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Drei Wege zur Rettung sterbender Wälder

Stuart Braun
6. August 2021

In keinem anderen Jahr ist in Deutschland so viel Wald abgestorben wie 2020. Von Waldbränden wie derzeit in Südeuropa blieben sie dabei bisher verschont. Experten haben dieser Tage über Lösungen beraten.

Junge Birken wachsen zwischen vom Borkenkäfer zerstörten Fichten im Nationalpark Harz.
Zwar blieben deutsche Wälder bislang von den Flammen verschont, werden aber von Borkenkäfern zerstörtBild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Noch 2018 brannten Wälder in Deutschland vier Mal so heftig wie sonst, vor allem im nördlichen Brandenburg. Für den deutschen Wald sind Brände aber derzeit nicht das Problem. Ein Drittel der deutschen Waldfläche wird von Fichtenmonokulturen bedeckt, sie fallen immer öfter dem Borkenkäfer zum Opfer, der sich in den vergangenen Jahren zu einer regelrechten Plage ausgebreitet hat. In trockeneren und heißeren Wetterbedingungen gedeiht das Insekt prächtig, beides wird durch den Klimawandel verstärkt.

Deutschlands zweite landesweite Waldkonferenz mit dem passenden Namen "Waldsterben 2.0", hat versucht Antworten auf die Frage zu geben, wie der Wald inmitten der Klimakrise wieder genesen kann. Hier sind drei Vorschläge, wie das gelingen könnte.

Bessere und ökologischere Forstwirtschaft

Eines der Hauptthemen des zweiten nationalen Waldgipfels, der online in der Waldakademie Wohlleben in Westdeutschland stattgefunden hat, war die Umgestaltung der Wälder und die ökologische Bewirtschaftung.

Das Hauptziel ist, "künstliche" Nadelwälder wieder zurück in einen natürlicheren Zustand zu versetzen. Weil Nadelwälder schnell wachsen und rasch Holz für den Wiederaufbau nach dem Krieg liefern sollten, pflanzte man damals Fichten so weit das Auge reicht. 25 Prozent der deutschen Wälder bestehen heute aus Fichten. 

Da die Fichte aber eigentlich in dem Alpen beheimatet ist und sich mit kalten und feuchten Bedingungen wohlfühlt, macht ihr die Trockenheit und Hitze derzeit schwer zu schaffen. Gerade ältere Bäume haben es daher schwer, in nicht heimischen Umgebungen zu überleben. Der Klimawandel verschärft das Problem zusätzlich.

"Unsere Wälder sind keine natürlichen Wälder", sagt Christopher Reyer, Wissenschaftler am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Er nahm auch an der Konferenz teil. Da nur wenige andere Arten gepflanzt wurden und es um die Artenvielfalt generell nicht sehr gut bestellt ist, werden diese "Altlasten" der historischen Waldbewirtschaftung durch "noch nie dagewesene Klimabelastungen auf diese Baumarten" noch verstärkt, so Reyer zur DW.

Laut Peter Wohlleben, Förster und Gründer der Wohlleben Forest Academy und Bestsellerautor des Buches "Das geheime Leben der Bäume", könnten in den nächsten zehn Jahren mehr als die Hälfte aller deutschen Wälder wegen schlechter Bewirtschaftung absterben. Intensive Holzwirtschaft verschlimmert das Problem obendrein. Sie verdichtet den Boden, wodurch er weniger Wasser für trockene Wochen und Monate halten kann. Für Wohlleben gibt es dafür eine einfache Lösung: "Lasst den Wald in Ruhe," so Wohlleben. "Natürliche Wälder können ihr eigenes lokales Klima schaffen, Baumplantagen werden dagegen trockener und heißer und werden wiederum eigene Probleme verursachen."

Mit Artenvielfalt dem Klimawandel entgegenwirken

Ein weiteres Problem bei der Bewirtschaftung der Wälder ist der intensive Eingriff in das ökologische Gleichgewicht und die Artenvielfalt, was wiederum enorme Auswirkungen auf die Widerstandsfähigkeit der Waldsysteme hat. Am ersten Tag des Gipfels beschrieb Wohlleben einen gesunden einheimischen Buchenwald ganz in der Nähe seiner Akademie. Bei starken Regenfällen, die die umliegenden Regionen überschwemmten, sei praktisch kein Wasser aus dem Gebiet abgeflossen. 

Großen Anteil daran habe die Holzindustrie, die viel deutsches Holz für den Bau in Richtung China und die USA exportiert, so Judith Reise, Wissenschaftlerin am deutschen Öko-Institut. "Baumholz zu ernten ist nicht ökologisch nachhaltig". Auch das Säubern des Waldes von altem, verrottendem Holz und Geäst für die Holzwirtschaft oder zu ästhetischen Zwecken beeinträchtigt mikrobiologische Prozesse, die essenziell für den Wald und die biologische Vielfalt seien. Dies könne zwar kurzfristig das Risiko eines Waldbrandes erhöhen, wenn allerdings alte Pflanzen und Bäume gut versorgt sind, wird das langfristig die Widerstandsfähigkeit aller Wälder erhöhen, gerade wenn es darum geht, dass sie kühl und feucht bleiben. 

Mit Blick auf die Gesundheit der biologischen Vielfalt gehören die Wälder in Europa und Russland laut des Waldschützers Sebastian Kirppu zu den schlechtesten der Welt. Die Zahl der auf der Roten Liste stehenden Arten in den Wäldern habe in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Zwar gibt es Nachhaltigkeitszertifikate, aber es würden nur sehr wenige Arten von der Liste gestrichen und es kämen immer mehr dazu, so Kirppu.

"Der Schutz der Artenvielfalt muss die Basis für alles sein, was wir tun," so Reise vom Öko-Institut. Bisher sind 2,8 Prozent aller deutschen Wälder wegen ihrer Artenvielfalt geschützt, Deutschlands Ziel lag bei 5 Prozent bis 2020.

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Holz auf verantwortungsvolle Art nutzen

Einfache Lösungen für die deutsche Waldkrise gibt es nicht. Während Waldschützer dafür plädieren, den Wald in Ruhe zu lassen, können Holzprodukte aber auch dabei helfen, den Klimawandel zu bremsen und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren - gerade im emissionsintensiven Bausektor.

"Wenn wir Holzprodukte auf die bestmögliche Weise verwenden, mit dem bestmöglichen Lebenszyklus und der bestmöglichen Recycling- und Upcyclingstrategie... Wenn wir die Art und Weise, wie wir dieses Holz verwenden, überdenken, dann ist das eine sehr wirkungsvolle Lösung", sagte Reyer.

"Es ist nicht so, dass Holzschlagen immer schlecht ist", fügte er hinzu. Zwar stimme er zu, dass es weniger Abholzung und mehr geschützten Altbestand geben sollte, "aber im Vergleich zu allen anderen Arten der Landnutzungen ist die Forstwirtschaft ein Bereich, in dem wir ein ziemlich natürliches Ökosystem haben und trotzdem nützliche Produkte herstellen können." 

Diese Gestaltung der Wälder war eines der Hauptthemen des Waldgipfels, wenn es darum geht, wie die von der Bundesregierung für 2020 versprochenen 1,5 Milliarden Euro ausgegeben werden sollen. Unter anderem sollen damit öffentliche und private Waldbesitzer bei der Wiederaufforstung unterstützt werden.

Ein Förster aus Lübeck schlug auf dem Gipfel vor, von der Kahlschlagmethode zum Fällen einzelner Bäume überzugehen. Wie auch immer die Lösungen aussehen werden. Sie müssen den Spagat zwischen der Gesundheit der Bäume, Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel und der Produktivität für die Holzwirtschaft schaffen.

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

Klimawandel - Landwirte weltweit in Sorge

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Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.
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