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Film

Das Erfolgsrezept von "Blood Red Sky"

2. September 2021

Über 50 Millionen Menschen haben den Vampir-Thriller von Peter Thorwarth gesehen - deutscher Netflix-Rekord. Was ist das Geheimnis von "Blood Red Sky"?

Filmstill Blood Red Sky von Peter Thorwarth: Eine Vampirfrau beugt sich über ihr Opfer
Peri Baumeister als Vampirin LydiaBild: Stanislav Honzik/Cinema Publishers Collection/imago images

Eine alleinerziehende Mutter fliegt mit ihrem Sohn nach New York. Während des Fluges übernehmen brutale Terroristen das Flugzeug und töten willkürlich Passagiere. Die Mutter zeigt ihr wahres Gesicht als Vampir und versucht, alle zu retten. Das geht schief und verwandelt sich in eine Orgie aus Blut. Erinnerungen an den Tarantino-Streifen "From Dusk Till Dawn" werden wach.

Die Story des Netflix-Hits "Blood Red Sky" ist denkbar einfach, hat aber dennoch mehr als die üblichen Geschichten dieses Genres zu bieten: Der Mix aus Vampirfilm, Terror-Thriller und einer herzzerreißenden Mutter-Sohn-Geschichte ist ein weltweiter Erfolg: In 93 Ländern ist "Blood Red Sky" unter den Streaming-Top Ten und in 57 Ländern gar auf Platz 1 gelandet - unter anderem in den USA, in Brasilien, in Saudi-Arabien bis nach Indonesien.

Regisseur Peter ThorwarthBild: BREUEL/picture alliance

"Die Grundidee hat den Leuten gut gefallen"

Regisseur Peter Thorwarth erklärt sich im DW-Gespräch den internationalen Erfolg so: "Die Grundidee, ein Nachtflug nach New York, das Flugzeug wird entführt und an Bord ist ein Vampir, das hat den Leuten schon gut gefallen. Und dass laut den Netflix-Statistiken fast alle Zuschauer diesen Film auch bis zum Ende angesehen haben, das ist sehr wahrscheinlich der starken emotionalen Mutter-Sohn-Geschichte zu verdanken, die die Leute so gepackt hat, dass sie dran geblieben sind."

Und dies ist in Ländern passiert, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Bestimmte Themen jedoch funktionieren überall auf der Welt - nämlich die menschlichen Themen wie Liebe, Geburt, Tod und Familie.

Der Netflix-Mechanismus

Genau diesen Mechanismus hat Netflix verstanden. Der Streaminganbieter produziert und finanziert am laufenden Band erfolgreiche skandinavische Serien wie "Ragnarök" oder "The Rain". Aus Deutschland haben Serien wie "Dark", "Barbaren" und "Unorthodox" internationale Erfolge gefeiert. Die lange unterschätzte spanische Serie "Haus des Geldes" wurde zum weltweiten Hit, nachdem Netflix sie übernommen hat. Es war zeitweise die meistgesehene nicht englischsprachige Serie auf Netflix.

Die Dalí-Maske der Gangster aus "Haus des Geldes" ist weltberühmtBild: Netflix/dpa/picture alliance

Dem Streamingdienst ist es nicht wichtig, in welchem Land ein Film oder eine Serie entsteht. Netflix will, dass die Geschichten international funktionieren. Und bedient sich einer ganz einfachen Rechnung: Die Plattform ist inzwischen in über 170 Ländern verfügbar. Wenn sich in jedem Land ein kleines Publikum für ein bestimmtes Thema oder Genre interessiert, summieren sich die Zuschauerzahlen.

Der Marburger Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger sieht darin den großen Vorteil gegenüber dem normalen Fernsehen, das mit einer einzigen Produktion ein Massenpublikum bedienen muss: "Netflix hat das Potenzial vieler kleiner Zielgruppen schnell erkannt", sagte er im DW-Gespräch.

"Netflix kann sein Publikum überall einsammeln"

"Es gibt nicht das eine Massenpublikum, sondern es gibt Myriaden kleiner Publika mit unterschiedlichen Interessen. Netflix kann das Publikum für diese verschiedenen Genres in vielen Ländern einfach einsammeln. Und so ist es auch nicht tragisch, wenn Filme in einem Land nur 0,5 Prozent Marktanteil haben. Die Summe aus allen Ländern, in denen es Netflix gibt, macht es."

Für den Erfolg sorgen dann die Storys, die in jedem Land verstanden werden. Als Beispiel für ein sogenanntes transnationales Genre, also eins, das weltweit funktioniert, nennt Hallenberger einen Klassiker: Den Krimi. "Solange es Gesellschaften gibt, in denen Verbrechen verübt werden, Menschen von Verbrechen bedroht werden und andere Menschen Verbrechen aufklären, so lange gibt es eine Grundlage, um in jedem Land einen Krimi herstellen zu können."

Der Australier Dominic Purcell spielt den Chef der TerroristenbandeBild: Cinema Publishers Collection/imago images

Arabischer Held Teil des Erfolgsrezeptes

Tatsächlich hat der Netflix-Mechanismus auch in "Blood Red Sky" funktioniert. Durch die Genrevielfalt und die Multikulti-Besetzung umso mehr. Was in der arabischen Welt gut ankam, war wohl die Tatsache, dass Muslime wichtige Rollen einnehmen und nicht als die Bösen dargestellt werden, vermutet Regisseur Peter Thorwarth: "In diesen Ländern ist das Vampirthema eher nicht präsent, weil es einen starken (christlich-)religiösen Bezug hat, aber in diesem Fall hat es wohl zum Erfolg beigetragen, dass es auch einen arabischen Helden in dieser Geschichte gibt."

Für noch mehr Internationalität hat die Filmsprache gesorgt, sagt Thorwarth: "Die Darsteller sprechen alle in ihrer eigenen Sprache. Wir benutzen auch die Akzente und Dialekte und dadurch, dass es diesen internationalen Anstrich bekommen hat, wirkt das schon auch sehr modern. Und die US-Zuschauer, da kann ich mir vorstellen, dass die auch auch neugierig waren: Was können die anderen Schauspieler, die nicht Amerikaner sind?"

Die Ähnlichkeit der Hauptfigur Lydia mit Nosferatu ist kein Zufall: Regisseur Thorwarth verbeugt sich vor dem deutschen Ur-Vampirfilm

Einfach mal machen lassen

Kritiker sagen, Netflix bügele sein Programm glatt, damit es weltweit angenommen werde. Doch genau das geschieht nach Ansicht von Gerd Hallenberger nicht: "Netflix, HBO und andere haben gesagt: 'Wenn wir schon wissen, Zielgruppen werden kleiner, dann brauchen wir Menschen mit Fantasie, mit Visionen, und müssen ihnen die Chance geben, ihre Ideen auch möglichst gut umzusetzen'. Da kommen dann die originellen Sachen raus."

Genau dies kam Peter Thorwarth zugute: "Das Einzige, wo sie mir wirklich reingeredet haben, war, dass sie mir sagten, ich solle das beste Team zusammensuchen. Das ist das tollste Gefühl überhaupt gewesen, wenn man weiß, die stehen hinter einem. Deren Vision war: 'to empower the director's vision' und genau das haben die gemacht." Das Erfolgsrezept, Menschen mit Ideen einfach mal machen zu lassen, ging auf.

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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