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Asyl: Dobrindt hält trotz Urteil an Zurückweisungen fest

3. Juni 2025

Ungeachtet eines Gerichtsurteils hält Bundesinnenminister Alexander Dobrindt an seinem strikten Kurs bei der Zuwanderung nach Deutschland fest. Und auch auf andere Weise will die Bundesregierung Migration einschränken.

Bundesinnenminister Dobrindt spricht zu Journalisten am Grenzübergang Kiefersfelden zu Österreich, hinter ihm stehen Beamte der Bundespolizei (15.05.2025)
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt an einer Grenzkontrollstelle in Bayern (im Mai)Bild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

Anfang Mai hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verschärfte Kontrollen und auch die Zurückweisung von Asylsuchenden an Deutschlands Grenzen angeordnet, die aus anderen Staaten der Europäischen Union einreisen. Ausgenommen sind Kranke, Schwangere und Kinder. Ob und wer zurückgewiesen wird, überlässt Dobrindt der Einschätzung der Grenzschützer der Bundespolizei vor Ort.

In einem ersten Fall, der zwei Männer und eine Frau aus dem afrikanischen Staat Somalia betrifft, erklärte das Verwaltungsgericht in Berlin nun am Montag diese Abweise-Praxis in einem Eilverfahren für rechtswidrig.

Dobrindt bekräftigte anschließend, "wir halten an den Zurückweisungen fest". Das Gericht habe sich in seinem Eil-Urteil auf einen Einzelfall bezogen. Sein Ministerium strebe eine Entscheidung im Hauptverfahren an. Der CSU-Minister erläuterte, die Richter hätten ausführlichere Begründungen für die Zurückweisung verlangt. Diese werde man liefern.

Dobrindt: "Wir halten an Zurückweisungen fest"

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Dobrindt wies zugleich darauf hin, es sei bereits der dritte Versuch der Somalier gewesen, innerhalb weniger Tage die Grenze zu überschreiten. Erst beim dritten Mal, nämlich am 9. Mai, hätten sie sich auf Asyl berufen.

Somalier kamen aus Polen

An dem Tag waren die Somalier laut offiziellen Angaben mit dem Zug aus Polen kommend nach Deutschland eingereist. Bundespolizisten kontrollierten sie am Bahnhof Frankfurt/Oder im östlichen Bundesland Brandenburg. Ungeachtet ihres Asyl-Begehrens wurden sie aber noch am selben Tag nach Polen zurückgewiesen. Die Bundespolizei begründete den Schritt damit, sie seien aus einem sicheren Drittstaat eingereist. Dagegen wandten sich die Somalier mit Eilanträgen.

Das Verwaltungsgericht erklärte, da die drei Menschen ihren Wunsch nach Asyl ausgesprochen hätten, müsse ihnen der Grenzübertritt erlaubt werden. Vor einer Zurückweisung müsse das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüfen, welches EU-Land für das Asylverfahren zuständig sei. Meist ist es das europäische Land, in das die Betroffenen als erstes reisten. Mit zur Entscheidung beitragen kann auch, ob schon enge Verwandte in einem EU-Staat leben.

Polizisten überprüfen am Grenzübergang Kiefersfelden in Bayern ein aus Österreich kommendes Fahrzeug Bild: Michaela Stache/AFP

Dieses sogenannte Dublin-Verfahren kann laut Gericht an der Grenze oder im grenznahen Bereich stattfinden. Die Bundesregierung könne sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage nicht angewendet werden müsse, erklärte das Verwaltungsgericht in Berlin weiter. Sie könne die Zurückweisungen nicht auf eine Ausnahmeregelung stützen, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sei nicht dargelegt.

Merz: Wir werden weiter an Grenzen zurückweisen

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz sieht trotz des Gerichtsurteils nach wie vor "Spielräume", um an den Grenzen Asylbewerber abweisen zu lassen. Man werde dies "selbstverständlich im Rahmen des bestehenden europäischen Rechts" tun, versicherte der CDU-Chef in Berlin.

Bundeskanzler Friedrich Merz Bild: Annegret Hilse/REUTERS

Man werde die öffentliche Sicherheit schützen und das Land vor einer "Überlastung" bewahren, so Merz. Bis die europäischen Außengrenzen wirklich geschützt seien, müssten die Kontrollen an den Binnengrenzen aufrechterhalten werden.

Gesetzentwurf zur Migration in Arbeit

Für die konservative Union aus CDU und CSU gehören die Maßnahmen zur Verschärfung der Zuwanderung nach Deutschland zu den zentralen Vorhaben der neuen Koalition mit den Sozialdemokraten. Hierzu zählt auch, dass die Bundesregierung derzeit einen Gesetzentwurf vorbereitet, der die Einstufung von Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer vereinfachen soll. Die Berliner Zeitung "Tagesspiegel" schreibt, eine Verabschiedung im Kabinett werde schon am Mittwoch angestrebt.

Asylanträge von Menschen aus Ländern, die als sichere Herkunftsstaaten gelten, lehnt das BAMF in der Regel als offensichtlich unbegründet ab. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es, zuerst sollten Algerien, Indien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden.

Sichere Herkunftsländer künftig per Rechtsverordnung? 

Erreicht werden soll dies durch eine "Rechtsverordnung der Bundesregierung". Anders als ein formales Gesetz müssen solche Verordnungen weder im Bundestag noch im Bundesrat zwingend beraten und beschlossen werden. Erforderlich ist dafür allerdings ein formales Gesetz, das die Bundesregierung zum Erlass der Rechtsverordnung ermächtigt. Dieses Gesetz will Innenminister Dobrindt nun schaffen.

In den vergangenen Jahren waren Initiativen zur Einstufung als sichere Herkunftsländer im Bundesrat am Widerstand von Bundesländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen und der Linken gescheitert.  Als sichere Herkunftsländer gelten in Deutschland aktuell neben den Mitgliedstaaten der EU Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Georgien, Moldau, Ghana und Senegal.

se/AR (dpa, rtr, afp, kna, epd)