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Politik

"Deutschland ist eines der sichersten Länder"

Kay-Alexander Scholz
2. April 2019

Bundesinnenminister Horst Seehofer zeigt sich zufrieden mit der Kriminalstatistik 2018, denn die Zahl der Straftaten ist zurückgegangen. Sie ist so niedrig wie seit 1992 nicht mehr.

Vorstellung Kriminalstatistik 2018
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Die Polizei in Deutschland hat 2018 erneut weniger Delikte erfasst als in den Vorjahren. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor, die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Berlin vorgestellt hat. Demnach sanken die Straftaten - von Betrug bis Mord - im vergangenen Jahr um rund 200.000 Fälle auf unter 5,4 Millionen Fälle insgesamt, waren es 2017 noch . Das ist der niedrigste Stand seit 1992. Sogenannte "ausländerrechtliche Verstöße" wie Passvergehen oder Verstöße gegen das Asylrecht, sind darin nicht enthalten. Auch die Aufklärungsquote lag 2018 bei bei knapp 57 Prozent - ein historisch guter Wert. Vor allem bei Diebstählen, Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstählen gingen die Werte im Jahresvergleich stärker zurück. Der Anteil von Ausländern an Straftaten "ist praktisch konstant", sagte der Minister: Das sei "anders als in der öffentlichen Wahrnehmung". Er sprach von einem Anteil von nicht deutschen Tatverdächtigen von 30,5 Prozent gegenüber 30,4 Prozent im Jahr 2017.

 "Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt", kommentierte Seehofer die neue Kriminalstatistik. Auch wenn das Gefühl der Verunsicherung zugenommen habe. Das könne sich nur dann ändern "wenn wir die personelle und sachliche Ausstattung der Sicherheitsbehörden weiter verbessern."

So richtig zufrieden zeigte sich der Bundesinnenminister aber nicht. Auch wenn die Daten erfreulich seien, könne erst von einem Erfolg gesprochen werden, wenn der Trend nachhaltig sei. Seehofer nannte dafür eine Zeitspanne von fünf Jahren. Der jetzt 69-jährige wird dann wohl selbst nicht mehr das Amt des Innenministers bekleiden.

Seehofer besorgt über Gewalt gegen Polizisten

Seehofer lenkte die Aufmerksamkeit aber auch auf ein weiteres Thema: Gewalt gegen Polizisten, Rettungskräfte oder Feuerwehrmänner. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung dafür einen extra Straftatbestand eingeführt. Bis dahin fielen diese Übergriffe allgemein unter "Körperverletzung", was wenig präzise war. Um beinahe 40 Prozent habe die "Gewalt gegen die Staatsgewalt" zugenommen, so Seehofer. 2018 habe es 34.000 solcher Übergriffe gegeben. Dies liege auch an einer geänderten Gesetzeslage und der genaueren Erfassung dieser Delikte.

Die in Bodycam-Aufnahmen dokumentierte Aggressivität sei "grauselig" und zeigten einen inakzeptablen Zustand. Es müsse zur Staatsräson gehören, dass gegen Polizisten kein Widerstand geleistet werde. Er werde bei diesem Thema "massiv einsteigen", kündigte Seehofer an. "Wir müssen die schützen, die uns schützen!" Hier müsse es eine stärkere gesellschaftliche Ächtung geben.

Das Darknet soll ins Visier genommen werden

Der Innenminister betonte widmete sich ebenfalls dem Thema Cyberkriminalität. Das Internet erleichtere Rauschgiftkriminalität und Kinderpornografie. Das Darknet sei ein Dreh- und Angelpunkt dafür. Dort seien die Gewinne hoch und das Entdeckungsrisiko gering. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der erfassten Missbrauchsfälle von Kindern um 6,7 Prozent von 11.547 auf 12.321, die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen nahm um 5,4 Prozent auf 9357 zu.

Hier gelte es "Strafbarkeitslücken" zu schließen. Der Betrieb solcher Plattformen müsse unter Strafe gestellt werden und die Polizeiarbeit müsse modernisiert werden. 

Dunkelziffer wird auch erforscht

Doch auch Statistik hat Grenzen. Eine besteht darin, dass nur die Fälle aufgelistet werden, bei denen es zu einer Anzeige gekommen ist. Manchmal sind das auch Fälle aus dem Jahr zuvor. Eine andere Schwäche ist, dass es eine Dunkelziffer gibt. Das sind die nicht angezeigten Straftaten.

Rechts: Bundesinnenminister Horst Seehofer, links: BKA-Chef Holger MünchBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Um das "Dunkelfeld", wie es heißt, besser ausleuchten zu können, wurde in Berlin eine weitere neue Statistik vorgestellt. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat - wie zuletzt 2012 - repräsentativ 31.000 Bürger über 18 Monate zu ihrem subjektiven Sicherheitsempfinden befragt. Das brachte interessante Ergebnisse, wie BKA-Chef Holger Münch ausführte:

  • Weniger als ein Prozent der Befragten sei Opfer von größeren Delikten geworden.
  • Vor allem bei Cyberkriminalität und bei Betrugsfällen würde auf eine Anzeige verzichtet, hier sei also von einem hohen Dunkelfeld auszugehen.
  • Neun Prozent der Befragten rechnen damit, Opfer eines Terroranschlags zu werden.
  • Unsicher im eigenen Wohnumfeld fühlten sich laut Befragung 21,4 Prozent. Das sei ein "spürbarer Anstieg", denn im Jahr zuvor lag diese Zahl bei 7,3 Prozent, so Münch. Überdurchschnittlich sei das Unsicherheitsgefühl bei Frauen und Migranten und generell in Ost-Deutschland.

"Tag der Studien" - Ergänzende Zahlen vorgestellt

Zur Situation in Ostdeutschland wurde in Berlin am Dienstag eine weitere Studie vorgestellt: Die Daten stammen von den dortigen Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt. 1212 Fälle wurden dort registriert - noch einmal acht Prozent mehr als im Jahr 2017. Darunter fallen auch antisemitische Übergriffe.

Ebenfalls am Dienstag gab es neue Zahlen zu einem Kriminalitätsbereich, der nicht in der Polizeistatistik aufgeführt wird. 2018 wurden bundesweit 813 Übergriffe gegen Muslime und Moscheen registriert. Die Zahl ist damit geringer als im Vorjahr. Damals waren es 950 Delikte; die Zahl der dabei Verletzten stieg jedoch von 32 auf 54. Eine Abgeordnete der Linkspartei, Ulla Jelpke, hatte dazu eine kleine Anfrage dazu gestellt. Die Bundesregierung verweist darauf, dass durch Nachmeldungen die endgültigen Zahlen noch höher liegen dürften. Ulla Jelpke, die die Anfrage gestellt hatte, geht auch von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus: "Islamfeindlichkeit äußert sich auf vielfältige Weise. Die in der Statistik enthaltenen Straftaten sind nur die Spitze des Eisbergs, denn viele alltägliche Übergriffe, Beleidigungen und Diskriminierungen gegen Muslime werden gar nicht erst erfasst."

Bei fast allen diesen Straftaten wird davon ausgegangen, dass es sich bei den Tätern um Rechtsextremisten handelt. Es ging dabei um Nazischmierereien, Drohbriefe, Beleidigungen, Sachbeschädigung und Volksverhetzung. Über die Höhe des Schadens konnte das Ministerium keine Angaben machen.

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