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Deutschland 3, Ungarn 2:<br> "Das Wunder von Bern" im Kino

Peter Wozny10. Oktober 2003

"Toor, Toor, Toor" - Die 86. Minute am 4. Juli 1954: Helmut Rahn trifft zum 3:2 gegen Ungarn. Deutschland ist Fußball-Weltmeister. Das "Wunder von Bern" ist geboren und feiert fast 50 Jahre später ein Comeback - im Kino.

Das Wunder von Bern - Deutschland wird jetzt auch im Kino WeltmeisterBild: presse

Das Ruhrgebiet 1954. Die Menschen leiden noch immer unter den Folgen des Krieges. Fußball ist Arbeitersport. Lange vor den Radioreportagen am Samstag nachmittag sind die Brieftauben wichtigster Ergebnisdienst. Bei Auswärtsspielen wird nach jedem Tor eine Taube auf die Reise schickt, damit die Menschen zuhause den Zwischenstand erfahren. So beginnt auch Sönke Wortmanns Film "Das Wunder von Bern": Vier Kinder warten in einer Baumkrone auf das Endergebnis per Luftpost: "Alemania Aachen 1, Rot-Weiß Essen 0".

Taschenträger als Glücksbringer

Dem elfjährigen Matthias Lubanski ist klar, warum die Essener verloren haben: Er war nicht dabei, um seinem Idol und Ersatzvater Helmut Rahn Glück zu bringen. Denn nur wenn Matthias dem Torjäger die Tasche zum Stadion trägt, schießt der Nationalspieler die entscheidenden Tore. Wie soll das erst bei der WM in der Schweiz werden?

Kriegsheimkehrer

Das ist seinem leiblichen Vater Richard (Peter Lohmeyer) vollkommen egal. Der Bergmann kehrt als gebrochener Mann aus der Kriegsgefangenschaft zurück und sieht seinen Sohn zum ersten Mal. Mit Schlägen und Drohungen versucht er seinen Platz als Familienoberhaupt zurückzugewinnen. Den hat aber längst Mutter Christa eingenommen, die erfolgreich eine Kneipe führt.

Goldene Regeln der Putzfrau

Zur selben Zeit eilt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in der Schweiz als Außenseiter von Sieg zu Sieg. Sepp Herberger (Peter Franke) läßt sich von einer Putzfrau die goldenen Regeln des Fußballs erklären und Helmut Rahn (Sascha Göpel) büxt nachts heimlich zur Kneipentour aus.

Sönke Wortmann (44) verbindet das muntere Fußball-Geschehen in der Schweiz mit einer dramatischen Vater-Sohn-Geschichte, die mit dem finalen Linksschuß zum 3:2 von Helmut Rahn ihren Höhepunkt findet.

Ein Frauenfilm?

"Ich wollte auch Leute ansprechen, die nichts vom Fußball verstehen", so der Regisseur. "Es geht um große Gefühle, eine Vater-Sohn-Beziehung und um Liebe. Es ist kein reiner Fußballfilm, eher eine Mischung aus Frauenfilm, Historienfilm und Heldenepos."

Der Regisseur wuchs selbst im Ruhrgebiet auf und versteht den Film als Reise in die eigene Kindheit: "Das Millieu kenne ich genau wie es ist. Es waren zwar nicht die 50er, sondern die 60er in denen ich aufgewachsen bin. Aber ich kann emotional sehr gut nachvollziehen, was damals gerade im Ruhrgebiet vor sich ging."

"Maulwurf" Horst Eckel

Um auch das Treiben rund um die Nationalmannschaft authentisch darstellen zu können, suchte Wortmann Rat bei Weltmeister Horst Eckel (72). Für den Regisseur brach der ein fußballerisches Tabu und erzählte, wie es hinter verschlossenen Kabinentüren zuging. Kurios fand er das Treffen mit seinem Darsteller. "Eckel hat sich wirklich erschrocken als er sozusagen sich selbst gegenüber stand. So ähnlich war ihm Holger Dexne im Gesicht, vom ganzen Körperbau und von der Spielweise", so Wortmann.

Gefühlt wie Herberger

Das Ergebnis eines aufwendigen Castings. Um seine Filmelf zu finden arbeitete Wortmann so akribisch, wie der Bundestrainer: "Ich habe mich immer gefühlt, wie Sepp Herberger auf der Suche nach seiner Nationalmannschaft. Die Leute mussten in erster Linie gut Fußball spielen und dann noch vor der Kamera ein paar Sätze sagen können. Und schließlich sollten Sie den Leuten von damals auch noch möglichst ähnlich sehen."

Stadion digital hinzugefügt

Mit Hilfe eines Fußballchoreographen stellte Wortmann die entscheidenden Szenen des Finals nach. Da das alte Wankdorfstadion abgerissen wurde, musste die Crew auf einem Rasenplatz bei Köln drehen – vor grüner Kulisse. Das Stadion und die Zuschauer wurden digital hinzugefügt. Der Spielfreude tat das keinen Abbruch. Deutschland zauberte, Rahn und Morlock schossen die Tore. Am Ende siegte wieder die Elf mit dem Adler auf der Brust.

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