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Deutsche Studenten und der arabische Frühling

21. Juni 2011

Die Umbrüche im Nahen Osten beschäftigen nicht nur Politiker und Journalisten. Auch Studenten befassen sich damit. An der Freien Universität Berlin organisierten sie einen Studientag zur Lage in der arabischen Welt.

Studierende schauen sich an einer Wand hängende Grafiken an (Foto: DW)
Arabische Revolution auf der TagesordnungBild: DW

Im Hörsaal des Otto-Suhr-Instituts in Berlin herrscht aufgeregte Unruhe. Heute ist "Studientag zu den Umbrüchen in der Arabischen Welt." In mehreren Arbeitsgruppen präsentieren die Politikstudenten die Ergebnisse ihrer Beschäftigung mit den Umwälzungen in Nordafrika und dem Nahen Osten, die wochenlang die Weltöffentlichkeit in Atem gehalten haben.

Studenten betrachten die Plakate der Libyen-ArbeitsgruppeBild: DW

"Das sind ja nicht die entfernten Proteste entfernter Menschen, sondern Kollegen und Kolleginnen, Freunde und Freundinnen, Leute mit denen wir auch in Kontakt sind", erklärt die Politikwissenschaftlerin und Ägyptenexpertin Cilja Harders. Deswegen habe sie ihre zwei Seminare kurzerhand umstrukturiert und die arabische Revolution auf die Tagesordnung gesetzt. Die Studenten nahmen die Anregung mit Begeisterung an.

Von Libyen bis Syrien

In acht Arbeitsgruppen beschäftigten sich die rund 60 Studierenden mit der Lage in Nordafrika, in Syrien, dem Irak, Jemen und Bahrain. Sie untersuchten die Politik der internationalen Akteure, wie UNO, Nato und EU und analysierten die Berichterstattung in den westlichen Medien. "Es ist uns aufgefallen, dass die Frauen in der Berichterstattung über Libyen praktisch nicht vorkommen", sagt die Studentin Julana. Wenn doch vereinzelt über Frauen berichtet werde, dann sei das sehr klischeehaft und mit einem westlichen und verzerrenden Blick. Gemeinsam mit ihren Kommilitoninnen Alexa, Franziska und Antonia hat sie sich mit den Entwicklungen in Libyen befasst. Im Hörsaal des Otto-Suhr-Instituts haben die jungen Frauen Plakate aufgehängt mit Fotos, Landkarten und Grafiken aus dem Berichtsgebiet. Später wird die Historikerin Nora Lafi einen Vortrag über Libyen und Tunesien halten.

Ein Augenzeugenbericht aus Bahrain

Maryam al-Khawaja spricht zu Studenten in BerlinBild: DW

Der Seminarraum der Bahrain-Arbeitsgruppe ist bis auf den letzten Platz besetzt, als die Menschenrechtsaktivistin Maryam al-Khawaja eintrifft. "Ich möchte euch über die Lage in meiner Heimat Bahrain berichten", sagt die junge Frau. Mit klarer und fester Stimme spricht sie über die Folterungen in den Gefängnissen, denen auch ihr Vater, der international bekannte Menschenrechtler Abdulhadi al-Khawaja zum Opfer gefallen ist. "Wir wollen Freiheit und Demokratie", sagt Maryam und erzählt, dass am Tag zuvor auch ihre Schwester bei einer Protestaktion in der bahrainischen Hauptstadt Manama festgenommen wurde. "Inzwischen ist sie aber wieder frei", fügt sie erleichtert hinzu. Die Studenten hören gespannt zu, sichtlich berührt von den sehr persönlichen Schilderungen ihrer Altersgenossin aus dem winzigen Inselstaat zwischen Saudi-Arabien und Qatar.

Den Auftritt der Aktivistin aus Bahrain hat Tessa organisiert, eine temperamentvolle Politikstudentin im letzten Semester. Bis vor kurzem wusste sie nicht viel über Bahrain und über den Nahen Osten. "Gerade deshalb habe ich mich zu einem Hauptseminar über den Nahen Osten bei Cilja Harders angemeldet", erzählt sie. Da die Recherche über das ferne Bahrain schwierig war, habe sie sich bei verschiedenen Facebook-Gruppen eingetragen, die sich mit dem Land beschäftigen. "In kurzer Zeit habe ich so eine Fülle von Informationen bekommen". Das Internet, Facebook, Twitter und Youtube, das waren für die Berliner Politik-Studenten wichtige Informationsquellen, ohne die sie sich der arabischen Revolution nicht hätten annähern können. Auch ohne Sprach-Kenntnisse konnten sie so Quellen erschließen und Kontakte knüpfen.

Die Politikwissenschaftlerin Cilja Harders (m) strukturierte ihre Seminare kurzerhand umBild: DW

Vom Tahrir-Platz in den Hörsaal

Am späten Nachmittag geht der Studientag über den Nahen Osten am Otto-Suhr-Institut zu Ende. Cilja Harders ist zufrieden. Die Studierenden hätten gelernt, sich gemeinsam ein Thema zu erarbeiten, sagt sie und fügt hinzu: "Ich glaube, durch diese gemeinsame Erfahrung ist auch etwas Neues entstanden und das war mir wichtig, weil das ja auch die Erfahrung vom Tahrirplatz ist." Sie hoffe, dass die Studenten sich durch diese Erfahrung motiviert fühlten, "weiter zu machen, vielleicht anders zu studieren, vielleicht sich politisch zu engagieren." Vor allem aber hofft die Professorin, dass ihre Studenten der arabischen Welt verbunden bleiben.

Autorin: Bettina Marx
Redaktuer: Heiner Kiesel

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