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Deutschland fördert weltweit grünen Wasserstoff

Sarah Steffen | Stuart Braun
15. November 2022

Mit mehr Fördermitteln will Deutschland den Aufbau der internationalen Infrastruktur für grünen Wasserstoff vorantreiben. Der klimaneutrale Treibstoff soll helfen, CO2 einzusparen. Worum geht es?

Ein großer Speicher mit dem Schriftzug "Hydrogen", Wasserstoff, vor mehreren Windkraftanlagen
Grüner Wasserstoff aus Wind- und Sonnenstrom könnte bei der Dekarbonisierung der Schwerindustrie helfen Bild: DW

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hat auf der 27. UN-Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich verkündet, dass Deutschland zusätzliche 550 Millionen Euro in eine neue globale grüne Wasserstoffwirtschaft investieren wird. Mithilfe von Deutschlands KfW Entwicklungsbank sollen die Gelder im Laufe der Zeit auf 2,5 Milliarden Euro steigen, sagte Stefan Wenzel, parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

"Die neue grüne Wasserstoffwirtschaft muss gerechter werden als die alte fossile Wirtschaft," sagte Schulze.

Entwicklungsländer, deren Energiebedarf bis 2050 um bis zu 70 Prozent ansteigen könnte, dürfen nicht von diesem Markt ausgeschlossen werden, so die Bundesentwicklungsministerin weiter. "Von den Wertschöpfungsketten der Zukunft müssen auch die Entwicklungsländer profitieren."

Tatsächich könnte der Zugang zu deutschen Geldern die Abkehr von fossilen Brennstoffen beschleunigen, meint Masopha Moshoeshoe. Moshoeshoe ist Spezialist für grüne Wirtschaft im Büro des südafrikanischen Präsidenten für Investment und Infrastruktur. 

Südafrika plant, ab 2050 jährlich 12 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. Die Hälfte davon könnte exportiert werden, um dadurch Nachbarstaaten bei der eigenen Dekarbonisierung zu helfen, so Moshoeshoe weiter.

Was genau ist eigentlich grüner Wasserstoff?

Grüner Wasserstoff gilt als ein wichtiger Baustein einer erfolgreichen Energiewende, weil damit klimaneutraler Kraftstoff hergestellt werden kann. Dieser Kraftstoff kann beispielsweise in energieintensiven Sektoren verwendet werden, die als schwer elektrifizierbar gelten – wie etwa die Stahlindustrie, der Flugverkehr oder die Schifffahrt.

Hergestellt wird grüner Wasserstoff mittels des Elektrolyse-Verfahrens - dabei wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Wenn dieser Prozess durch den Einsatz Erneuerbaren Energien und nicht mit fossilen Brennstoffen angetrieben wird, entstehen keine CO2-Emissionen. Nur dann gilt Wasserstoff als grüner Wasserstoff. 

Wird diesem zusätzlich CO2 aus der Luft beigemischt, entsteht ein flüssiger synthetischer Treibstoff. Die Technologie wird auch Power-to-Liquid, bzw. Power-to-Gas genannt. Der so entstehende Treibstoff ist klimaneutral, weil bei der Herstellung keine neuen Treibhausgase emittiert werden. 

Mit bereits existierendem CO2 kann Wasserstoff in einen synthetischen flüssigen Kraftstoff (power-to-liquid) oder Gas (power-to-gas) verwandelt werden - bei der Herstellung entstehen keine neuen Emissionen

Globaler Handel und neue Wasserstoff-Diplomatie weltweit

Die Produktion von grünem Wasserstoff befindet sich noch in der Anfangsphase, so die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) - die Organisation treibt Erneuerbare Energien voran. Doch bis zum Jahr 2050 streben große Industrieländer wie die USA und Deutschland Klimaneutralität an, bis dahin soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf bis zu 400 Millionen Tonnen ansteigen. Das ist mehr als viermal so viel wie die im Jahr 2020 produzierte Menge von sogenanntem "grauen" Wasserstoff, der mithilfe von fossilen Brennstoffen wie Gas gewonnen wird.

Grüner Wasserstoff, der in großen Mengen produziert werden kann, wenn Erneuerbare Energien im Übermaß vorhanden sind, könnte dann zur Energiegewinnung genutzt werden, wenn die Sonne nicht scheint oder nicht genug Wind weht, so IRENA in einem Bericht vom März 2022.

Länder wie Ägypten könnten in Zukunft wichtige Produzenten von grünem Wasserstoff werden Bild: Amr Nabil/AP Photo/picture alliance

Der klimaneutrale Treibstoff könnte auch ein Segen sein für Länder im globalen Süden, die ganzjährig Erneuerbare Energien zur Verfügung haben. Dort könnte grüner Wasserstoff "das ganze Jahr über mit einer nahezu konstanten Rate ohne saisonale Schwankungen" produziert werden.

So könnte beispielsweise grüner Wasserstoff, der etwa im sonnigen Ägypten mit Solarenergie produziert wurde, günstig gespeichert und international gehandelt werden - selbst über große Distanzen hinweg. Bereits bestehende Erdgas-Netzwerke könnten stattdessen dann Wasserstoff transportieren. 

IRENA-Experten gehen zwar davon aus, dass die Wasserstoff-Märkte der Zukunft eher regionalisiert und kleiner sein werden als die großen internationalen Märkte für fossilen Brennstoffe von heute. Trotzdem werde die Entwicklung zu einer "neuen Wasserstoff-Diplomatie" führen, vor allem für Länder mit begrenztem Potential für Erneuerbare Energien, wie etwa Deutschland oder Japan.

Wozu benötigt Deutschland grünen Wasserstoff?

"Der zukünftige Bedarf Deutschlands an klimaneutralen Kraftstoffen und Brenngasen kann nicht aus den hier bestehenden erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden," schreibt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf der eigenen Webseite. Deshalb werde Deutschland mittel- und langfristig auf den Import von Wasserstoff-Produkten angewiesen sein.

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Deutschland hat vor kurzem Büros für "Wasserstoff-Diplomatie" in Ländern wie Saudi-Arabien und Nigeria eingerichtet. Anfang November unterzeichnete Deutschland zwei Absichtserklärungen mit ägyptischen Ministerien, um die Zusammenarbeit bei der Gewinnung von grünem Wasserstoff und den Handel mit Flüssig-Erdgas (LNG) zu intensivieren. 

"Zusammen können wir dazu beitragen, die globale Energiewende voranzutreiben und grenzüberschreitende klimaneutrale Energienetze aufzubauen, die im Wesentlichen auf grünem Wasserstoff basieren," sagte Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck dazu Anfang November. Habeck setzt aktuell dennoch auch auf LNG. "Kurzfristig verhilft uns der engere Handel mit ägyptischen Flüssiggas dabei, unsere Energieimporte weiter zu diversifizieren und unabhängiger von russischem Gas zu werden", betont der Minister.

Die Bedeutung von LNG für die Energiewende wird derzeit kontrovers diskutiert. Da das Gas nicht so viele CO2-Emissionen wie Kohle freisetzt, gilt es bei vielen als eine Brückentechnologie auf dem Weg zu grüner Energie. Kritiker wie etwa die kanadische Denkfabrik The International Institute for Sustainable Development sind jedoch der Ansicht, dass die Nutzung von fossilem Gas die Energiewende behindert.

Im Oktober erhielt Deutschland außerdem eine Lieferung von blauem Wasserstoff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dieser wird mithilfe von Erdgas produziert. Die entstehenden CO2-Emissionen werden aber nicht in die Erdatmosphäre ausgestoßen (das wäre grauer Wasserstoff), sondern gespeichert oder industriell weiterverarbeitet.

Das BMZ betont jedoch, dass künftig nur Kooperationsprojekte gefördert werden, die grünen Wasserstoff produzieren - und keinen Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch und wurde dann ins Deutsche übersetzt.

Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.
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