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Deutschland als Schlupfloch für Rebellen?

18. November 2009

Sie sollen für den Tod tausender Menschen verantwortlich sein: In Deutschland sind zwei ruandische Milizenführer verhaftet worden. Bei den Männern soll es sich um die Spitze der FDLR handeln, die im Kongo Krieg führt.

Marktplatz Mannheim
Jahrelang lebte der mutmaßliche Rebellenführer in MannheimBild: Foto-Hauck-Werbestudios

Dem Ruander Ignace Murwanashyaka werden schwere Verbrechen vorgeworfen. Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Rekrutierung von Kindersoldaten, Mord, Verschwörung zum Mord – und: die Anführung einer kriminellen Organisation, die international als "Terror-Gruppe" eingestuft ist. Er selbst gibt in Interviews offen zu: Er sei der Präsident der FDLR. Die FDLR, die "Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas", ist eine bewaffnete Rebellengruppe im Ostkongo, die seit 15 Jahren Krieg gegen Ruanda führt. In dieser Hutu-Miliz kämpfen hochrangige Täter des Völkermordes von 1994 in Ruanda. Sie sind auch heute für zahlreiche Menschenrechtsverbrechen verantwortlich. "Die FDLR ist nach wie vor die größte bewaffnete, fremde Gruppe im Kongo. Sie besetzt bei weitem das größte Gebiet, hat dort quasi einen Staat im Staat errichtet", sagt der Demobilisierungs-Experte der Weltbank, Harald Hinkel. Die Präsenz der FDLR sei ein Sicherheitsproblem für beide Staaten. Und sie begehe jeden Tag kriminelle Akte gegen die kongolesische Bevölkerung.

Schwierige Entwaffnung

Die UNO will die FDLR entwaffnen. Im Rahmen des Demobilisierungs- und Reintegrationsprogramms verfolgt sie verschiedene Strategien, die Kämpfer aus dem Busch zu locken: Zwei Militäroperationen wurden in diesem Jahr gegen die FDLR unternommen. Dabei haben über 1000 müde Krieger freiwillig ihre Waffen abgegeben. "Die Schwierigkeit ist die, dass die einfachen Soldaten sich nicht bewegen, solange sie keine Befehle von ihren Anführern bekommen. Wir wissen: Die politischen Führer leben in Europa, in Deutschland", sagt Bruno Donat von der UNO. "Sie haben starken Einfluss. Das macht unsere Arbeit schwer. Wir haben es hier mit einer illegalen, bewaffneten Miliz im Kongo zu tun, die von Deutschland aus gesteuert wird."

UNO verfolgt Führer

Deswegen setzte die UNO auf die Strategie, die Führer der FDLR aktionsunfähig zu machen. Doch der Chef der FDLR Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton Musoni leben in Deutschland. Von dort aus geben sie Befehle per Telefon an den obersten FDLR Kommandeur, Sylvestre Mudacumura, im Kongo durch. Die UNO hat die Verbindungen zwischen Murwanashyakas Festnetztelefon in Mannheim und Mudacumuras Satellitentelefon im Kongo entschlüsselt. Diese bezeugen: Die beiden telefonieren regelmäßig. Dies bestätigt der ehemalige FDLR-General, Paul Rwarakabije. Er war bis 2003 der Oberbefehlshaber der FDLR, Mudacumuras Vorgänger. "Wenn die Situation schwierig war, dann haben wir alle drei Tage miteinander gesprochen. Sonst einmal die Woche. Ich musste ihm die Situation schildern. Er hat mich über die politischen Ziele informiert, seine Ideen geäußert, die ich dann militärisch umsetzen musste."

Ignace MurwanashyakaBild: AP

Keine Auslieferung an Ruanda

Dass Murwanashyaka von Deutschland aus operieren darf, stößt in Ruanda auf Unverständnis. Im vergangenen Jahr stellte die ruandische Generalstaatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl aus. Daraufhin hat Deutschland eine Auslieferung an Ruanda als nicht zulässig erklärt, da in Ruanda kein faires Verfahren garantiert werden könne. Wo dem FDLR-Chef letztlich der Prozess gemacht wird, das ist für den ruandischen Generalstaatsanwalt, Martin Ngoga, nicht entscheidend. "Deutschland kann sich nicht einfach zurücklehnen und nicht aktiv werden gegen jemanden, der offen zugibt, dass er eine Organisation anführt, die international als Terror-Organisation eingestuft ist. Dies wäre eine Blamage für Deutschland und würde die Frage aufwerfen, mit welcher Ernsthaftigkeit man an Verbrechen herangeht, die in der Dritten Welt begangen werden."

Autorin: Simone Schlindwein

Redaktion: Christine Harjes

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