UN Syrien
22. November 2011Am Dienstag (22.11.2011) verabschiedete der Ausschuss der UN-Vollversammlung in New York die Resolution, mit der das Regime in Damaskus weiter unter Druck gesetzt werden soll. In dem Papier wird die blutige Niederschlagung der Proteste durch die syrische Regierung scharf kritisiert und das sofortige Ende des Blutvergießens durch das Assad-Regime gefordert. Der für Menschenrechtsfragen zuständige "Dritte Ausschuss" der aus allen 193 Mitgliedern bestehenden UN-Vollversammlung kann jedoch nur eine Empfehlung aussprechen, über die die Vollversammlung im Dezember abstimmen soll.
Mitgetragen wurde der unter Federführung deutscher Diplomaten zustande gekommene Resolutionsentwurf unter anderen von Katar, Saudi-Arabien, Jordanien und Marokko. Mit der Unterstützung dieser arabischen Länder streben Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine Verurteilung Syriens durch die Vereinten Nationen wegen der seit Monaten anhaltenden Gewalt gegen Oppositionelle an.
Die Reaktion aus Damaskus ließ nicht lange auf sich warten: Der syrische UN-Botschafter Baschar Dschafari warf Deutschland und seinen Partnern vor, an einer "Syrien-Phobie" zu leiden und seinem Land auf diplomatischer Ebene den Krieg erklärt zu haben.
Neinsager-Front bröckelt
Vor wenigen Tagen hatte der russische Außenminister nach dem Angriff von syrischen Deserteuren auf einen Komplex des Militärgeheimdienstes in Damaskus erstmals von einem "Bürgerkrieg" gesprochen. Sergei Lawrow hatte daraufhin beide Seiten aufgefordert, in Kairo am Sitz der Arabischen Liga einen Dialog zu beginnen, was die Führung in Damaskus bislang aber ablehnt. In Peking hatte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums in der vergangenen Woche angedeutet, dass China unter bestimmten Umständen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats gegen Syrien unterstützen könnte. Im Oktober hatten Russland und China mit ihrem Veto im Weltsicherheitsrat noch eine Verurteilung Syriens verhindert.
Damit nimmt der internationale Druck auf das syrische Regime weiter zu. So hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag seinen früheren Verbündeten Baschar al-Assad hart attackiert: "Bis zum Tod gegen seine eigenen Leute zu kämpfen ist nicht Heldentum, es ist Feigheit", sagte Erdogan vor Parteimitgliedern in Ankara. Assad solle zum Wohle seines Landes und der Region zurücktreten, ohne dabei noch mehr Blut zu vergießen, forderte der türkische Regierungschef.
"Folter von Gefangenen, auch Kindern"
In der Resolution, deren Wortlaut von der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York veröffentlicht wurde, wird die syrische Regierung dazu aufgefordert, den Friedensplan der Arabischen Liga unverzüglich umzusetzen. Außerdem prangert das Papier die "fortgesetzten gravierenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen" durch die syrische Staatsmacht an. Es ist die Rede von "willkürlichen Hinrichtungen", "exzessivem Gewalteinsatz, der Tötung und Verfolgung von Demonstranten" sowie der "Misshandlung und Folter von Gefangenen, auch Kindern".
Für Manuel Fröhlich, Professor für Internationale Organisationen und Globalisierung an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, ist die Initiative Deutschlands ein ungewöhnlicher Schachzug, um den diplomatischen Druck gegen Syrien zu erhöhen: "In diesem Ausschuss werden eigentlich nur Dinge verhandelt, die auf eine vorherige Berichterstattung zurückgehen. Dies ist dagegen die spontane Aufnahme eines Tagesordnungspunktes auf die Agenda. Das ist sehr selten und wurde vom deutschen Vertreter Wittig auch als einzigartige und spontane Aktion bezeichnet."
Diplomatische Dynamik
Im Dezember soll nun die Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Resolution abstimmen. Konkrete Folgen hätte aber auch das nicht, unterstreicht Politikwissenschaftler Fröhlich: "All diese Akte haben keine völkerrechtlich verbindlichen Folgen. Aber die diplomatische Dynamik, die hier in Gang gesetzt wird, könnte durchaus einen Unterschied machen." Mit Blick auf das Abstimmungsverhalten Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat meint Fröhlich: "Es ist ein etwas ungewöhnlicher, aber durchaus angemessener und cleverer Weg, um die politische Blockade im Sicherheitsrat zu umgehen. Und auf diesem Weg wird dokumentiert, wie die Mehrheit der Staaten der Vereinten Nationen zu den Entwicklungen in Syrien steht."
Dass die Deutschen dabei möglichst viele UN-Mitgliedsstaaten aus Asien und dem Nahen und Mittleren Osten mit ins Boot geholt haben, ist nach Einschätzung des UN-Experten Fröhlich ein klares Plus: "In der Sponsorenschaft der Resolution wird deutlich, dass hier die diplomatischen Hausarbeiten gemacht wurden. Hier sind alle Regionen beteiligt und das ist wichtig für den weltweiten Konsens, auf den man zielt." Außerdem seien Schlüsselstaaten der Region vertreten, darunter wichtige Staaten der Arabischen Liga, deren Forderungen so noch einmal verstärkt von der Internationalen Staatengemeinschaft wahrgenommen würden.
Autor: Thomas Kohlmann
Redaktion: Tamas Szabo