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Politik

DW-Recherche schlägt politische Wellen

27. Februar 2019

Investigative Recherchen haben ergeben: Saudis und Emiratis nutzen im Jemen-Krieg aus Deutschland gelieferte Waffen. Oppositions-Politiker fordern ein Ende der strategischen Partnerschaft mit Saudi-Arabien.

DW Exclusive Deutsche Waffen in Jemen SPERRFRIST 26.02.2019 20 Uhr Oshkosh-Kampffahrzeuge mit Fewas-Waffenstation
Ein Oshkosh mit Fewas-Waffenstation in der Nähe der jemenitischen Hafenstadt Hodeida (vorne im Bild)Bild: EPA-EFE/REX/Shutterstock/N. Almahboobi

Deutsche Waffen spielen im Jemen-Krieg eine weitaus größere Rolle als bislang bekannt. Gemeinsam fanden Journalisten der Deutschen Welle, der Zeitschrift "Stern", des ARD-Magazins "report München", des niederländischen Recherchebüros "Lighthouse Reports" und des Investigativ-Netzwerks "Bellingcat" zahlreiche Belege für den Einsatz deutscher Waffensysteme im Jemen-Krieg - an Land, in der Luft und zur See.

Bei vielen Politikern lösten die Recherchen des Netzwerks #GermanArms einfach nur Empörung aus. "Alle bisherigen Beteuerungen der Bundesregierung, dass deutsche Waffen im Jemen nicht eingesetzt würden, sind nun Makulatur", sagte der außenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, der Deutschen Welle. Die Bundesregierung habe die Kontrolle über das verloren, "was sie da tut", ergänzte er.

Omid Nouripour fordert mehr Distanz zu Saudi-ArabienBild: DW

Lange hatten Vertreter der Bundesregierung versichert, ihnen lägen keine Erkenntnisse zum Einsatz deutscher Rüstungsgüter im Jemen-Krieg vor. "Mir ist davon nichts bekannt", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der Deutschen Welle noch während der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar. Doch für viele Politiker stellt sich nach den Recherchen nun die Frage, ob die bislang zugesagten Kontrollen wirklich ausreichen.

Empfänger müssen sich an Regeln halten!

Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der konservativen Unions-Parteien, sagte im Interview mit der Deutschen Welle: "Jeder Staat, der Waffen von Deutschland bezieht, muss unterschreiben und bestätigen, dass die Waffen in dem Staat bleiben, wohin sie geliefert wurden. Kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht nach, kann das für weitere Lieferungen ernsthafte Konsequenzen haben."

Hardt meint damit offenbar, dann könnten keine weiteren Waffen - zum Beispiel - an Saudi-Arabien geliefert werden.

Derzeit besteht noch bis zum 9. März ein Lieferstopp von Rüstungsgütern an Saudi-Arabien. Grund ist die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Kashoggi. Hardt sagte im DW-Interview: "Aus meiner Sicht sollten wir so weitermachen, wie wir es (Anm. der Redaktion: in der Regierung) verabredet haben, nämlich nicht an die Staaten zu liefern, die aktiv am Bürgerkrieg im Jemen beteiligt sind."

Deutsche Waffen in falschen Händen

Für SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich zeigen die Recherchen, "dass unser Kompass in der Außenpolitik in den vergangenen Jahren versagt hat". Er habe schon seit langer Zeit befürchtet, dass Waffen, die einst aus Deutschland in Spannungsgebiete geliefert worden seien, nun Konflikttreiber geworden seien.

Die Opposition fordert deshalb nun deutliche Konsequenzen. So sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen, Nouripour, der Deutschen Welle: "Die Bundesregierung muss die strategische Partnerschaft mit Saudi-Arabien endgültig beenden." Und auch die Linke klagt an. Der außenpolitische Sprecher der Partei, Stefan Liebich, sagte der DW: "Damit ist noch deutlicher geworden, dass Deutschland Mitverantwortung trägt für das fürchterliche Leid im Krieg im Jemen. Und wenn man das nicht möchte, dann muss man alle Waffenlieferungen an die Kriegsbeteiligten sofort beenden."

Bundesregierung will prüfen, wohin deutsche Waffen gelangten

Regierungssprecherin Ulrike Demmer äußert sich nur zurückhaltendBild: Imago/Jens Jeske

Von der Bundesregierung, so die stellvertretende Regierungssprecherin, Ulrike Demmer, würden die Berichte noch überprüft. Eigene Erkenntnisse über den Verbleib von nach Saudi-Arabien exportierten Waffen habe die Regierung derzeit nicht. Doch die Frage des Endverbleibs von Waffen ist zentral. Diese Angelegenheit werde geprüft, verlautete es lediglich von Seiten der Regierung. Ob die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien nach dem 9. März wieder aufgenommen würden, werde noch diskutiert.

Mehr Flexibilität bei Rüstungsexporten wollen Macron und MerkelBild: Reuters/G. Fuentes


Unterdessen verhandelt Kanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris über Waffenexporte. Sie möchte neue Regelungen für gemeinsam produzierte Rüstungsgüter. Aus Frankreich und London gibt es scharfe Kritik am Stopp deutscher Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, weil auch Gemeinschaftsprojekte betroffen seien. Die SPD ist gegen eine Lockerung der strikten Regeln.

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