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Politik

Deutschland kämpft gegen getrennte Nationen

Fabian von der Mark
29. Dezember 2018

Deutschland sitzt ab 2019 für zwei Jahre im UN-Sicherheitsrat. Zu einem Zeitpunkt, da die Vereinten Nationen unter Druck sind, will die Bundesregierung sie stärken - gemeinsam mit den anderen Europäern.

Bundesaußenminister Maas bei den Vereinten Nationen
Der deutsche Außenminister Heiko Maas (li.) mit UN-Generalsekretär Antonio GuterresBild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Deutschland im Sicherheitsrat

02:42

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Von allen Seiten wurde Heiko Maas im Juni in New York gratuliert. Der deutsche Außenminister hatte gerade das Abstimmungsergebnis für sein Land gehört. Mit großer Mehrheit wurde Deutschland in den UN-Sicherheitsrat gewählt. Kurz danach versprach Heiko Maas der Welt, dass Deutschland "der Verantwortung, die damit einhergeht" gerecht werden wolle, sich "nicht wegducken" wolle, sondern "Farbe bekennen".

Was das genau bedeutet, wird seitdem von der Bundesregierung ausbuchstabiert. Für Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, geht es um nicht weniger als um die Idee der UNO selbst. Deutschland gehe es um den Kampf für Verträge und Absprachen oder - wie es in der deutschen Diplomatie heißt: die regelbasierte Ordnung. "Diese Ordnung ist in Gefahr. Von vielen Seiten wird sie in Frage gestellt. Wir müssen diese Ordnung gemeinsam verteidigen mit Partnern, mit Freunden", sagt Niels Annen.

Europe United statt America first

Freunde sind für Deutschland dabei alle, die auch weiterhin Probleme gemeinsam lösen und an vereinbarten Lösungen festhalten wollen. Damit stellt sich Deutschland gegen die USA Donald Trumps, der unter der Anti-UN-Losung "America first" internationale Abkommen gekündigt hat oder gegen Wladimir Putins Russland, das völkerrechtswidrig gegen die Ukraine vorgegangen ist. Intensiviert werden soll vor allem die Zusammenarbeit mit den anderen Europäern im Sicherheitsrat.

Donald Trump kündigte 2018 den Iran-Deal und das Klima-Abkommen - die EU will an beiden Vereinbarungen festhaltenBild: Reuters/C. Barria

Neben Deutschland sind im neuen Jahr noch Belgien und Polen als nicht-ständige Mitglieder im Sicherheitsrat vertreten, dazu die ständigen Mitglieder Frankreich und Großbritannien. Vor allem mit Frankreich stimmt sich Deutschland eng ab. Die beiden europäischen Nachbarländer haben im März und April den Vorsitz im Sicherheitsrat und wollen die beiden Monate in einer "jumelage", einer Partnerschaft, inhaltlich eng verbinden. Aber auch mit Polen und Belgien haben sich deutsche Diplomaten in den vergangenen Wochen inhaltlich abgesprochen.

Und auch mit den Sicherheitsratsmitgliedern von 2018, Niederlande und Schweden, ist Deutschland im Kontakt. Man hat eine Art "Stabwechsel" vorbereitet, sagt Detlef Dzembritzki von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN). "Ich kann aus langer Erfahrung sagen: Es ist eine gute Tradition, dass, wenn die Deutschen im Sicherheitsrat sitzen, sie sich insbesondere um europäische Kooperation und Koordination bemühen."

Europäischer Sitz im Sicherheitsrat?

Im Laufe des Jahres gab es verschiedene Ideen, einen europäischen Sitz im Sicherheitsrat zu installieren. Diskutiert wurde, den französischen, ständigen Sitz in einen EU-Sitz zu verwandeln - Frankreich war dagegen-, oder den nicht-ständigen zu einem europäischen Sitz zu machen. Niels Annen wünscht dazu langfristig eine Debatte und verspricht für die nächsten Jahre, dass Deutschland eine Vorbildrolle einnimmt: "Wir müssen gemeinsam agieren und deswegen ist die Europäische Union, Europe United, wichtiger denn je."

Für die europäische Einheit während der deutschen Zeit im Sicherheitsrat könnte vor allem die Frage von Krieg und Frieden eine Belastungsprobe werden - wie in der Vergangenheit. Als Deutschland 2011 im höchsten UN-Gremium war, stand die Abstimmung über Militärschläge gegen Libyen an. Deutschland entschied sich anders als Großbritannien und Frankreich dagegen. Und auch im April dieses Jahres beteiligte sich Deutschland - anders als die europäischen Partner - nicht an Luftschlägen gegen das Assad-Regime in Syrien.

Auch wenn Deutschland sich in beiden Fällen nicht an den Militäraktionen beteiligt hat -  verstecken müsse sich Deutschland auch in Sicherheitsfragen nicht, sagt Niels Annen: "Deutschland ist einer der größten und wichtigsten Truppensteller der Vereinten Nationen." In Mali etwa würden deutsche Soldaten im Rahmen des MINUSMA-Mandats "die Idee der Vereinten Nationen stärken", indem sie helfen, ein Friedensabkommen umzusetzen. 

Deutschland beteiligt sich am UN-Einsatz MINUSMA in MaliBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Fünf Europäer und nur ein Afrikaner

Als Ort des MINUSMA-Einsatzes ist Afrika für Deutschland wichtig. Im Sicherheitsrat ist Afrikas Repräsentation mit nur drei Mitgliedern bei fünf europäischen Staaten "nicht völlig unproblematisch", sagt Dzembritzki: "Die Frage, inwieweit die internationale Gemeinschaft sich wiederfindet und wer deren Interessen wahrnimmt - das wird auch für Deutschland eine große Rolle spielen." Deutschland will weiter an einer UN-Reform arbeiten, macht aber auch bei den Themen klar, wie wichtig Afrika für Berlin ist.

So will Deutschland sich für die Nachhaltigkeitsziele (Agenda 2030) und für mehr afrikanische Frauen in Führungspositionen einsetzen. Berlin will das Thema Klimawandel und Sicherheit thematisieren und sich gegen die Beteiligung von Kindern in bewaffneten Konflikten einsetzen. Auch die Kleinwaffen-Verbreitung oder den exzessiven Antibiotika-Gebrauch will Deutschland auf die Tagesordnung setzen. "Nur auf Krisen zu warten, das ist zu wenig im Sicherheitsrat", sagt Detlef Dzembritzki.

Jemen, Syrien, Ukraine - gut vorbereitet

Aber auch bei den großen Krisen könnte Deutschland auf UN-Ebene eine Rolle spielen. Einen UN-Friedenseinsatz in der Ostukraine will Deutschland voranbringen, im Jemen will Deutschland den UN-Sondergesandten unterstützen und beim Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser (UNRWA) will Berlin die Löcher stopfen, die Donald Trump aufreißt. Niels Annen sagt: "Wir sind auch vorbereitet auf das, was uns erwartet in einer unruhigen Welt, und ich glaube, wir sind gut vorbereitet."

Zuletzt war der Sicherheitsrat immer wieder gespalten, mal hat Russland, mal haben die USA mit einem Veto wichtige Entscheidungen blockiert. Von einem Abgesang auf das höchste UN-Gremium wollen aber weder Annen noch Dzembritzki etwas wissen. Für Annen sind die Vereinten Nationen "das Zentrum der internationalen Politik" und Dzembritzki sieht, dass die UN, etwa mit dem Flüchtlingshilfswerk, Dinge machten, "die eine Nation alleine nie bewältigen könnte". Nicht getrennte, sondern Vereinte Nationen - diesen Geist will Deutschland befördern.

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