BSW ohne Namensgeberin: Sahra Wagenknecht gibt Vorsitz ab
11. November 2025
Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW), ohne die Namensgeberin an der Parteispitze? Was schon einige Tage im politischen Berlin als Gerücht verbreitet wurde, verkündete die Parteichefin dann Anfang der Woche selbst: Sahra Wagenknecht, seit Jahrzehnten eine der bekanntesten politischen Figuren des Landes, will beim Parteitag des BSW im Dezember nicht wieder für einen der zwei Vorsitzenden-Posten antreten. Stattdessen stellt sich die 56 Jahre alte Politikerin ihre Zukunft an der Spitze einer noch zu gründenden Grundwertekommission vor.
Wagenknecht möchte den "Kopf wieder frei" bekommen
Wagenknecht sagte am Montag in Berlin: "Ich möchte den Kopf wieder frei haben für die Dinge, mit denen ich dem BSW wirklich helfen kann." Das Profil des BSW, so Wagenknecht weiter, sei in der letzten Zeit nicht mehr so klar erkennbar gewesen. Davon hätten vor allem rechtsextreme Kräfte profitiert: "Wir haben Wähler verloren an die AfD, wir können damit nicht zufrieden sein."
Sozialpolitisch und ökonomisch eher links, in der Migrationspolitik eher rechts. So lässt sich das Profil der Partei umreißen, die erst im Januar 2024, also vor nicht einmal zwei Jahren, gegründet wurde. Und die aus dem Stand spektakuläre Erfolge feiern konnte, etwa bei der Europawahl im Juni 2024, als sie bundesweit 6,2 Prozent der Stimmen erhielt und mit sechs Abgeordneten ins Parlament in Brüssel und Straßburg einzog.
Beteiligt an zwei Landesregierungen
Im September des gleichen Jahres wurde das BSW dann bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg mit zweistelligen Ergebnissen in die Landtage gewählt und ist seitdem an den Regierungen dort beteiligt. In den Augen mancher Kritiker hat sich die Partei damit allerdings kompromittiert, weil sie zu viele Kompromisse eingegangen sei.
Und immer stand in allen Wahlkämpfen Sahra Wagenknecht selbst im Mittelpunkt. Jedenfalls in den Medien, als Dauergast in den politischen Talkshows des Landes etwa. In ihrer neuen Partei wurde ihr dagegen vorgeworfen, sich kaum um organisatorische Fragen zu kümmern. Das war nach Ansicht vieler Beobachter denn auch der Grund, warum das BSW bei der Bundestagswahl im Februar dieses Jahres denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Und das Wahlergebnis ist sicher auch der Hauptgrund, warum Wagenknecht nun nicht mehr Vorsitzende ihrer Partei sein mag.
Viel Wirbel um die Parteigründung herum
Bei der Parteigründung im Januar 2024 und in der Zeit davor hatte das BSW über Wochen hinweg für Schlagzeilen gesorgt. Denn die neue Partei gründete sich im Wesentlichen aus ehemaligen Mitgliedern der schon lange etablierten Partei der Linken. Wagenknecht selbst war lange Jahre die schillerndste Vertreterin der Linken gewesen, auch als Abgeordnete im Bundestag. Insgesamt neun ehemalige Abgeordnete der Linken folgten Wagenknecht damals in die neue Formation. Den verbliebenen Linken selbst wurde durch diese Abspaltung eine eher düstere Zukunft vorausgesagt. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellte.
Bundestagswahl: Linke überraschen, das BSW verliert
Denn bei der Bundestagswahl im Februar 2025 holten die Linken überraschende 8,8 Prozent und sind seitdem auch in den Umfragen eher noch gewachsen, vor allem bei jungen Wählern. Das BSW aber scheiterte mit 4,97 Prozent, nur wenige tausend Stimmen fehlten zum Einzug in den Bundestag. Das BSW hat beim Bundeswahlausschuss Einspruch gegen das Ergebnis eingelegt, eine Entscheidung steht noch aus.
Mal links, mal rechts: Wagenknecht liebt den Schlingerkurs
Wagenknecht ist inhaltlich oft schwer zu fassen: Sie tritt für einen höheren Mindestlohn ein und für eine Begrenzung der Mietpreise. Aber sie ist schon lange Verfechterin einer harten Migrationspolitik. Und immer wieder sorgte sie mit Äußerungen für Aufsehen, in denen sie den westlichen Staaten eine Mitschuld am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gab, sie gilt als Gegnerin der Sanktionspolitik gegenüber Russland. Wie auch vielen Politikern der in Teilen rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) , werden auch BSW-Politikern gute Kontakte zum Regime von Präsident Wladimir Putin nachgesagt.
Das Kürzel bleibt, der Name wird geändert
Bereits geregelt hat das BSW, was aus dem Namenszug wird, wenn die Gründerin nicht mehr an vorderster Front mitmischen will: Das Kürzel BSW soll bleiben, und aus Bündnis Sahra Wagenknecht soll das Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft werden. Als neuer Parteichef wird der Europaabgeordnete Fabio De Masi gehandelt. Den zweiten Vorsitzenden-Posten könnte wie bisher Amira Mohamed Ali bekleiden. "Ich bin überzeugt, dass das BSW mit diesem Personal eine gute Chance hat, an seine Anfangserfolge wieder anzuknüpfen", gab Wagenknecht den beiden mit auf den Weg. Eine wichtige Aufgabe wird dann sein, neue Mitstreiter zu gewinnen: Im Moment hat das BSW bundesweit nicht einmal 10.000 Mitglieder. Zum Vergleich: Die Linkspartei hat nach Angaben der Parteizentrale mit über 110.000 Mitgliedern mehr als das Zehnfache.