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Deutschland hat einen bundesweiten Polizeibeauftragten

Veröffentlicht 13. März 2024Zuletzt aktualisiert 14. März 2024

Der Bundestag wählte Uli Grötsch in das neue Amt. Als ausgebildeter Polizist weiß er gut, was ihn erwartet. Ein besonders heikles Thema: Rechtsextremismus.

Der SPD-Politiker Uli Grötsch steht am Rednerpult des Deutschen Bundestages; er trägt ein zugeknöpftes dunkelblaues Jackett über einem hellblauem Hemd, des Halsknopf geöffnet ist.
Der Deutsche Bundestag hat den Sozialdemokraten Uli Grötsch zum ersten Polizeibeauftragten des Bundes gewähltBild: dts Nachrichtenagentur/IMAGO

Absolut neu ist der Posten eines Polizeibeauftragten nicht. Im föderal strukturierten Deutschland gibt es ein solches Amt bereits in acht der 16 Bundesländer. Uli Grötsch ist für zwei große Behörden und eine kleinere Einheit zuständig: Bundespolizei, Bundeskriminalamt (BKA) und die Polizei beim Deutschen Bundestag.  

Seine Wahl durch den Deutschen Bundestag war reine Formsache, weil sich die Fraktionen der regierenden Sozialdemokraten (SPD), Freien Demokraten (FDP) und Grünen auf den 48-jährigen SPD-Abgeordneten geeinigt hatten. Grötsch ist gelernter Polizist. Fachlich bringt er also durch seinen früheren Job gute Voraussetzungen mit.

Uli Grötsch war Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss

Auslöser für die Schaffung des neuen Amtes waren und sind offenkundige Missstände innerhalb der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden. So wurde ihr, wie anderen staatlichen Stellen auch, teilweise Versagen bei der Suche nach den Mitgliedern der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) vorgeworfen. Bei diesem Thema kennt sich Grötsch besonders gut aus, denn er war Obmann im zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages.

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Für Aufsehen sorgten zudem mutmaßlich rechtsextreme Chat-Gruppen in Polizei-Kreisen. Auch von Rassismus und sogenanntem Racial Profiling ist zuweilen die Rede. So werden anlasslose Personenkontrollen bezeichnet, bei denen die Hautfarbe oder andere äußerliche Merkmale der Betroffenen den Ausschlag geben. 

Opposition wirft Regierung Mangel an Vertrauen vor

Als der Bundestag im Januar 2024 mehrheitlich dafür stimmte, einen Polizeibeauftragten zu installieren, gab es aus den Reihen der Opposition viel Kritik. Der Christdemokrat Hendrik Hoppenstedt (CDU) verlangte mehr Personal für die Sicherheitsbehörden anstelle eines "mit Händen zu greifenden Misstrauens". Ähnlich äußerte sich Steffen Janich von der Alternative für Deutschland (AfD): "Schon heute steht keine Berufsgruppe des Öffentlichen Dienstes unter einer stärkeren öffentlichen Beobachtung als die Polizei."

Der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann versuchte, die Bedenken zu zerstreuen. Es gehe nicht um Misstrauen: "Nein, es ist ein Instrument, mit dem wir mehr Vertrauen in die Arbeit der Polizei schaffen können." Die klare Mehrheit derjenigen, die jeden Tag Deutschlands Sicherheit verteidigten, stehe fest auf dem Boden der Verfassung, betonte Hartmann.

Vertrauliche Anlaufstelle innerhalb und außerhalb der Polizei

Zugleich machte der SPD-Politiker deutlich, warum er einen Polizeibeauftragten für unverzichtbar hält: Es gebe auch in den Reihen der Polizei Menschen, die auf einzelne Verfehlungen der Polizei hinwiesen. Sie sollen nach dem Willen der Regierungsfraktionen die Möglichkeit haben, sich vertraulich an eine unabhängige Stelle des Bundestages wenden zu können: den Polizeibeauftragten Uli Grötsch.

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Er und sein Team werden auch Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger sein, die Fehlverhalten oder mögliche strukturelle Missstände untersuchen lassen wollen. Wobei das neue Amt kein Ersatz, sondern eine Ergänzung bestehender Strukturen sein soll. Weiterhin möglich sind polizeiinterne Ermittlungen, disziplinar- und arbeitsrechtliche Maßnahmen sowie der Gang vor Gerichte.

Der Polizeibeauftragte veröffentlicht im Juni seinen ersten Bericht

Die Amtszeit ist auf fünf Jahre befristet und kann im Falle einer erneuten Kandidatur und Wiederwahl durch den Bundestag auf maximal zehn Jahre verlängert werden. Das Parlament und die Öffentlichkeit haben Anspruch auf einen jährlichen Bericht. Den ersten muss Uli Grötsch Ende Juni 2024 vorlegen. Ihm bleiben also nur dreieinhalb Monate Zeit, um seine erste Zwischenbilanz zu ziehen.

Der neue Posten reiht sich ein in eine lange Liste von Bundesbeauftragten: Eine der bekanntesten ist die Wehrbeauftrage Eva Högl. Die Sozialdemokratin (SPD) ist unabhängige Ansprechpartnerin für Soldatinnen und Soldaten. Der Freidemokrat (FDP) Pascal Kober kümmert sich um die Sorgen und Nöte von Terroropfern und deren Angehörigen. Die Bürgerrechtlerin Evelyn Zupke wiederum unterstützt Menschen, die unter den gesundheitlichen und finanziellen Folgen der kommunistischen Diktatur in der damaligen DDR leiden.

Dieser Artikel wurde erstmals am 13.03.2024 veröffentlicht und nach der Wahl des Polizeibeauftragten am 14.03.2024 aktualisiert.

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland