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Politik

Deutschland sagt Plastikmüll den Kampf an

Fabian von der Mark
26. November 2018

Riesige Plastikteppiche schwimmen in den Weltmeeren. Der Müll ist eine Gefahr für Menschen und Tiere. Deutschland will etwas dagegen tun – weltweit.

Indonesien gestrandeter Pottwal mit Plastik im Bauch
Bild: picture-alliance/AKKP/M. Tassakka

Der tote Pottwal geht Svenja Schulze nicht mehr aus dem Kopf. Letzte Woche hat die deutsche Umweltministerin von einem Wal gehört, der in Indonesien mit sechs Kilo Plastik im Bauch gefunden wurde: 115 Plastikbecher, 25 Plastiktüten, vier Plastikflaschen, zwei Flip-Flops und über tausend weitere Plastikteile. Weil der Wal kein Einzelfall ist, sagt Schulze: "Wir brauchen eine Trendwende im Umgang mit dem Plastikmüll".

Gefordert hat Deutschland das auf Konferenzen und Treffen schon lange, war als "Agendasetter" auch erfolgreich, wie die Umweltministerin sagt. Aber die Absprachen bei G7- und G20-Treffen reichen der Bundesregierung nicht mehr. Ab jetzt will Deutschland auch praktisch dabei helfen, die Vermüllung durch Plastik weltweit zu stoppen. 50 Millionen Euro stellt das Umweltministerium dafür in den nächsten zehn Jahren zur Verfügung.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze setzt auf internationale Zusammenarbeit und Aufklärung Bild: DW/F. von der Mark

Wo das Geld eingesetzt werden muss, ist für Deutschland auch klar. Ein Großteil des Plastikmülls kommt aus Flüssen in Asien, der längste ist dabei auch der schmutzigste: der Jangtse-Fluss fließt vom Hochland Tibets vorbei an Großstädten wie Shanghai ins Ostchinesische Meer. Auf dem Weg landen Plastikflaschen, Planen und Tüten im Wasser – auch weil vor Ort weder Müll gesammelt noch verwertet wird.

Da könnte Deutschland mit seinem Knowhow den Ländern helfen. Das Schulze-Ministerium will sich an die Staaten wenden, "die am stärksten betroffen sind", sagt die Umweltministerin. Länder wie Indien, China und Bangladesch, die an den schmutzigsten Flüssen liegen, könnten dann von deutscher Technologie profitieren. Sie sollen bei der umweltfreundlichen Entsorgung von Plastikabfällen unterstützt werden. Aber Deutschland will auch im eigenen Land mit gutem Beispiel vorangehen.

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf haben 1350 Flüsse weltweit untersucht

Deutschland hat einen 5-Punkte-Plan

Die Bundesumweltministerin hat dazu einen 5-Punkte-Plan präsentiert, mit dem der Plastikmüll in Deutschland reduziert werden soll. Schulze will "raus aus der Wegwerfgesellschaft" und auch dem Rest der Welt zeigen, wie man mit weniger Plastik gut leben kann. Denn, so Schulze: "Auch wenn wir es gar nicht wollen, exportieren wir unsere Konsummuster in Schwellen- und Entwicklungsländer". Die Punkte beinhalten Maßnahmen, um Plastikmüll zu vermeiden oder weiter zu verwerten.

  • Deutschland unterstützt das EU-weite Verbot von Einweg-Plastikprodukten (Trinkhalme, Plastikgeschirr, Wattestäbchen).
  • Das Umweltministerium will den Handel davon überzeugen, auf unnötige Verpackungen zu verzichten (zum Beispiel Folien um Gurken und Bananen).
  • Es soll noch einfacher werden, auf Wasserflaschen aus Plastik zu verzichten. In deutschen Städten soll es mehr Nachfüllstationen für eigene Flaschen geben.
  • Die Hersteller sollen belohnt werden, die für ihre Produkte Recycling-Material verwenden, oder für Verpackungen, die sich gut recyceln lassen.
  • Recyclingprodukte sollen auch durch öffentliche Investitionen gestärkt werden. Plastik soll aus dem Biomüll herausgehalten werden.
  • Svenja Schulze: "Bananen haben schon eine biologisch abbaubare Verpackung – die Bananenschale“Bild: Reuters/L. Niesner

Doch Verbindliches enthält der 5-Punkte-Plan über das EU-Verbot hinaus nicht. Schulze setzt beim Plastikmüll weiter auf Dialog. Für die Umweltpolitikerin Bettina Hoffmann von den Grünen ist der Plan deshalb eine "bittere Enttäuschung". Der DW sagte Hoffmann, sie vermisse ein "verbindliches Abfallvermeidungsziel". Die Umweltministerin hält die deutsche Erfahrung bei Plastiktüten entgegen - da habe der Dialog in zwei Jahren den Tütenverbrauch um zwei Drittel reduziert.

Tütenverbote in Afrika und Asien

Andere Staaten sind da rigoroser vorgegangen – gerade in Afrika. In Ruanda wurde die Plastiktüte schon vor zehn Jahren verboten. Mit drakonischen Strafen und einer scharfen Überwachung ist es dem afrikanischen Staat gelungen, die Tüte praktisch aus dem Alltag zu verbannen. Kenia und Südafrika sind beim Tütenverbot nachgezogen. Versucht hat es auch Bangladesch: Das Plastik-Verbot dort hat zwar die Situation verbessert, aber gleichzeitig einen Tüten-Schwarzmarkt geschaffen.

Auch wenn Afrika und Asien das größte Plastik-Problem haben – die deutsche Umweltministerin sieht Europa in der Verantwortung, mehr zu machen. "Ich bin nicht bereit zu sagen, das Meeresmüllproblem hat mit uns nichts zu tun", so Schulze. Ihr 5-Punkte-Plan sei für Deutschland wichtig, die internationalen Maßnahmen könnten aber den Unterschied machen, so Schulze: "Das Plastik im Magen des Pottwals lässt sich nur auf globaler Ebene bekämpfen".

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