Sie haben ihr Leben dem Schutz der Natur in ihren Heimatländern gewidmet. Dafür erhalten der Tansanier Gerald Bigurube und der Madagasse Clovis Razafimalala in diesem Jahr den Deutschen Afrika-Preis.
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44 Jahre, zwei Drittel seines Lebens. So lange setzt sich Gerald Bigurube bereits für den Schutz von Natur und Wildtieren in Tansania ein. Der 66-Jährige leitete lange Zeit die Nationalpark-Behörde TANAPA, bekämpfte Wilderei und entwickelte eine Naturschutzpolitik mit, die neben dem Schutz der Tier- und Pflanzenwelt auch die Grundbedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt und den Tourismus vorantreibt. Heute ist er tansanischer Landesdirektor der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.
Gegen den illegalen Handel mit Rosenholz auf Madagaskar
Der 46-jährige Clovis Razafimalala aus Madagaskar kämpft seit über 10 Jahren für den Schutz der Urwälder in seinem Heimatland und gegen die illegale Abholzung und den Handel mit Rosenholz. Razafimalala ist Vorsitzender der Umweltschutzorganisation Maroantsetra Lampogno, die sich vor allem im Masoala-Nationalpark - einer UNESCO-Welterbestätte - für den Erhalt der Baumbestände einsetzt.
Abholzung und Korruption nahmen in Madagaskar stark zu, als das Land nach einem Coup 2009 in eine politische Krise stürzte, die sich durch Proteste gegen die autoritäre Regierung noch weiter anheizte. Heute gelten 90 Prozent der ursprünglichen Waldbestände der Insel als vernichtet.
2016 wurde Razafimalala von der Regierung festgenommen, weil er Massenproteste gegen die Holzindustrie organisiert haben soll - obwohl er zum genannten Zeitpunkt gar nicht vor Ort war. Kurz zuvor hatte er Pläne von Geschäftsleuten und örtlichen Behörden aufgedeckt, die den illegalen Export von Rosenholz nach China autorisieren sollten.
"Wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz gehen Hand in Hand"
Eine unabhängige Jury aus 26 Experten hat Razafimalala und Bigurube zu den Gewinnern des diesjährigen Deutschen Afrika-Preises erklärt. "Sie fanden, dass es an der Zeit sei, den Aktivisten eine Stimme zu geben, die sich für den Schutz der Natur einsetzen", sagt Ingo Badoreck, Generalsekretär der Deutschen Afrika-Stiftung (DAS), die den Preis vergibt. "Wir wollen zeigen, dass wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz Hand in Hand gehen können."
Die beiden Preisträger sind auf unterschiedlichen Wegen zu ihrer Berufung gekommen: der Madagasse Razafimalala über eine zivile Bewegung, der Tansanier Bigurube über die Naturschutzbehörde. Beide bemühten sich, mit der Regierung zusammenzuarbeiten, sagt Ingo Badoreck - obwohl Razafimalala von der Regierung festgesetzt worden war. "Razafimalala hat kriminelle Netzwerke entlarvt", sagt Badoreck. Heute gebe es in der madagassischen Regierung auch Politiker, die den Bemühungen um den Naturschutz offener gegenüberstünden. Für die Arbeit von Umweltschützern eine wichtige Voraussetzung: "Wer sich erfolgreich für den Erhalt der Umwelt einsetzen will, der braucht die Regierung an Bord", sagt Badoreck.
Streit um Wildtier-Reservat in Tansania
Auch Bigurube kämpft gegen kriminelle Machenschaften: "Zu meiner Arbeit gehört auch die Bekämpfung von Wilderei. Das habe ich vor allem in meiner Tätigkeit als Leiter von TANPA im Selous-Reservat getan", sagt er zur DW. "Aber mein Einsatz ist nicht vorbei. So lange es einen Markt für Elfenbein und andere Tierprodukte gibt, müssen wir weiter gegen Wilderei angehen."
Das Selous-Reservat: Tansanias Paradies in Gefahr
Das Selous-Reservat in Tansania ist Afrikas größtes Wildschutzgebiet und seit 35 Jahren Weltnaturerbe. Aber wie lange noch? Die Regierung will dort Uran fördern und einen Staudamm bauen. Umweltschützer schlagen Alarm.
Bild: WWF Deutschland/Astrid Dill
Unberührte Wildnis
Die "Selous Game Reserve" ist eines der größten Naturreservate der Welt - und das größte ganz Afrikas. Die 50.000 Quadratkilometer Steppe und Savanne erstrecken sich über mehrere Regionen im Südosten Tansanias. So riesig wie das Reservat ist auch die Vielfalt der Tiere, die hier leben: Flusspferde, Elefanten, Giraffen, Büffel, Löwen, Krokodile, Geparden, Antilopen und mehr als 400 Vogelarten.
Bild: WWF Deutschland/Astrid Dill
Koloniale Vergangenheit
Gegründet wurde das Reservat 1896 von der deutschen Kolonialmacht. Nach der Übernahme durch Großbritannien wurde das Gebiet vergrößert und nach Frederick Selous benannt, einem englischen Großwildjäger und Offizier. Er fiel im Ersten Weltkrieg und ist im Park begraben. Wegen seiner einmaligen Tier- und Pflanzenwelt erklärte die UNESCO das Reservat 1982 zum Weltnaturerbe.
Bild: Imago/BE&W
Bedrohtes Welterbe
Doch die UNESCO und verschiedene Naturschutzorganisationen sehen das einmalige Ökosystem des Selous in Gefahr: Seit drei Jahren steht das Reservat deshalb auf der "roten Liste" der bedrohten Welterbestätten. Und dort bleibt es vorerst auch, das hat die UNESCO jetzt entschieden - gegen den Protest der tansanischen Regierung. Das sind die Gründe:
Bild: WWF Deutschland/Astrid Dill
Staudamm mitten im Schutzgebiet?
Der Rufiji-Fluss ist eine Lebensader des Selous. Über 600 Kilometer schlängelt er sich durch das Reservat und mündet südlich von Daressalam in den Indischen Ozean. Künftig soll der Fluss zur Stromgewinnung genutzt werden - denn Strom ist knapp in Tansania. Präsident Magufuli kündigte kürzlich an, einen bereits seit Jahrzehnten geplanten Staudamm "so schnell wie möglich" bauen zu lassen.
Bild: WWF Deutschland/Michael Poliza
Eine Fläche größer als Berlin - überflutet
"Das wäre ein herber Schlag für die Natur", kritisiert die Umweltschutzorganisation WWF. Den Planungen zufolge soll in der sogenannten 'Stiegler-Schlucht' eine fast 130 Meter hohe und 700 Meter breite Staumauer hochgezogen werden. Sie wird den Rufiji zu einem über tausend Quadratkilometer großen See aufstauen. Damit würde eine Fläche überflutet, die größer wäre als Berlin.
Bild: WWF Deutschland/Greg Armfield
"Industrialisierung der Wildnis"
Mit dem Staudamm müssten auch Straßen, Industrieanlagen und Siedlungen für Arbeiter gebaut werden - mitten im Schutzgebiet. Der WWF befürchtet eine "Zerstörung bisher unberührter Wildnis und eines der wichtigsten Lebensräume vieler bedrohter Tierarten". Die Staudamm-Pläne dürften auch der deutschen Regierung Kopfzerbrechen bereiten.
Bild: WWF Deutschland/Michael Poliza
18 Millionen Euro aus Deutschland
Einen Tag vor der Ankündigung Magufulis, den Staudamm-Bau im Selous-Park in Angriff zu nehmen, hatten seine Regierung und der deutsche Botschafter in Tansania das "Selous Conservation and Development Program", kurz Secad, unterzeichnet. Ziel ist der Schutz des Parks und sein Erhalt als UNESCO-Welterbe. 18 Millionen Euro zahlt Deutschland für das Projekt.
Bild: Getty Images/MCT/A. Anderson
Uran-Abbau im Süden
Für Kritik sorgen auch die Konzessionen, die Tansanias Regierung zur Erkundung von Öl- und Gasvorräten erteilt - und eine Uran-Mine am südlichen Rand des Selous. Am Oberlauf des Rufiji soll das radioaktive Material aus dem Gestein gespült werden, die ersten Bohrungen haben begonnen. Verseuchtes Wasser könnte durch den Fluss in den Selous gelangen, warnt der WWF - und damit ins Grundwasser.
Die Wilderei im Griff?
Von der Kritik will die tansanische Regierung nichts hören. Sie verweist stattdessen auf Erfolge bei der Wilderei-Bekämpfung. Tatsächlich: Es gibt wieder einige Elefanten mehr im Selous. Über 100.000 waren es mal. Doch zwischen 1982 und 2014 wurde in der Region so viel gewildert und Elfenbein geschmuggelt, dass die Zahl der Tiere um fast 90 Prozent zurückging.
Die kommerzielle Großwildjagd dagegen ist erlaubt im Selous - und eine Einnahmequelle für das Reservat und viele der rund 1,2 Millionen Menschen, die wie diese Kinder am Rand des Schutzgebiets leben. Für Safari-Touristen sind einige jagdfreie Gebiete im Norden zugänglich. Doch das Reservat zieht deutlich weniger Besucher an als etwa der Serengeti-Nationalpark - obwohl es drei Mal so groß ist.
Bild: WWF Deutschland/Astrid Dill
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In Tansania habe Bigurube vorbildlich gezeigt, wie das Zusammenspiel von wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz funktionieren kann, erklärt Badoreck. Tansania ist weltweit für seine Tierwelt und seine Natur bekannt, zu den beliebten Zielen vieler Touristen gehören Serengeti-Nationalpark und Ngorongoro-Krater. Fast 40 Prozent des Landes stehen heute unter Naturrschutz. Trotzdem gibt es Spannungen zwischen Natur, Wirtschaft und Gesellschaft: Die Selous Game Reserve, eines der größten verbleibenden Wild-Reservate in Afrika, stehe derzeit unter enormem Druck, sagt Badoreck: "Es gibt Pläne, das Gebiet für den Bau eines Mega-Staudamms zu nutzen. Bigurube ist einer derjenigen, die sagen: 'Sprechen wir doch erst einmal über den Nutzen des Wild-Reservats, bevor wir Fakten schaffen, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen.'"
Bigurube und Razafimalala erhalten den Deutsche Afrika-Preis bei der Verleihung im Herbst dieses Jahres. Zu den früheren Preisträgern gehören der ugandische Menschenrechtsanwalt Nicolas Opiyo und Südafrikas ehemalige Ombudsfrau Thuli Madonsela.