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Deutsche Soldaten nach Libyen?

7. Juli 2020

Ist es eine gute Idee, wenn deutsche Soldaten sich an einer möglichen Blauhelmtruppe in Libyen beteiligen? CDU-Außenexperte Röttgen ist dafür, aber er erntet viel Widerspruch.

Libyen-Ägypten-Waffenruhe
Libysche Regierungssoldaten südöstlich von TripolisBild: Getty Images/AFP/M. Turkia

Norbert Röttgen von der CDU, früherer Umweltminister und heute Außenexperte seiner Fraktion, findet generell, dass es sich die deutsche Politik bei Brandherden in vielen Teilen der Welt oft zu leicht macht. Und dass sie bei der Frage nach einer möglichen militärischen Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen allzu gern auf andere verweist, zumeist auf die USA, Großbritannien oder Frankreich.

Der neueste Vorschlag von Röttgen lautet: Ein Einsatz von Blauhelm-Soldaten unter der Fahne der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union könnte den Bürgerkrieg in Libyen eindämmen, und die Bundeswehr sollte bereit stehen, sich an einem solchen Einsatz zu beteiligen. Das sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages in einem Interview mit der "Neuen Berliner Redaktionsgemeinschaft". Solch eine Blauhelmtruppe, so Röttgen weiter, könne eine Pufferzone zwischen den von der Regierung des Landes beherrschten Gebieten im Westen Libyens und den Truppen von General Chalifa Haftar im Osten bilden. Röttgen: "Die letzten Monate haben gezeigt: Diplomatie ohne eine militärische Friedenskomponente wird den Kampf in Libyen nicht beenden."

Libyen-Konferenz ohne viel Erfolg

Das ist eindeutig eine Spitze gegen den deutschen Außenminister Heiko Maas von der SPD, der stets die Rolle der Diplomatie bei der Eindämmung der Kämpfe in Libyen betont. Im Januar diesen Jahres hatte die Bundesregierung eine Libyen-Konferenz in Berlin organsiert, die viel Medienaufmerksamkeit erfuhr. Neben Abgesandten der Konfliktparteien nahmen daran US-Außenminister Mike Pompeo, Russlands Präsident Wladimir Putin und auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan teil.

Norbert Röttgen kandidiert für den CDU-VorsitzBild: picture-alliance/dpa/F. Sommer

Am Ende verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Teilnehmer hätten sich zur Einhaltung eines UN-Waffenembargos und zu einem Ende der militärischen Unterstützung für die Konfliktparteien verpflichtet. Aber die Kämpfe sind seitdem nicht weniger geworden. Hauptproblem bleibt, dass die Kämpfer der verschiedenen Parteien in dem unübersichtlichen Konflikt von diversen Ländern Waffenlieferungen erhalten. Nichts hat sich geändert in Libyen.

Nouripour: "Nicht einmal die Europäer sind sich einig"

Deshalb findet auch der Außenexperte der Bundesfraktion der Grünen, Omid Nouripour, dass es eine gute Idee sei, in Sachen Libyen wieder die Initiative zu ergreifen. Aber er beklagt, dass selbst die Europäer unterschiedliche Kriegsparteien unterstützten. Nouripour sagte der DW am Dienstag: "Wenn die Europäer sich weiterhin nicht einig sind, auf welcher Seite sie stehen wollen, wenn etwa die Italiener auf der Seite der von der UN-anerkannten Regierung im Westen der Landes stehen, während Frankreich zusammen mit Ägypten dagegen Allianzen schmiedet, dann stellt sich die Frage, auf welcher Seite sollen denn eigentlich europäische Soldaten stehen? Sollen die etwa gegeneinander stehen?" Nouripour fürchte, die politische Einigung innerhalb der Europäischen Union sei mitnichten so weit, als dass man über solche Fragen diskutieren könne.

Auch die Konfliktparteien müssten zustimmen

Ähnlich äußerte sich auch die SPD, der Koalitionspartner von Röttgens CDU in der Bundesregierung. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Bundestag, Rolf Mützenich, sagte der DW am Dienstag: "Sehr schnell ist aus dem innenpolitischen Machtkampf in Libyen ein regionaler Stellvertreterkrieg geworden, der mittlerweile sogar von ausländischen Kombattanten, einschließlich türkischer und russischer Kräfte geführt wird." Gegenwärtig sei ein durch die UN vermitteltes und belastbares Friedensabkommen unwahrscheinlich, so Mützenich. "Wir sollten daher alles daran setzen, die Vermittlungsbemühungen des deutschen Außenministers zu unterstützen und Waffenlieferungen zu unterbinden."

Generell fällt Röttgens Vorschlag in eine Zeit, in der sich Auslandseinsätze der Bundeswehr wohl noch schwieriger durchsetzen ließen als zuvor. Die Sozialdemokraten sind unter ihren neuen Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nach links gerückt, auch Fraktionschef Mützenich gilt als Skeptiker von militärischen Einsätzen der Bundeswehr im Ausland. Und für die FDP sagte der Vorsitzende Christian Lindner im Gespräch mit der DW: "Die Stabilisierung von Libyen müsste eine Aufgabe der Europäischen Union sein. Deswegen müsste man im europäischen Kontext darüber beraten. Nur jetzt über die Bundeswehr zu sprechen in diesem Zusammenhang, überschätzt unsere politischen Möglichkeiten und die Befähigung unserer Streitkräfte."

Große Skepsis in Deutschland bei Auslandseinsätzen

Ob Röttgens Vorstoß auch damit zusammenhängt, dass er sich um den Vorsitz der CDU bewirbt, aber zuletzt nur wenig Schlagzeilen gemacht hat? Dem CDU-Außenexperten werden ohnehin nur geringe Chancen auf dem Parteitag im Dezember eingeräumt. Jetzt sagte er zu seinem Libyen-Plan: "Nach dem diplomatischen Engagement Deutschlands in diesem Konflikt wäre es nicht vermittelbar, nur Vorschläge zu machen und uns bei der Umsetzung rauszuziehen." Das aber gilt für viele Konfliktherde weltweit. 13 Auslandseinsätze bestreitet die Bundeswehr derzeit. Von Afghanistan bis zur Westsahara sind dafür fast 3.500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Und stets treffen solche Missionen auf eine große Skepsis in der Bevölkerung, wie alle Meinungsumfragen zeigen.

Dennoch ist allen Beteiligten klar: Ohne Intervention von außen wird sich in Libyen wohl kaum etwas ändern. Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 versinkt Libyen immer mehr im Chaos. Unzählige Milizen kämpfen um Macht und Einfluss in dem nordafrikanischen Land. Ein Frieden ist in weiter Ferne.

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