1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pistorius in Kyjiw: "Wir stehen weiter zur Ukraine"

12. Juni 2025

Bei seinem Besuch in Kyjiw verspricht Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius weitere Kooperationen bei der Rüstung. Und lässt sich den Ärger über seine Partei SPD nicht anmerken.

Ukraine Kiew 2025 | Verteidigungsminister Pistorius trifft Wolodymyr Selenskyj in Kiew
Noch einmal 1,9 Milliarden Euro für die Rüstungsindustrie: Boris Pistorius und Wolodymyr Selenskyj am DonnerstagBild: Evgeniy Maloletka/AP Photo/picture alliance

Sehr früh an diesem Donnerstagmorgen steht Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Bahnhof in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw. Eben ist er hier vom deutschen Botschafter Martin Jäger begrüßt worden. Wie immer ist der deutsche Minister nur mit wenigen Begleitern in der Nacht über Polen hierher gereist. Die Zugfahrt war, wie die vielen Reisen deutscher Politiker nach Kyjiw zuvor, nicht angekündigt worden, aus Sicherheitsgründen. Sie findet statt in einer Zeit, in der ukrainische Städte wie nie zuvor seit Kriegsbeginn im Frühjahr 2022 unter den Angriffen von russischen Drohnen leiden.

Und es ist die erste Reise von Pistorius in die Ukraine seit dem Regierungswechsel in Berlin vor etwas mehr als fünf Wochen. Boris Pistorius ist der einzige Minister, der schon in der Vorgängerregierung unter dem früheren Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Amt war, jetzt heißt der Kanzler Friedrich Merz (CDU). Pistorius sagt auf dem Bahnsteig: "Die Reise hat keinen besonderen Zweck. Sie soll vor allem demonstrieren, jetzt nach Beginn der neuen Wahlperiode, dass auch die neue Bundesregierung, dass Deutschland weiter an der Seite der Ukraine steht."

Begrüßung nach nächtlicher Zugfahrt am Bahnhof in Kyjiw: Verteidigungsminister Boris Pistorius (l.) und Deutschlands Ukraine-Botschafter Martin JägerBild: Kay Nietfeld/dpa

Pistorius: "Putin macht einfach mit großer Härte weiter"

Das tut auch Pistorius, der schon seit Jahren keinen Hehl daraus gemacht hatte, dass er die Unterstützung der Ukraine durch die vorherige deutsche Regierung oft nicht genügend fand. Und klar ist auch, wie er über den russischen Präsidenten denkt: "So traurig es ist, es ist ja keine Überraschung, dass Putin in der Zeit, in der andere darüber reden, wann kommt es jetzt zu Friedens- und Waffenstillstands-Verhandlungen, weitermacht mit unverminderter Härte."

Diejenigen, die über mögliche Gespräche mit Russland nachdenken, während Moskau die Waffen sprechen lässt, finden sich gerade jetzt auch in der Partei von Pistorius, bei den Sozialdemokraten. Seit Beginn der Woche macht ein Papier der "Friedenskreise" der Partei Schlagzeilen, denen die Aufrüstung der Bundeswehr mit vielen Milliarden Euro zu weit geht. Der Bundeswehr, für die Pistorius verantwortlich ist.

Unter anderen der frühere SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner zählen zu den rund 100 Unterzeichnern. In dem Papier mit dem Namen "Manifest" heißt es: "Statt immer mehr Geld für Rüstung brauchen wir dringend mehr finanzielle Mittel für Investitionen in Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen." Das Manifest lehnt eine weitere Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ab und plädiert für Gespräche auch mit Moskau.

Selenskyj: "Ich wünschte, Friedrich würde uns Taurus geben"

Das ist keine Rückendeckung für den Besuch von Pistorius in Kyjiw. Noch in Deutschland sagte Pistorius über den Aufruf: "Dieses Papier ist Realitätsverweigerung." In der Ukraine aber lässt er sich seinen Ärger darüber nicht anmerken. Mit Regierungsvertretern spricht er über weitere Kooperationen in Rüstungsfragen. 

Die neue deutsche Regierung von Konservativen und Sozialdemokraten will vor allem über Hilfen für die ukrainische Waffenproduktion sprechen, weniger über die Lieferung deutscher Waffen wie in der Vergangenheit. Der ukrainische  Präsident Wolodymyr Selenskyj aber spricht sehr wohl darüber, just an diesem Donnerstag im Gespräch mit der deutschen "Bild"-Zeitung, dem größten Boulevard-Blatt des Landes. Dort sagt Selenskyj über die viel diskutierte mögliche Lieferung von deutschen Marschflugkörpern: "Ich wünschte, Friedrich würde uns Taurus geben." Aber Friedrich, also Bundeskanzler Friedrich Merz, hält sich bei der Frage nach dieser Waffengattung noch zurück.

Eine Stadt im Krieg: zerstörte russische Panzer in der der ukrainischen HauptstadtBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Das tat dann auch Pistorius selbst auf einer Pressekonferenz mit Selenskyj am Nachmittag in der ukrainischen Hauptstadt. Eine Lieferung des Taurus-Systems, dessen Bereitstellung Kanzler Merz noch als Oppositionschef nicht ausgeschlossen hatte, ziehe die deutsche Regierung nicht in Erwägung, so der Verteidigungsminister. Stattdessen sicherte Pistorius der Ukraine weitere rund 1,9 Milliarden Euro im Rahmen gemeinsamer Rüstungsprojekte zu.

Schon Kanzler Merz hatte bei seinem Antrittsbesuch in der Ukraine kurz nach seiner Wahl im Bundestag dem angegriffenen Land viele Milliarden an Rüstungshilfen versprochen. Mit den neuen Zusagen von Pistorius summieren sich die Versprechen auf fast neun Milliarden Euro allein in diesem Jahr. Selenkyj sagte dazu, zur Zeit brauche die Ukraine vor allem Geld, da die Waffenfabriken im Land selbst nur zu 60 Prozent ausgelastet seien - aus Kapitalmangel.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen