1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wirtschaft noch nicht im Rückwärtsgang

28. Oktober 2022

Die deutsche Wirtschaft ist trotz der Energiekrise im dritten Quartal gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent, die Inflation nahm im Oktober aber weiter zu: auf 10,4 Prozent.

Deutschland | Coronavirus | Wirtschaft
Bild: Martin Meissner/AP Photo/picture alliance

Die heimische Wirtschaft ist im dritten Quartal trotz der Energiekrise überraschend gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Juli bis September um 0,3 Prozent zu im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte.

Das kommt überraschend: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 0,2 Prozent gerechnet. Im vergangenen Frühjahr hatte es ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gegeben, im ersten Quartal wegen der Corona-Erholung sogar ein kräftigeres Plus von 0,8 Prozent.

Gleichzeitig aber hat die Inflation wieder zugelegt: Im Oktober lag die Inflationsrate auf einem neuen Rekordhoch von 10,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag ebenfalls aufgrund einer vorläufigen Schätzung mitteilte. Im September hatte die Teuerung bei 10,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gelegen. 

"Wirtschaft hat sich gut gehalten"

"Was für eine positive Überraschung!" Thomas Gitzel von der VP Bank ist von den aktuellen Zahlen zum Wirtschaftswachstum überrascht: "Die deutsche Wirtschaft hielt sich über Wasser. Oder um es anders zu formulieren: Totgesagte leben länger." Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer nennt eionen Grund für die Überraschung: "Das deutsche BIP überraschend noch einmal gewachsen - vor allem wegen des privaten Verbrauchs."

Sein Kollege Alexander Krüger von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe kann diesem Gedankengang aber nicht ganz folgen: "Die deutsche Wirtschaft hat sich trotz der miserablen Stimmung gut gehalten. Dass es der Konsum gewesen sein soll, der das Wachstum getragen hat, ist aber fast nicht zu glauben."

Das Ende der Fahnenstange erreicht

Mt dem Wachstum dürfte es aber Experten zufolge angesichts der Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine vorerst vorbei sein. Nach Prognose des Münchner Ifo-Instituts wird die Wirtschaft im laufenden vierten Quartal um 0,6 Prozent schrumpfen.

"Die anhaltend hohe Inflation und die Unsicherheit über die Energieversorgung und ihre Kosten belasten die deutsche Wirtschaftdeutlich", stellte auch die Bundesbank fest, die Deutschland an der "Schwelle zur Rezession" sieht. "Insgesamt könnte die Wirtschaftsleistung im Winterhalbjahr deutlich sinken."

Rezession steht vor der Tür

Die Wirtschaft sieht sich heftigem Gegenwind ausgesetzt. Die hohe Inflation von zuletzt 10,0 Prozent nagt an der Kaufkraft der Verbraucher, die deshalb mit Konsumausgaben zögern. In der Industrie klagen noch immer etwa zwei Drittel der Betriebe über

Materialmangel bei wichtigen Rohstoffen und Vorprodukten, weshalb sie nicht so viel produzieren können wie eigentlich möglich.

Die Exporteure dürften die schwächere Weltkonjunktur zu spüren bekommen. In der Baubranche sorgen steigende Zinsen und hohe Materialkosten für viele Stornierungen von Projekten.

Viele Experten sehen daher skeptisch in die nahe Zukunft. Fritzi Köhler-Geib, die Chefvolkswirtin der KfW meint: "Für dieses und nächstes Quartal zeigen praktisch alle Indikatoren eine Rezession an. Allein durch die Energiekrise hat die deutsche Volkswirtschaft schon schwer zu schaffen."

"Trotz des überraschend kräftigen Ergebnisses für das dritte Quartal", so Ulrich Kater von der Deka-Bank, "wird eine Rezession in Deutschland für das Winterhalbjahr nicht aufzuhalten sein. Es wird eine Rezession mit Ansage und daher eine untypische Rezession sein." Aber, fügt er hinzu: " Wie schon zu Coronazeiten wird sie zeitlich begrenzt bleiben. Die Unternehmen sind auch dank staatlicher Unterstützung gut vorbereitet und es werden kaum Arbeitsplätze verloren gehen."

Warnzeichen von der Teuerungsfront

"Keine guten Nachrichten von der Preisfront", hat der Chefökonom Michael Heise von HQ Trust ausgemacht., Er kommentiert den überraschenden Anstieg der Teuerung im Oktober auf 10,4 Prozent: "Ein wichtiger Preistreiber war erneut die Energie. Länderdaten zeigen, dass sich die Gaspreise regional sehr unterschiedlich entwickelt haben, diese aber insgesamt trotz der geringeren Mehrwertsteuer deutlich gestiegen sind. Auch blieb es bei einem überdurchschnittlichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise."

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im zu Ende gehenden Jahr um 1,4 Prozent wachsen wird. Für 2023 rechnet sie mit einem Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt um 0,4 Prozent.

dk/hb (dpa, rtr, afp )

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen