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Konjunktur

23. November 2010

Deutschland ist derzeit die Konjunkturlokomotive Europas. Getragen wird der Aufschwung mittlerweile auch von der Binnennachfrage. Damit hängt das Land nicht mehr nur vom Export ab.

Symbolbild Grüne Ampel (Foto: Bilderbox)
Alle Signale stehen auf AufschwungBild: Bilderbox

Der Aufschwung in Deutschland hält an. Das Bruttoinlandsprodukt – also die Summe aller Waren und Dienstleistungen – ist im dritten Quartal um 0,7 Prozent im Vergleich zu den drei Vormonaten gestiegen. Das zeigen die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. Das allein ist keine Überraschung. Die verbirgt sich weiter hinten in den Zahlenreihen der Statistiker: Demnach hat die Inlands-Nachfrage deutlich angezogen; Die Leute kaufen wieder deutlich mehr ein und die heimischen Unternehmen fragen verstärkt Investitionsgüter nach. Der Aufschwung stehe auf einer breiten Basis, stellte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erfreut fest: "Von der Außenwirtschaft angestoßen, wird er nun immer stärker von der Binnenwirtschaft getragen." Es werde wieder investiert, die Einkommen stiegen und der private Konsum trage zunehmend das Wachstum in Deutschland", so der Minister in Berlin.

"Starkes politisches Signal"

... dafür steht Deutschland wiederBild: picture-alliance

Positiv bewerten Experten neben den boomenden Exporten vor allem die anziehende Binnennachfrage. "Wir werden unabhängiger vom Auf und Ab der Weltkonjunktur", sagte Unicredit-Ökonom Andreas Rees. "Das ist auch ein sehr starkes politisches Signal, weil Deutschland damit einen Teil zum Abbau der weltweiten Ungleichgewichte leistet."

Genau das war der Vorwurf, den sich die Deutschen zuletzt immer wieder anhören mussten: Allein durch den Export würden sie ihre Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen – und damit auf Kosten anderer. Hingegen mangele es an einer ordentlichen Binnennachfrage. Dieser Vorwurf kann nun nicht mehr gelten: Der private Konsum steuerte zwischen Juli und September genau wie die florierenden Exporte mit 0,3 Prozentpunkten knapp die Hälfte zum Wachstum bei. Und die Experten sind sich weitgehend einig: Dieser Wert dürfte in den kommenden Monaten noch zunehmen – die optimistischsten Prognosen gehen davon aus, dass sich der Anteil der Binnennachfrage am Wachstum im kommenden Jahr bis auf 90 Prozent erhöhen könnte. Der Grund ist schnell gefunden: "Die Leute haben das Gefühl, dass der Arbeitsplatz sicherer ist", sagte Ulrike Kastens von Sal. Oppenheim. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte 2010 so niedrig sein wie zuletzt 1992. Unlängst war die Zahl der Arbeitslosen nach langer Zeit wieder unter die Marke von drei Millionen gefallen.

Kein Ende des Wachstums

Der liebste Fingerzeig des WirtschaftsministersBild: dapd

Verglichen mit dem Vorjahresquartal legte die Wirtschaftsleistung um 3,9 Prozent zu. Die meisten Experten rechnen in diesem Jahr mit rund 3,5 Prozent Wachstum, das sich 2011 auf etwa zwei Prozent abschwächen dürfte. 2009 war das Bruttoinlandsprodukt wegen der weltweiten Krise mit 4,7 Prozent so stark eingebrochen wie nie seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Trotz des kräftigen Aufschwungs warnte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt vor Euphorie. Die deutsche Wirtschaft komme aus einem sehr tiefen Tal und werde erst Ende nächsten Jahres wieder das Vorkrisenniveau erreichen, sagte er zu Reuters. Ratschläge aus der Politik, nun höhere Lohnabschlüsse zu vereinbaren, kritisierte er als "nicht hilfreich".

Kauflaune hält an

Na bitte: Geht doch!Bild: picture-alliance / dpa

Ungeachtet dessen sind Deutschlands Verbraucher pünktlich zur Hochphase des Weihnachtsgeschäfts in Kauflaune: Der monatlich von der Gesellschaft für Konsumforschung in Nürnberg (GfK) ermittelte Konsumklimaindex befindet sich weiter im Aufwind. Der Wert für November wurde von 4,9 auf 5,1 Punkte nach oben revidiert, für Dezember sagten die Marktforscher am Dienstag mit 5,5 Punkten den höchsten Wert seit Oktober 2007 voraus. Die Stimmung habe sich auf breiter Front verbessert, "und zwar deutlich", sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl der Nachrichtenagentur dpa. "Die Angst, arbeitslos zu werden, ist deutlich zurückgegangen. Das spricht auch dafür, dass die gute Konsumstimmung von Dauer sein wird und nicht nur ein Strohfeuer ist."

Autor: Henrik Böhme (dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Jutta Wasserrab