ostsee die NATO testet?

17:40

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Das Vereinigte Königreich und Deutschland wollen weiterhin die Ukraine unterstützen, deren Soldaten trainieren und Waffen liefern, wie der britische Minister Healey deutlich machte. Beide Länder teilen sich im Moment den Vorsitz in einer "Koalition der Willigen". "Wir haben Zusagen im Wert von 50 Milliarden Pfund (57 Mrd. Euro), aber es muss mehr werden", sagte Healey in Lossiemouth.

Pistorius begrüßte neue Sanktionen gegen Russland durch die Europäische Union und die USA. Die Ankündigung von Donald Trump sieht der deutsche Minister allerdings skeptisch. Die habe es in der Vergangenheit auch schon gegeben, aber dann sei nichts passiert.

"Wir haben keine Angst. Es ist dringend nötig, unsere Anstrengungen zu vergrößern, zusammen zu stehen und klar zu machen, dass wir fähig und willens sind, uns zu verteidigen", sagte Pistorius. Die Anschaffung der Poseidon-Flugzeuge für die Marine sei dabei nur ein kleiner Ausschnitt. Der Etat des Verteidigungsministeriums soll bis 2029 auf 150 Milliarden Euro anwachsen und sich damit mehr als verdoppeln.

Bernd Riegert Korrespondent im Hauptstadtstudio Berlin mit Blick auf Menschen und Politik in Deutschland
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