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PolitikAfrika

Deutscher Mali-Einsatz: Luft nach oben

Martina Schwikowski
30. Juni 2022

Nach der Verlängerung der Mali-Mission im UN-Sicherheitsrat ist Deutschland als größter Truppensteller mit dabei. Was fehlt, ist nach dem Abzug Frankreichs eine Sicherung aus der Luft.

Mali | Soldaten aus Deutschland (Photo: Michael Kappeler/dpa)
Auch die Sicherung des Flughafens in Gao soll weiter zu den Aufgaben der Bundeswehr gehörenBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die Entscheidung stand lange auf der Kippe. Dann gaben sich Bundesregierung und Parlament nach Gesprächen der deutschen Außenministerin in Mali einen Ruck - und verlängerten Ende Mai den Einsatz der Bundeswehr in der von den Vereinten Nationen (UN) geführten Blauhelm-Mission MINUSMA. Bis Mai 2023 können sogar mehr deutsche Soldatinnen und Soldaten als bisher in dem westafrikanischen Krisenstaat stationiert werden. Nun hat auch der UN-Sicherheitsrat einer Fortführung der internationalen Friedensmission zugestimmt: Der Sicherheitsrat verlängerte die MINUSMA-Mission am Mittwochabend (Ortszeit) in New York um ein weiteres Jahr. 13 der 15 Mitglieder des mächtigsten UN-Gremiums stimmten dafür - China und Russland enthielten sich.

Mehr deutsche Truppen, weniger Hubschrauber

Die deutsche Entscheidung wiederum ist an eine Bedingung geknüpft: Sollte der Einsatz der deutschen Soldaten aus Mangel an Luftsicherung zu gefährlich werden, will Deutschland aussteigen. Ein Hintertürchen, das die Frage aufwirft: Was kann denn die Mission leisten, wenn die französische Anti-Terror-Operation "Barkhane" bis zum Herbst ihren angekündigten Rückzug abgewickelt hat und ihr Schutz aus der Luft für die Bodentruppen fehlt? MINUSMA gilt als die gefährlichste UN-Mission: Häufig kommt es in Mali zu gewaltsamen Angriffen von Dschihadisten auf Zivilisten, staatliche Sicherheitskräfte und Angehörige internationaler Einsätze.

Frankreich wickelt seine militärischen Operationen in Mali ab - und will den Anti-Terror-Kampf fortan aus Niger führenBild: Thomas Coex/AFP

Für Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali, steht die MINUSMA jetzt geschwächt da, weil sie ein rein defensives Mandat hat: Fürs Kämpfen seien die Franzosen mit ihren Kampfhubschraubern zuständig gewesen, sagt Laessing im DW-Interview. Diese zu ersetzen, sei nicht einfach: "Die Nationen, die Hubschrauber haben und nach Mali gehen könnten, sind jetzt alle mit der Sicherung der Ostflanke der NATO in Europa beschäftigt."

MINUSMA werde "weniger aktiv" sein

Als Folge werde MINUSMA weniger aktiv sein außerhalb der großen Stützpunkte. Auch weil im Norden Malis russische Truppen tätig seien: Laut Berichten arbeitet die Militärregierung von Assimi Goita seit einiger Zeit mit Söldnern der berüchtigten russischen Wagner-Gruppe zusammen. "Dort im Norden hat Mali die Beschränkung der Bewegungsfreiheit für UN-Flugzeuge erlassen", erinnert Laessing. Der Sahelstaat Mali, der unter extremistischer Gewalt und großer Armut leidet, wird seit neun Jahren durch die UN-Friedensmission militärisch unterstützt.

Das verlängerte MINUSMA-Mandat der Bundesregierung sieht vor, bis zu 1400 deutsche Soldaten nach Mali zu sendenBild: Thomas Wiegold/photothek/picture alliance

Trotz der unklaren Lage hat die Bundesregierung die Obergrenze für deutsche Soldatinnen und Soldaten in Mali von 1100 auf 1400 erhöht. Sie werden die französischen Soldaten zum Teil beim Sanitätsdienst ersetzen und darüber hinaus beim Schutz des Militärflughafens in Gao mitarbeiten.

Truppenpräsenz für zivile Perspektiven

Größte Unsicherheit für die Bundeswehr ist laut Laessing, wer künftig den Flughafen Gao verwalten wird. Er sei von den Franzosen erbaut worden und sie hätten bisher sichergestellt, dass die UN-Soldaten jederzeit fliegen konnten, um Verwundete zu evakuieren und Aufklärungsarbeit angesichts der terroristischen Bedrohung zu leisten. "Wenn sich die russischen Truppen dort weiter ausbreiten, drohen mehr Beschränkungen für die UNO durch die malische Regierung."

Aber die MINUSMA trage dennoch zur Stabilisierung Nordmalis bei, schon allein durch ihre bloße Präsenz und ihre Patrouillen, sagt Laessing. So erlaube die UN-Präsenz in einer jeweiligen Region es Gerichten, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. "Richter sprechen Urteile und das erlaubt Entwicklungshelfern, dort Projekte zu übernehmen. Das ist neben der Terrorbekämpfung eine wichtige Aufgabe: Menschen eine Perspektive zu geben, damit hoffnungslose junge Leute nicht immer in die Hände der Dschihadisten getrieben werden."

Schwache Bilanz

Laut Anna Schmauder, Mitarbeiterin am niederländischen Clingendael Institute in Den Haag, nimmt Deutschland jetzt eine herausragende Position ein: "Die Bundeswehr stellt seit der Mandatsverlängerung das größte westliche Truppenkontingent in Mali", sagt Schmauder im DW-Interview. Andere Staaten wie zum Beispiel Schweden und Großbritannien seien von der deutschen Truppenpräsenz abhängig. Sollte Deutschland doch noch abziehen, werde eine Kettenreaktion bei den anderen westlichen Ländern befürchtet.

Bild: DW

Schmauders Fazit für die bisherige UN-Mission fällt nüchtern aus: Das Land sei weiter im Krieg, die Entwaffnung von Milizen gehe nicht voran. "Zunehmend geraten Teile des Landes unter dschihadistische Kontrolle", sagt Schmauder zur DW. Die Übergangsregierung mit ihren russischen Partnern nehme in immer größerem Umfang auch Zivilisten ins Visier.

"Die populistische Regierung schiebt die Verantwortung für die desaströse Lage im Land in einem anti-westlichen und anti-französischen Kurs auf externe Partner", sagt Schmauder. Deutschland hingegen habe sich bisher als Teil eines Puzzles mit dem Selbstverständnis als multilateraler Akteur gesehen - und trete nun stärker in den Vordergrund: Denn auch die europäische Ausbildungsmission (EUTM) in Mali geht zu Ende.

Mitarbeit: Dirke Köpp

Update, 30.07.: Mitarbeit ergänzt