Der Direktor des British Museum habe sich mit der Ausstellung "Germany – memories of a nation" in außergewöhnlicher Weise um das Verständnis Deutschlands in Großbritannien verdient gemacht, entschied die Jury.
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Die Ausstellung sei für ihn eine "Herzenssache", sagte Neil MacGregor, Direktor des British Museum in London. Derzeit sei es für die Briten besonders wichtig, Deutschland besser zu verstehen. Der britische Kunsthistoriker ist in Glasgow geboren und studierte Französisch und Deutsch in Oxford, Philosophie in Paris, Rechtswissenschaft in Edinburgh und Kunstgeschichte in London. 1987 übernahm er die Leitung der National Gallery in London und seit 2002 ist er Direktor des British Museum in London.
In der Sonderausstellung "Germany - Memories of a Nation", einer begleitenden BBC-Serie und seinem auch auf Deutsch erschienenen gleichnamigen Buch habe MacGregor Deutschland überraschend sympathisch dargestellt und geistreich skizziert, sagte der Vortsand der Deutschen Nationalstiftung, Dirk Reimers. Der Preisträger habe sich mit großem Einfühlungsvermögen dafür eingesetzt, "das vor 70 Jahren eingefrorene Deutschlandbild in Großbritannien" zu differenzieren, so die weitere Begründung. Er habe den Blick auf rund 600 Jahre deutscher Geschichte geöffnet.
Kunst und Kultur statt Blitzkrieg und Alter Fritz
Die Ausstellung beginnt mit einem Video vom Fall der Mauer und bietet dann eine Reise durch die deutsche Geschichte vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bis zur Gegenwart. Dabei werden auch Persönlichkeiten wie Martin Luther, Friedrich der Große, Johann Wolfgang von Goethe, Karl Marx, Käthe Kollwitz und Gerhard Richter porträtiert. Die im Oktober 2014 eröffnete Ausstellung hatte bis Ende 2014 schon über 100.000 Besucher und läuft noch bis zum 25. Januar 2015.
Großer Auftritt für Deutschland
Kunst von Dürer bis Richter, Technik vom Buchdruck bis zum VW-Käfer, Geschichte von der Renaissance bis zur Wende. Die Schau "Germany: Memories of a Nation" im British Museum wagt einen ungewöhnlichen Rundumschlag.
Bild: Deutsches Historisches Museum
Das deutsche Kultauto: der VW-Käfer
Der "Beetle", wie die New York Times den Volkswagen bei seiner Weltpremiere im Jahr 1938 nannte, war das erste Auto für alle. Ein Auto, mit dem deutsche Arbeiter zum Werkstor und Generaldirektoren zur Oper fuhren - heute ein Oldtimer und Kult-Klassiker.
Bild: British Museum London
Krone des Heiligen Römischen Reiches
Seit dem 15. Jahrhundert wurde die Krone in Nürnberg aufbewahrt, dann aber 1796, um sie vor dem Zugriff Napoleons zu schützen, nach Wien gebracht, wo sie seither – mit Ausnahme der NS-Zeit – in der Schatzkammer verwahrt wird. Das British Museum stellt eine Replik aus.
Bild: Städtisches Museen Aachen/British Museum London
Bodenvase von Grete Marks
Diese Vase der Keramik-Künstlerin und Bauhausschülerin Margarete Marks diffamierten die Nazis als Entartete Kunst. Nach der Machtübernahme bedrohten die Nationalsozialisten die Künstlerin und arisierten ihren Betrieb. Marks konnte 1936 nach Großbritannien emigrieren.
Bild: British Museum London/Ausschnitt
Kunst aus Trümmern
Ein Symbol für den Wiederaufbau nach 1945: Diese Büste fertigte der Bildhauer Max Lachnit aus hunderten farbigen Marmor- und Basaltsteinchen. Der Künstler sammelte sie in den kriegszerstörten Straßen Dresdens.
Bild: Estate of Max Lachnit
Meissener Porzellan
Ein Holzschnitt des Künstlers Albrecht Dürer aus dem Jahr 1515 diente als Vorlage für dieses Nashorn aus Porzellan, das Handwerker in Dresden fertigten. Die Deutschen gelten als Erfinder des Porzellans in Europa. Die Meissener Porzellanmanufaktur gibt es bis heute.
"Gold gab ich für Eisen": Preußische Frauen spendeten im 19. Jahrhundert ihren Goldschmuck für den Krieg. Damit sollte unter anderem der Feldzug gegen Frankreich finanziert werden. Im Gegenzug erhielten die Damen Eisen, das in Deutschland zu dieser Zeit zum Symbol des Patriotismus wurde.
Bild: British Museum London
Herr von Welt: Johann Wolfgang von Goethe
Das Porträt Goethes in der römischen Campagna ist das wohl bekannteste Gemälde von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein. Kunsthistorische Schätze wie diese erzählen in der Ausstellung von den kulturellen Leistungen Deutschlands.
Bild: U. Edelmann/Städel Museum/ARTOTHEK/Ausschnitt
Glauben in Deutschland
Die Lutherbibel: Eine Bibel in deutscher Sprache, in der Sprache des Volks, verfasst von Martin Luther. Die schnelle Vervielfältigung und Verbreitung war nur dank deutscher Technik möglich: Gutenbergs Druckerpresse, erfunden im 15. Jahrhundert, war eine Revolution für die ganze Welt.
Bild: British Library Board/Ausschnitt
Kunsthandwerk
So schön kann die Zeit vergehen. Besucher können im British Museum unter anderem die astronomische Kunstuhr aus dem Straßburger Münster bestaunen. Auch Werke aus Städten wie Straßburg, Basel, Kaliningrad und Prag, die heutzutage nicht mehr zu deutschem Territorium gehören, zeigt das Museum.
Bild: British Museum London/Ausschnitt
Wendekultur
Dieses Plakat bastelte ein Demonstrant im Herbst 1989. In allen ostdeutschen Städten gingen damals die Menschen auf die Straßen und forderten die deutsche Einheit. Am 9. November 1989 fiel dann die Mauer - ein bewegender Moment für ganz Deutschland. Die Ausstellung im British Museum in London ist vom 16. Oktober bis 25 Januar 2015 zu sehen.
Bild: Deutsches Historisches Museum
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Der Deutsche Nationalpreis ist mit 50.000 Euro dotiert und wird MacGregor am 16. Juni 2015 in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin verliehen. Die Deutsche Nationalstiftung vergibt die Auszeichnung seit 1997 an Menschen und Institutionen, die das Zusammenwachsen Deutschlands fördern und die Idee der deutschen Nation als Teil eines vereinten Europas stärken. Bisherige Preisträger waren unter anderen die Initiative zum Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden, der Lyriker Wolf Biermann, der tschechische Dramatiker Václav Havel, der polnische Alterzbischof Alfons Nossol und die Organisatoren der Leipziger Montagsdemonstrationen.