1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutschland: AfD gewinnt erstmals bei Landratswahl

26. Juni 2023

Der Verfassungsschutz stuft die AfD in Thüringen als rechtsextrem ein. Die Wähler im Kreis Sonneberg störte das mehrheitlich nicht. Sie wählten mit Robert Sesselmann einen AfD-Politiker zum Landrat.

Eine Gruppe von Menschen vor einem AfD-Banner
Gibt Robert Sesselmanns (m) Wahlsieg der AfD weiteren Aufwind?Bild: Jacob Schröter/IMAGO

Zehn Jahre nach ihrer Gründung hat die rechtspopulistische Partei Alternative für Deutschland (AfD) damit in Thüringen erstmals ein kommunales Spitzenamt erobert. Im Kreis Sonneberg gewann ihr Bewerber Robert Sesselmann die Landratswahl in einer Stichwahl. Er erhielt nach dem vorläufigen Ergebnis 52,8 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt mitteilte. Der amtierende Landrat von der CDU, Jürgen Köpper, kam nur auf 47,2 Prozent, obwohl er von einer Parteienallianz unterstützt wurde. 

Trotz Unterstützung einer Parteienallianz: Wahlverlierer Jürgen Köpper von der CDUBild: Martin Schutt/dpa/picture alliance

Der Landtagsabgeordnete und Rechtsanwalt Sesselmann war wegen seines guten Ergebnisses im ersten Durchgang als Favorit in das Rennen gegangen. Im ersten Durchgang der Landratswahl vor zwei Wochen hatten ihm nur wenige Prozentpunkte zum Wahlsieg gefehlt. Das Wahlergebnis in der ersten Runde hatte bundesweit alarmiert - zumal die AfD auch in den jüngsten Umfragen bundesweit, vor allem aber in den ostdeutschen Bundesländern Aufwind hat.

Sesselmann und die AfD bestritten den Wahlkampf vor allem mit Bundesthemen wie dem umstrittenen Heizungsgesetz, der hohen Inflation oder gestiegenen Flüchtlingszahlen.

CDU-Kandidat Köpper bezeichnete den Wahlausgang als "enttäuschend" und sprach von einem schlechten Tag für den Landkreis Sonneberg und Thüringen. Am Ende sei auch der Wahlkampf durch die schlechte Politik der Bundesregierung überlagert worden.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht den AfD-Wahlerfolg im Landkreis Sonneberg als Signal der Unzufriedenheit. "Ich glaube, wir müssen den Geist der deutschen Einheit neu definieren, dass wir die Ostdeutschen mitnehmen und nicht das Gefühl auslösen, dass über sie gelacht wird oder über sie nur geredet wird", sagte der Linken-Politiker im ZDF. 

Thüringens AfD steht auch innerparteilich Rechtsaußen 

In Thüringen wird die AfD mit ihrem Chef Björn Höcke vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Vertreter von SPD, Grünen, FDP und Linken hatten ebenso wie der Deutsche Gewerkschaftsbund dazu aufgerufen, den CDU-Kandidaten Köpper zu unterstützen. Auch einige Unternehmen, Handwerker und Kulturschaffende der Region warben für eine hohe Wahlbeteiligung und eine Entscheidung für eine demokratische und weltoffene Region. Aufgerufen zur Stichwahl waren in dem Kreis an der Grenze zu Bayern gut 48.000 Menschen. Sonneberg ist mit rund 57.000 Einwohnern einer der kleinsten Kreise in Deutschland.

(Noch) war kein kommunales Spitzenamt in AfD-Hand 

Bislang hatte die AfD trotz mehrmaliger Anläufe noch kein kommunales Spitzenamt wie einen Landrat oder einen Oberbürgermeister in Deutschland gestellt. Zuletzt unterlag ein AfD-Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl in Schwerin. Nach einer repräsentativen Civey-Umfrage für den TV-Sender Welt ist eine Mehrheit der Deutschen beunruhigt von der Vorstellung eines AfD-Landrats. Das antworteten 52 Prozent der Befragten. 43 Prozent gaben dagegen an, dass sie ein Landratswahlgewinn der AfD nicht beunruhigen würde. Die restlichen fünf Prozent waren unentschieden.

Zentralrat der Juden zutiefst beunruhigt

Für Josef Schuster ist die Wahl eines AfD-Kandidaten zum Landrat ein DammbruchBild: Martin Müller/IMAGO

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich erschüttert über die erstmalige Wahl eines AfD-Politikers zum Landrat. "Das ist ein Dammbruch, den die demokratischen politischen Kräfte in diesem Land nicht einfach hinnehmen dürfen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).  "Um es klar zu sagen: Nicht jeder AfD-Wähler hat eine rechtsextreme Gesinnung", erklärte Schuster. "Aber die Partei, deren Kandidaten sie gewählt haben, ist laut Landesverfassungsschutz rechtsextrem." Das so viele Menschen die AfD dennoch unterstützten, beunruhige ihn "zutiefst". Sie müssten "sich ernsthaft die Frage stellen, ob die Probleme, die sie haben, die Wahl eines Kandidaten einer solchen Partei rechtfertigen".

bri/haz/qu/as/sti/kle (afp, dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen