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Deutsche Technologie für Nordafrika

Heiner Kiesel20. Mai 2013

In den kommenden Jahren werden die Länder des Maghreb massiv in den weiteren Ausbau der Infrastruktur investieren. Der Markt verspricht große Chancen für die deutsche Wirtschaft. Doch die tut sich schwer.

Globus, auf dem Europa und Nordafrika zu sehen sind (Foto: Fotolia.com)
Symbolbild Libyen Algerien Ägypten Maghreb NordafrikaBild: Fotolia/Elenathewise

Was für ein schöner Markt: 75 Millionen Einwohner, verteilt auf drei Staaten mit einem Wirtschaftswachstum zwischen drei und fünf Prozent und das nur ein paar wenige Flugstunden von Deutschland entfernt. Deutsche Unternehmer blicken mit Interesse auf die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko. Die Länder scheinen geradezu auf die Deutschen zu warten. Gleich drei Botschafter sind zu einer Informationsveranstaltung für kleine und mittlere Unternehmen in den Sitz der staatlichen deutschen Förderbank KfW in Berlin gekommen, um für ihre Region zu trommeln. Gut 30 Firmenvertreter wollen wissen, ob jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einsteigen ist.

Natürlich, sofort, meinen die Diplomaten. "Die Chancen für Investitionen und Zusammenarbeit waren nie so zahlreich und gut wie heute", umwirbt der algerische Botschafter Madjid Bouguerra die deutschen Geschäftsleute. Das derzeit laufende dritte Wachstumsprogramm in Algerien umfasse umgerechnet 220 Milliarden Euro. Davon sollen Schnellstraßen, Bahnlinien, Stromleitungen und Wohnungen gebaut werden. 23 Milliarden davon fließen in den Ausbau erneuerbarer Energien. "Da brauchen wir besonders Partner aus Deutschland", lockt der Diplomat. Alternative Energien, Wohn- und Verkehrsinfrastruktur - zusammen mit Wasserwirtschaft und Abfallentsorgung sind das auch in Tunesien und Marokko Sektoren, die mit öffentlichen Mitteln stark gefördert werden.

Chancen in schwierigem Umfeld

"Es gibt viele Chancen, direkt vor der Haustür, die sollten wir ergreifen", urteilt Wolfgang Reuß, bei der KfW-Bank für Nordafrika zuständig. Er verweist auf zahlreiche Fördertöpfe in Deutschland und auf EU-Ebene, um besonders kleinen und mittleren Unternehmen die Hemmungen zu nehmen, in die nordwestafrikanischen Märkte einzusteigen. Die derzeit bestehende Zurückhaltung hat Gründe, weiß auch Reuß. Im Doing-Business-Ranking der Weltbank steht Algerien auf Platz 152, Marokko auf Platz 97 und Tunesien noch relativ gut an 50. Stelle. Zum Vergleich: Deutschland nimmt in dieser Liste, die wichtige Faktoren für den Geschäftsbetrieb, wie bürokratische Hürden und Kreditvergabepraktiken in 185 Staaten berücksichtigt, den 19 Platz ein. "Wir bemühen uns, das Geschäftsklima zu verbessern, die Korruption zu bekämpfen und die Auftragsvergabe transparenter zu gestalten," verspricht der tunesische Botschafter Elyes Ghariani. Die Vertreter Algeriens und Marokkos sparen das Thema der Bestechlichkeit lieber aus.

Wolfgang Reuß, Nordafrika-Experte der KfWBild: DW/H. Kiesel

"Es ist vielleicht für viele Deutsche nicht so einfach dort Handel zu treiben, weil in Nordafrika eine ganz andere Geschäftskultur herrscht", meint Anja Schmidt vom Sonnenkollektorenhersteller KBB Solar. "Korruption ist so ein böses Wort. Man bringt immer Gastgeschenke mit und das hat auch was mit gefühlter Wertschätzung zu tun", sagt die deutsche Geschäftsfrau über ihre Erfahrungen. "Wie bei größeren Projekten die Zuschläge für die Aufträge erarbeitet werden, ist ziemlich nebulös." Das Unternehmen arbeitet in Tunesien - aber nicht allein. Schmidt rät dringend dazu, sich vorab breit zu informieren und möglichst immer mit einem lokalen Partner zu arbeiten, "der einen an die Hand nimmt und in die Gepflogenheiten einführt." Die ersten Schritte kann ein Unternehmen aber auch an der Hand des Bundeswirtschaftsministeriums machen. Dort wurde ein Programm zur Markterschließung mit Kontaktbörsen, Informationsveranstaltungen und -reisen aufgelegt. Die aktuelle Veranstaltung in Berlin gehört ebenfalls dazu.

Anja Schmidt von KBB SolarBild: DW/H. Kiesel

Chinesen auf dem Vormarsch

Viele mittelständische Unternehmen scheuen den Schritt in die französisch- und arabischsprachige Region aus sprachlichen Gründen. Weniger Probleme damit haben die Mittelmeer-Anrainer Frankreich, Italien und Spanien, die derzeit die stärksten Handelspartner der benachbarten Maghrebstaaten sind. "Das ist für uns noch ein bisschen fremd", meint Thorsten Herwig vom Sanitärausrüster Franz Kaldewei. Doch das ändere sich durch Globalisierung und Internet. "Da sollte man jetzt schrittweise einsteigen, denn ein Land wie Marokko könnte in zehn Jahren das neue Dubai sein, ein Umschlagplatz für ganz Afrika." Bisher ist es aber nicht das europäische Wirtschaftsschwergewicht Deutschland, das in Nordafrika an Boden gewinnt, sondern die Volksrepublik China. Sie ist inzwischen der viertgrößte Lieferant der Region. China macht die besseren Preise, sorgt aber auch für Irritationen. "Wir hoffen, dass die Deutschen mit ihren guten Produkten und ihrer Zuverlässigkeit bei uns einsteigen wollen", sagt der tunesische Diplomat Ghariani, "denn die Chinesen sind uns in ihrer Art einfach zu aggressiv."

Thorsten Herwig von der Kaldewei GmbHBild: DW/H. Kiesel
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