Deutsche Telekom zwischen 5G, Huawei und US-Hoffnungen
21. Februar 2019Krawatte ist wieder in. Jedenfalls bei Tim Höttges, dem Vorstandschef der Deutschen Telekom (Artikelbild). Wie andere Top-Manager hatte Höttges, der seit fünf Jahren die Geschicke des europäischen Telekom-Marktführers in der Hand hat, zuletzt darauf verzichtet, nun ist das Accessoire bei ihm jedenfalls wieder angesagt. Von seiner Lockerheit hat der drahtige Manager aber nichts eingebüßt, es scheint ihm Freude zu bereiten, das Zahlenwerk des vergangenen Jahres vor den Journalisten zu erläutern. Zahlen sind ja sein Ding, schließlich war er, bevor er zum Vorstandschef berufen wurde, fünf Jahre lang Finanzchef des Konzerns.
Also Zahlen bitte: Im abgelaufenen Geschäftsjahr übertraf der Konzern die meisten seiner gesteckten Ziele. Der Gewinn vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte organisch um über sieben Prozent auf 23,8 Milliarden Euro zu, die Erlöse stiegen vor allem dank eines florierenden US-Geschäfts der Tochter T-Mobile US um 3,1 Prozent auf über 75 Milliarden Euro. Organisch bedeutet: bei gleichen Wechselkursen und gleicher Konzernstruktur oder wie es Höttges formulierte: "Damit sie Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen vergleichen können." Man könnte aber auch sagen: Organisch sieht einfach besser aus, denn berücksichtigt man die Wechselkurse etc. mit, läge das Umsatzwachstum statt bei 3,1 nur bei 0,9 Prozent und das Ebitda bei fünf statt bei den organischen sieben Prozent.
Kampf um US-Fusion
Unterm Strich aber, beim Konzernüberschuss, sieht es nicht ganz so gut aus: Hier stehen am Ende nur 4,5 Milliarden Euro in der Bilanz, das ist ein Viertel weniger als im Jahr davor. Der Grund sitzt im Weißen Haus: Die Steuerreform des US-Präsidenten Donald Trump hatte auch der Deutschen Telekom 2017 ordentlich Geld in die Kassen gespült, das fehlt nun. "Wir würden es begrüßen, wenn es sowas jedes Jahr gäbe", so Höttges in Richtung Washington.
Der Telekom-Chef ist gerade zurückgekehrt aus den Vereinigten Staaten, er war aber nicht wegen einer Steuerreform da, sondern weil er werben muss für die geplante Fusion der US-Tochter T-Mobile US mit den US-Anbieter Sprint- ein 26-Milliarden-Dollar-Deal, der die Telekom in den USA zur Nummer Drei im Markt machen würde. Nur sind da eine Menge Hürden zu überwinden, zuletzt hatten einflussreiche US-Senatoren ihre Bedenken geäußert, dass dies zu einem Jobabbau führen würde und womöglich auch Technik der chinesischen Netzwerkausrüster Huawei und ZTE zum Einsatz käme. Auch der Regierungsstillstand ("Shutdown") im Januar habe die Verhandlungen ausgebremst.
Jetzt konnte Höttges berichten, dass für die geplante Fusion das Okay der Sicherheitsbehörde CIFIUS (Committee on Foreign Investment in the United States) vorliegt und weitere Genehmigungen von Behörden aus US-Bundesstaaten. Daher rechnet er damit, den Deal im zweiten Quartal erfolgreich über die Bühne bringen zu können.
Netzausbau mit Tücken
Hierzulande beschäftigt den Konzernchef vor allem der Ausbau des Mobilfunknetzes. Da hinein floss ein Großteil der 12 Milliarden Euro, die die Telekom im vergangenen Jahr investiert hat, beim LTE- oder 4G-Netz verweist Höttges auf einen Abdeckung von mittlerweile 98 Prozent. Heute betreibe man bereits 27.000 Mobilfunk-Antennen, in diesem Jahr sollen 2000 weitere dazukommen. Allerdings regt sich vielerorts Widerstand, Höttges berichtete aus Stuttgart, wo gegen die allermeisten der geplanten neuen 70 Antennen Widerspruch von verschiedensten Seiten eingelegt wurde.
Und auch beim Ausbau des zukunftsfähigen 5G-Netzes geht es Höttges nicht schnell genug. Er bemängelt, dass sich Deutschland für den Sonderweg einer Frequenz-Versteigerung und nicht für einen Verkauf entschieden habe. Gegen die Vorgaben für die Versteigerung liegen bereits Eilanträge vor Gericht von den Telekom-Konkurrenten Vodafone und Telefonica vor, heute gab Höttges bekannt, dass sich die Telekom diesen Eilanträgen anschließen werde. Ob dies zu einer Verzögerung der für März geplanten Versteigerung führen werde, vermochte er nicht zu sagen, seinen Informationen zufolge gehe die zuständige Bundesnetzagentur von der Einhaltung des Zeitplanes aus.
Höttges erneuerte seine Bedenken gegen die Vorgaben der Politik, 5G flächendeckend bis in den letzten Winkel auszurollen. Er habe etwas dagegen, 15.000 Euro "für einen Mast im Bayerischen Wald" auszugeben, "an dem einmal am Tag ein Auto vorbeikommt". Wenn dessen Smartphone dann auch noch vom Wettbewerber sei, werde die Sache komplett unwirtschaftlich. Hier sei die Politik gefragt, Lösungen zur Kostenteilung zu finden, womöglich auch mittels staatlicher Förderung.
Und was ist mit Huawei?
Technisch sei man bei der neuen Technologie, die die Basis für das "Internet der Dinge" oder das autonome Fahren sein wird, gut dabei, auch mit dem strategischen Partner SK Telecom aus Südkorea, der dort bereits das neue Netz ausgerollt hat. Von diesen Erfahrungen könne die Telekom profitieren. Aber natürlich stellt sich hierzulande wie anderswo die Frage: Und was ist mit dem umstrittenen chinesischen Ausrüster Huawei? Dürfen dessen Komponenten ins das neue Netz eingebaut werden oder nicht? Die Bundesregierung prüft hier derzeit noch, und Tim Höttges gibt sich diplomatisch: "Am wichtigsten ist die Sicherheit unserer Infrastruktur", das sei schon immer Grundsatz Nummer Eins gewesen und werde es auch bleiben.
Die Telekom setzte mit Eriksson, Nokia, Cisco und eben auch Huawei auf verschiedene Lieferanten und sei nicht von einem Anbieter abhängig. Was immer die Politik in dieser Frage entscheide, werde man mittragen.
Aber zurück zu den Zahlen: Natürlich will die Telekom auch im laufenden Jahr in der Erfolgsspur bleiben. Aber die kommende, womöglich milliardenteure 5G-Versteigerung, der Milliarden-Deal in den USA und auch mögliche Brexit-Turbulenzen, lassen Höttges und seinen Vorstand etwas zurückhaltender beim Ausblick sein: Beim Ebitda wird momentan nur ein Zuwachs von 700 Millionen Euro erwartet. Analysten nannten den Ausblick konservativ, die Aktie gehörte daher mit einem Minus von 1,5 Prozent zu den Schlusslichtern im Deutschen Aktienindex Dax. Für Tim Höttges, den Optimisten, nur eine Momentaufnahme, mehr nicht.