Deutschland: Israels Plan zu Westjordanland "grundfalsch"
24. Oktober 2025
Die Regierungen der USA und Deutschlands rufen Israel mit Nachdruck dazu auf, die Pläne zum besetzen Westjordanland unverzüglich zu stoppen. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Die am Mittwoch erfolgten Abstimmungen in (...) der Knesset über Gesetzesentwürfe zur Annexion von Teilen des Westjordanlandes weisen in eine Richtung, die wir für grundfalsch halten."
Die Bundesregierung lehne jede völkerrechtswidrige Annexion ab. In der aktuellen Phase sollten zudem alle Bemühungen darauf gerichtet sein, den gerade erst erreichten Waffenstillstand im Gazastreifen nicht zu gefährden und den 20-Punkte-Friedensplan vollumfänglich umzusetzen.
Die Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser sei aus Sicht der Bundesregierung der einzige Weg, ein Leben in Frieden, Sicherheit und Würde für beide Seiten zu gewährleisten, betonte die Außenamtssprecherin weiter. Dazu gehöre auch das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat.
Israels Parlament bereitet Weg zur Annexion vor
Am Mittwoch hatte das israelische Parlament, die Knesset, mehrheitlich dafür gestimmt, zwei Gesetzentwürfe zur Annexion des besetzten palästinensischen Westjordanlandes voranzutreiben. Der erste Gesetzentwurf sieht die Ausweitung israelischen Rechts auf alle israelischen Siedlungen im Westjordanland vor. Bei dem zweiten, begrenzteren Entwurf geht es um die Annexion einer größeren Siedlung östlich von Jerusalem.
Rechtsgerichtete Abgeordnete unterstützen beide Entwürfe - obwohl sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und die Mehrheit seiner Likud-Fraktion gegen einen solchen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen haben.
Israel lässt im besetzten Westjordanland Siedlungen systematisch ausbauen. Diese Siedlungen werden von den Vereinten Nationen und einem Großteil der internationalen Gemeinschaft als völkerrechtswidrig angesehen. Die Palästinenser beanspruchen das Westjordanland und Ost-Jerusalem für einen künftigen unabhängigen Staat.
Auch US-Außenminister Marco Rubio, der am Donnerstag zu Gesprächen in Israel eintraf, warnte die dortige Regierung nochmals vor einer Annexion. Die Bestrebungen seien eine "Bedrohung für den Friedensdeal", sagte er mit Blick auf den 20-Punkte-Plan von US-Präsident Donald Trump für Gaza.
Auf dessen Basis war das Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 10. Oktober zustande gekommen. Rubio sprach von einer "historischen" Vereinbarung. "Jetzt müssen wir sicherstellen, dass es weitergeht."
Trump droht mit Entzug sämtlicher Hilfe
Trump selbst kündigte in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview des US-Nachrichtenmagazins "Time" an, Israel seine Unterstützung zu entziehen, sollte es das besetzte Westjordanland annektieren. Trump sagte auf eine entsprechende Frage: "Israel würde jegliche Unterstützung der Vereinigten Staaten verlieren, wenn das passieren würde." Der US-Präsident fügte hinzu: "Es wird nicht passieren, weil ich den arabischen Ländern mein Wort gegeben habe."
Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter. Trump hatte die israelische Regierung bereits im September vor einem entsprechenden Schritt gewarnt.
US-Vizepräsident JD Vance, der am Tag der Abstimmung in der Knesset in Israel Gespräche führte, sagte: "Wenn das ein politischer Trick war, dann war es ein sehr dummer politischer Trick." Er persönlich empfinde den Schritt "als Beleidigung".
Arabische und muslimische Staaten sehen rote Linie
Zahlreiche arabische und muslimische Länder, um deren Unterstützung die US-Regierung im Hinblick auf eine künftige Stabilisierungstruppe im Gazastreifen geworben hatte, betrachten eine Annexion des Westjordanlands durch Israel als rote Linie. In einer gemeinsamen Erklärung verurteilen sie den Beschluss des israelischen Parlaments "mit größter Entschiedenheit".
Neben der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit unterzeichneten unter anderem auch Ägypten, Saudi-Arabien, Katar, Jordanien, Indonesien, Pakistan und die Türkei das Papier. Die Staaten sprechen von einem "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht".
se/AR/haz (rtr, afp, ap, dpa)