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Deutschland: Reichen die Gasvorräte auch nächsten Winter?

Brigitte Scholtes
21. Februar 2023

Eine Gasmangellage droht in dieser Heizperiode nicht mehr. Darin sind sich die Experten einig. Doch nach dem Winter ist vor dem Winter. Und sogar für den Winter 2023/2024 wächst inzwischen der Optimismus. Zu Recht?

Die blaue Flamme eines Gasherdes, auf dem ein Topf steht
Ein Topf auf einem GasherdBild: Florian Gaertner/photothek/imago images

Wegen des milden Wetters der vergangenen Tage ist zwischenzeitlich sogar wieder Gas eingespeichert worden. Der Füllstand lag zu Beginn der Woche bei 71,3 Prozent. Ziel der Bundesregierung war es, für Anfang Februar einen Füllstand von 40 Prozent zu erreichen, doch tatsächlich lag er da fast doppelt so hoch.

So gibt auch Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, für diesen Winter Entwarnung. Doch er denkt schon weiter: "Alles, was wir jetzt in den Gasspeichern behalten, hilft uns bei der Vorbereitung eben auf den nächsten, übernächsten Winter", sagte er am Wochenende im Deutschlandfunk.

Jetzt müsse man die Weichen stellen, um sich darauf vorzubereiten - bei den Heizungsanlagen zu Hause, bei Substitutionsprozessen oder Transformationsprozessen in der Industrie: "Das kann man schaffen, aber man muss sich dafür eben mächtig anstrengen."

Entspannung an der Preisfront

Die Ökonomen der Deutsche Bank Research sehen das etwas entspannter. Sie rechnen damit, dass im Juli die Gasspeicher wieder voll sind. Denn wenn die Industrie weiter so wenig Gas nachfrage, dürften die Füllstände im ausgehenden Winter dieses Jahres auf 60 Prozent fallen und im späten Winter 2023/2024 auf 70 Prozent. Sollte die Gasnachfrage wieder auf das Niveau der letzten Jahre klettern, wären die Gasspeicher dann immer noch zu 30 Prozent gefüllt, rechnen Marion Mühlberger und Eric Heymann von der Deutsche Bank Research vor. Der Gaspreis war in den letzten Wochen deutlich gesunken auf etwa 50 Euro je Megawattstunde. Auf dem Höhepunkt Ende August hatte der Großhandelspreis an der niederländischen TTF-Börse bei 346 Euro gelegen.

LNG aus Übersee: das mit verflüssigtem Erdgas beladene Tankschiff "Maria Energy" am Terminal in WilhelmshavenBild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Allein aus den Gasspeichern kann Deutschland natürlich nicht über den Winter kommen. Denn Erdgas wird nur in sehr geringen Mengen gefördert. Importe sind weiterhin nötig, die nach dem Stopp der Lieferungen aus Russland vor allem aus Norwegen, den Niederland und Belgien kommen.

Außerdem fließt inzwischen das erste Flüssiggas, nachdem die ersten von sechs geplanten LNG-Terminals in Betrieb sind. Das eine in Wilhelmshaven speiste kurz vor Weihnachten erstmals Gas ins Netz, das zweite in Elbehafen ist seit dem 20. Januar in Betrieb und speist seit Mitte Februar ebenfalls Gas ein. Gut 150 Gigawattstunden waren das nach den aktuellen Daten der Bundesnetzagentur am 16. Februar, das war aber nur ein Anteil von gut fünf Prozent an den insgesamt 3000 an diesem Tag importierten Gigawattstunden.

Schnell mehr erneuerbare Energien

Vollständig entspannen dürfen die Europäer sich noch nicht, es bleiben Risiken. Denn sollte China sich wirtschaftlich weiter erholen, dann benötigt es in den kommenden Monaten mehr LNG. Und Deutschland könnte das Nachsehen haben. Zum einen wird LNG dann wegen der hohen Nachfrage voraussichtlich teurer, außerdem könnte das Flüssiggas dann knapp werden.

Wie gut die Gasversorgung im kommenden Winter ist, hängt natürlich auch von den Temperaturen ab. Außerdem liefert Russland durch die Pipelines über die Ukraine und die Türkei (Turkstream) immer noch knapp 13 Prozent (Stand November 2022) des Erdgases, das aktuell in der Europäischen Union verbraucht wird.

Sollte Russland diese Lieferung stoppen, müsste dieser Anteil ebenfalls anderweitig beschafft werden. Technische Störungen an den Pipelines in Norwegen und Algerien seien ein weiteres Risiko für die Gasversorgung, heißt es in der Deutsche Bank-Studie. Ziel der EU ist es jedoch, möglichst schnell den Anteil der Erneuerbaren Energien hochzufahren. Doch nicht alle Industrien können vollständig auf Erdgas verzichten - so etwa die Chemieindustrie, die Erdgas nicht nur als Energie, sondern auch als Ausgangsstoff für die Produktion nutzt.

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