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Migration: Deutschland scheitert meist an Rückführungen

27. Januar 2025

In der Europäischen Union gilt bei der Aufnahme von Asylbewerbern das sogenannte Dublin-Verfahren. Doch Statistiken zeigen deutlich auf: Für Deutschland funktioniert es nur selten.

Deutschland Leipzig | Polizeibeamte begleiten einen abgelehnten Asylbewerber in ein Flugzeug
Deutsche Polizeibeamte begleiten einen abgelehnten Asylbewerber in ein Flugzeug (Archivfoto)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Den Ausländerbehörden in Deutschland ist es in den Jahren 2023 und 2024 in Zehntausenden Fällen nicht gelungen, Asylbewerber gemäß dem sogenannten Dublin-Verfahren in das jeweils zuständige EU-Partnerland zu überstellen - obwohl die förmliche Zustimmung des jeweiligen Staates vorlag. Das geht aus Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hervor.

Einer dieser Fälle war der des mutmaßlichen Messer-Angreifers von Aschaffenburg, der nach Bulgarien hätte überstellt werden sollen. Allerdings dauerte die Übermittlung von Bescheiden auf dem Behördenweg so lange, dass die für Dublin-Überstellungen geltende Frist von sechs Monaten - beginnend mit dem Tag der Zusage des aufnehmenden Landes - nicht mehr eingehalten werden konnte.

Ersteinreiseland für Einreisende zuständig

Das Dublin-Verfahren ist ein Bestandteil des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Eine der Regelungen besagt, dass für gewöhnlich derjenige Staat für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist, in dem der Geflüchtete zuerst EU-Boden betreten hat. Reisen Flüchtlinge weiter in andere EU-Staaten und stellen dort erst den Asylantrag - was häufig in Deutschland passiert - muss das Ersteinreiseland die Menschen unter bestimmten Bedingungen zurücknehmen. 

Kümmert sich um Asylbewerber: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat seinen Hauptsitz in NürnbergBild: Christoph Hardt/Geisler-Fotopress/picture alliance

Im Jahr 2023 hatte Deutschland insgesamt in 74.622 Fällen um Überstellung in ein EU-Land gebeten, in 55.728 Fällen stimmten die Partnerländer zu. Tatsächlich überstellt wurde jedoch mit nur 5053 Menschen nicht einmal jeder Zehnte. 2024 sah die Bilanz nur geringfügig besser aus: In 74.583 Fällen wurde die Überstellung von Deutschland beantragt, in 44.431 Fällen wurde von den europäischen Partnern zugestimmt. Aber lediglich in 5827 Fällen fand die Überstellung tatsächlich statt.

Die Gründe für die geringen Quoten ...

... liegen oft im Ausland. Bekannt ist, dass einige Staaten - darunter vor allem Italien - der Rücknahme zwar zustimmen, in der Praxis aber unerfüllbare Bedingungen für die Rücknahme von Dublin-Flüchtlingen stellen und damit die Überstellungen fast unmöglich machen.

In anderen Fällen verhindern inländische Gerichte die Überstellungen, etwa in Länder wie Kroatien oder Griechenland. Die Richter sehen die Gefahr, dass die Asylbewerber dort kein rechtsstaatliches Verfahren erhalten oder die Unterbringungsbedingungen nicht den Mindestanforderungen entsprechen.

Merz: "Wirklich Zeit" für Entscheidungen

Oppositionsführer und Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) pocht daher auf eine deutliche Verschärfung der Einreise- und Migrationsregeln in Deutschland. Seine Unionsfraktion will noch diese Woche einen Fünf-Punkte-Plan in den Bundestag einbringen. Darin fordert sie eine "Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise". Wer keine gültigen Einreisedokumente besitzt, soll nicht ins Land gelassen werden, sondern "konsequent an der Grenze zurückgewiesen" werden.

In der derzeitigen Gesamtsituation "ist es die Pflicht Deutschlands und damit der Bundesregierung, nationales Recht vorrangig anzuwenden, wenn europäische Regelungen nicht funktionieren - so wie es in den Europäischen Verträgen für außergewöhnliche Notlagen vorgesehen ist". Merz forderte abermals auch mehr Abschiebungen ausreisepflichtiger Asylbewerber. Dies dürfe nicht daran scheitern, dass es derzeit nicht die nötige Infrastruktur gebe, um sie in Gewahrsam zu nehmen.

Hat gute Chancen, nächster Bundeskanzler zu werden: CDU-Chef Friedrich MerzBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

"Es ist jetzt wirklich Zeit, Entscheidungen zu treffen", hob Merz hervor. Der konservative Spitzenpolitiker bekräftigte seine Position, dass er im Bundestag auch eine Mehrheit mittels Stimmen der in Teilen als rechtsextrem eingestuften AfD in Kauf nehmen würde: "Was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen", betonte der Fraktionsvorsitzende der Union.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock griff Merz wegen seiner Pläne scharf an. Dieser wolle "einen Zaun um Deutschland bauen", meinte die Grünen-Politikerin am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. "Wenn wir damit anfangen, dann geht Europa kaputt", warnte Baerbock.

wa/haz (dpa, afp, rtr)

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