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Politik

Deutschland und China: Schwieriger Dialog

8. November 2016

Zwei Tage haben Vertreter Chinas und Deutschlands über Menschenrechte gestritten. Peking wirft Berlin vor, sich einzumischen - lädt aber die Menschenrechtsbeauftragte ein, chinesische Gefängnisse zu inspizieren.

China Protest Gerichtsprozess Pu Zhiqiang Bürgerrechtler
Mangelnde Menschenrechte - Chinesen protestieren gegen den Prozess gegen einen Bürgerrechtler 2015 in PekingBild: Reuters/K. Kyung-Hoon

Li Junhua wird richtig böse. Der Leiter der Abteilung für internationale Organisationen im chinesischen Außenministerium hat sich bei der Pressekonferenz im Berliner Auswärtigen Amt gerade eine lange Liste von Vorwürfen anhören müssen. Bärbel Kofler, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, lässt nichts aus: China mangele es an Pressefreiheit und Rechtssicherheit, die Regierung unterdrücke religiöse und ethnische Minderheiten und gehe mit einem repressiven Gesetz gegen Nichtregierungsorganisationen vor. Auch den Fall der ehemaligen Deutsche-Welle-Mitarbeiterin Gao Yu, die trotz lebensbedrohlicher Krankheit das Land nicht verlassen darf, erwähnt Kofler.

"Man sollte nicht nur die Bäume sehen, sondern den Wald", entgegnet Li Junhua barsch seine deutsche Kollegin. Das soll wohl heißen: Nicht nur die kritischen Einzelfälle herauspicken, sondern das positive Ganze würdigen. Das kann aber die deutsche Menschenrechtsbeauftragte nicht erkennen. Gerade die Einzelfälle ließen doch Rückschlüsse zu auf das Ganze, kontert sie. Und das sehe sie überhaupt nicht positiv. Ganz im Gegenteil: In den vergangenen Jahren habe sich die Menschenrechtslage in der Volksrepublik drastisch verschlechtert, die Zivilgesellschaft werde immer massiver unterdrückt, Menschenrechtsanwälte ins Gefängnis gesteckt.

Streit und Dialog: Li Junhua und Bärbel KoflerBild: DW/V. Witting

Der Abschluss des zweitägigen 14. Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialogs zeigt aber auch, wo sich beide Seiten einig sind: Ohne Dialog geht es nicht voran.

Ausflug in Flüchtlingsheime

Die SPD-Politikerin Kofler hat Li am ersten Tag seiner Visite mit in ihren Wahlkreis genommen, ins bayerische Traunstein. Gemeinsam haben sie sich dort ein Bild von der Flüchtlingsunterbringung, der praktischen Flüchtlingspolitik in Deutschland gemacht. Li Junhua hat augenscheinlich beeindruckt, wie offen hier die Beteiligten über alle Fragen sprechen - was also Zivilgesellschaft in der Praxis heißen kann.

In der Pressekonferenz war ihm dann aber wichtiger, über die Menschenrechtslage und den Fremdenhass in Deutschland zu sprechen. Auf eine Frage der Deutschen Welle reagierte Li Junhua erbost: Wenn die deutsche Seite immer nur Einzelfälle anspräche, dann empfinde er das als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas".

Einladung ins Gefängnis

Der deutsch-chinesische Dialog lebt, wenn auch sehr kontrovers. Die Idee dazu hatte Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Die jährlichen Treffen sind Teil des seit 2000 stattfindenden Rechtstaatsdialogs beider Länder. Deutschland möchte so langfristig auch dazu beitragen, dass Chinas die Menschenrechte einhält und diesen Prozess kritisch begleiten. Der energische Li Junhua will sich dabei nicht bevormunden lassen und stellt klar: "Zwischen Deutschland und China gibt es keine Beziehung wie zwischen Lehrern und Schülern."

Ob die deutsche Menschenrechtsbeauftragte dieses Gefängnis sehen darf? Das No. 1 Detention Center in PekingBild: picture-alliance/dpa

Für das kommende Jahr hat Li seine Kollegin Kofler zum 15. Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialog in die Volksrepublik eingeladen. Und vielleicht darf sie dann sogar ein Gefängnis besuchen - das hat Li ihr angeboten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert schon seit langem, dass dort schikaniert und gefoltert werde. Verdächtige würden geschlagen, mit Schlafentzug gequält, Nahrung, Wasser und Medikamente würden ihnen oft verweigert - das alles ein Verstoß gegen die UN-Folter-Konvention.

Ob Bärbel Kofler in solche Gefängnisse geführt wird, darf bezweifelt werden. Aber den Dialog abreißen lassen, das wollen - trotz allen Streits - beide Seiten nicht.

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