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Gesellschaft

Deutschland fährt runter

14. Dezember 2020

Von Mitte dieser Woche an steht das öffentliche Leben in Deutschland still. Bundespräsident Steinmeier spricht von einer "Prüfung für uns alle". Doch was haben Merkel und die Ministerpräsidenten genau beschlossen?

Deutschland I Coronavirus - Einkaufen vor dem Lockdown
Bild: Hannibal Hanschke/REUTERS

Deutschland zieht die Notbremse, wie schon im März, als erstmals Restaurants, Cafés und Geschäfte schlossen und das öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand kam. Jetzt sind die Einschränkungen für die Menschen noch heftiger, die hohen Corona-Infektions- und Todeszahlen setzen die Politiker unter Zugzwang. Alle Maßnahmen, die die Bundeskanzlerin mit den 16 Ministerpräsidenten am Sonntag beschlossen hat, gelten zunächst bis zum 10. Januar.

Bundespräsident Steinmeier nennt die kommenden Wochen eine "Prüfung für uns alle"Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Ein kurzer, heftiger Lockdown soll nun also die Wende bringen. Offen ist aber, was geschieht, wenn Anfang Januar die Neuansteckungen immer noch weit über dem Wert von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen liegen. Dass die Zahlen hoch bleiben, davon gehen viele Experten aus. Gut möglich, das die drastischen Beschränkungen zu Jahresbeginn also verlängert werden. 

Wer darf wen noch treffen?

Fünf Freunde, Verwandte oder Bekannte dürfen sich weiterhin privat treffen, aber die Personen dürfen nur aus zwei Haushalten kommen. Kinder unter 14 Jahren zählen dabei nicht mit, denn sonst wären bei vielen Familien private Treffen mit Menschen außerhalb der Familie gar nicht mehr möglich.

Während der Weihnachtsfeiertage vom 24. bis zum 26. Dezember gibt es leichte Lockerungen: Dann dürfen vier Personen "aus dem engsten Familienkreis", die nicht zum Haushalt gehören, als Besuch empfangen werden. Damit wird die Fünf-Personen-Regel in vielen Familien also überschritten.

Der Beschluss vom Sonntag listet genau auf, wer das ist, den man da empfangen darf: Ehepartner, Lebenspartner, Verwandte in gerader Linie, Geschwister und deren Kinder, sowie alle Personen, die zu den Haushalten dieser Personengruppe gehören. Gar nicht so leicht herauszufinden, wen man noch sehen darf und wen nicht.

Die Polizei wird Einiges zu kontrollieren habenBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Auch über Weihnachten gilt die Regel, dass Kinder unter 14 Jahren nicht mitgerechnet werden. Wie groß die Angst der Politiker ist, dass nach Weihnachten die Infektionen erneut steigen, zeigt der dringende Appell, in den Tagen vor dem Fest die Kontakte freiwillig nochmal zu reduzieren, als eine Art vorbeugende Maßnahme.

Nach Weihnachten gilt dann wieder die Fünf-Personen-Regel. Silvester wird dann wenige Tage später ein eher trübes Fest: Es gilt sowohl am 31.Dezember selbst als auch am Neujahrstag ein Versammlungsverbot. Und auf bestimmten Plätzen, die die Kommunen noch festlegen, sind Feuerwerke verboten. Geböllert wird in diesem Jahr auf jeden Fall weniger, auch auf erlaubten Plätzen. Denn neue Pyrotechnik darf nicht verkauft werden.

Verschärfte Regeln bei sehr hohen Ansteckungsraten

Dort, wo die Infektionszahlen besonders hoch sind, haben die Bundesländer die Möglichkeit, bei den Kontaktbeschränkungen noch weiterzugehen. Brandenburg etwa, wo die Ansteckungszahlen zuletzt stark stiegen, hat eine nächtliche Ausgangssperre angeordnet, die ebenfalls ab Mitte der Woche greift. Und in Sachsen gilt in Regionen ab 200 neuen Ansteckungen bei 100.000 Einwohnern in sieben Tagen schon jetzt, dass die Menschen ihre Wohnungen nur noch aus triftigen Gründen verlassen dürfen. Einkaufen und Sport an der frischen Luft ist nur noch in einem 15-Kilometer-Radius um das eigene Wohnumfeld herum erlaubt.

Wo können die Menschen noch einkaufen, welche Geschäfte haben offen?

Fast alle Läden müssen ab Mittwoch dieser Woche schließen, zusätzlich zu den Restaurants, Hotels, Cafés und Kultureinrichtungen, die schon seit November geschlossen haben. Mitten in der Woche vor Weihnachten ist das ein harter Schlag für den Einzelhandel. Rund eine Milliarde Euro nimmt der im ganzen Land in den Tagen vor dem Fest normalerweise ein - pro Tag!

Es ist einfacher, die Geschäfte aufzuzählen, die weiterhin öffnen dürfen: Das sind natürlich die Supermärkte, die Wochenmärkte, der Getränkehandel, Reformhäuser, Apotheken und zum Beispiel auch Babyfachmärkte. Auch Tankstellen und Autowerkstätten können weiter Kunden empfangen, sowie auch Fahrradläden. Physiotherapeuten dürfen weiter öffnen. Die Postfilialen bleiben auf, Banken und Sparkassen ebenso.

Ein letzter Ansturm auf die Geschäfte mag verständlich sein, im Sinne der Pandemiebekämpfung ist er ganz sicher nichtBild: Christophe Gateau/dpa/picture alliance

Aber wer noch keinen Weihnachtsbaum hat, muss sich beeilen, denn auch Tannenbaummärkte müssen ab Mittwoch schließen, Friseure ebenso. Weiterhin möglich ist es, bei Restaurants zu bestellen, die Essen zum Mitnehmen anbieten. Das Trinken von Glühwein in der Öffentlichkeit, das vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel zuletzt so sehr verärgert hat, ist von Mittwoch an auch verboten, sowie das Trinken aller Arten von Alkohol in der Öffentlichkeit. 

Möglichst gar nicht verreisen

Fast wie aus einer anderen, versunkenen Welt klingen die Maßnahmen, die das Reisen betreffen: Von Trips ins Ausland raten die Politiker dringend ab. Wer aus Risikogebieten im Ausland zurückkommt, muss sich anmelden und zehn Tage in Quarantäne gehen. Oder einen negativen Test vorlegen, dann endet die Quarantäne schon nach fünf Tagen.

Glühweintrinken zusammen an der Bude: adé!Bild: Christoph Schmidt/dpa/picture alliance

Die Kirchen zu Weihnachten

Auch in den Kirchen wird dieses Weihnachtsfest ein ganz anderes: Es gilt ein Mindestabstand von anderthalb Metern und Maskenpflicht. Gesungen werden darf dieses Jahr nicht. Die Regeln gelten auch für Synagogen und Moscheen. Viele Menschen, das haben Umfragen ergeben, werden auf den Kirchenbesuch zu Weihnachten ganz verzichten.

Schutz für die besonders Gefährdeten

In den Alten-und Pflegeheimen sollen sich die Bewohner und ihre Pfleger öfter testen lassen können, die Regierung stellt FFP2-Schutzmasken zur Verfügung. Dort, wo die Ansteckungen besonders hoch sind, ist geplant, dass Besucher einen aktuellen negativen Corona-Test vorlegen müssen.

Schulen und Kitas

Die Schulen werden vom 16. Dezember bis zum 10. Januar generell geschlossen, die Kitas auch. Die "Präsenzpflicht" entfällt, die Weihnachtsferien werden also verlängert: Wenn überhaupt, soll "Distanzlernen" angeboten werden, auch Online-Unterricht ist möglich. Was das konkret heißt, ist je nach Bundesland unterschiedlich.

In Berlin etwa heißt es, "schulisch angeleitetes Lernen zu Hause" solle ermöglicht werden, für Grundschüler soll es Notbetreuungen geben. Denn nicht nur in der Hauptstadt sind die Schulschließungen vor allem für Eltern schwierig, die etwa in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen arbeiten. Dort sind viele Mitarbeiter infiziert oder in Quarantäne, jede Arbeitskraft wird gebraucht. Und jetzt bleiben auch noch die Kinder länger in den Ferien als gedacht.

Ein ganz anderes Fest dieses Mal: das Brandenburger Tor im LichterglanzBild: Maja Hitij/Getty Images

Was die Betreiber der geschlossenen Läden jetzt bekommen

Der Einzelhandel, Bekleidungsläden etwa, hatte gehofft, bei einer Schließung ähnlich großzügig behandelt zu werden wie Restaurants und Kultureinrichtungen, die schon seit einigen Wochen geschlossen sind. Die bekommen nämlich bis zu 75 Prozent ihrer Umsatzes erstattet, für November den vom November des Vorjahres, für den Dezember entsprechend den des Dezembers 2019.

Aber auch den Einzelhandel so großzügig zu behandeln ist nun schlicht zu teuer. Die Geschäfte, die jetzt zusperren müssen, erhalten deshalb einen Zuschuss zu ihren Fixkosten wie etwa den Mieten. Ob das reicht, um die Existenz vor allem von vielen kleinen Geschäften zu sichern, steht in den Sternen.

Es wird also ein ruhiges, ein fast gespenstisch ruhiges Fest. Am 5. Januar wollen sich die Kanzlerin und die 16 Ministerpräsidenten erneut treffen, um darüber zu sprechen, wie es nach dem 10. Januar weitergeht.

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