1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteKosovo

Deutschland und Frankreich wollen im Kosovo vermitteln

1. Juni 2023

Angesichts der jüngsten Zusammenstöße im Norden des Kosovo treffen Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Spitzen der Konfliktparteien. Die Gelegenheit dazu liefert der Gipfel in Moldau.

Zvecan, Kosovo | erneut Proteste von Serben
Frauen befestigen serbische Flaggen an einem Zaun vor dem Rathaus während einer Demonstration in ZvecanBild: Bojan Slavkovic/AP/picture alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron streben ein gemeinsames Gespräch mit der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani und dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic an. Das teilte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Die vier Politiker sollen demnach am Donnerstag am Rande des Treffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft in der Republik Moldau zusammenkommen.

Frankreich und die USA machen die Führung im Kosovo für die Eskalation der Lage verantwortlich. Macron sagte, es gebe "ganz klar eine Verantwortung der kosovarischen Behörden für die derzeitige Situation". Zuvor hatte der US-Botschafter in Pristina, Jeffrey Hovenier, erklärt: "Die Maßnahmen der kosovarischen Regierung (...) haben diese Krisenatmosphäre im Norden geschaffen." Das Kosovo werde nun von einer gemeinsamen Militärübung ausgeschlossen. Betroffen sei das Manöver Defender 23, an dem von April bis Juni 20 Länder teilnehmen. "Für das Kosovo ist diese Übung vorbei", sagte er örtlichen Medien.

Im März hatte Brüssel angekündigt, dass die Regierungen beider Länder ein Abkommen über die Normalisierung ihrer Beziehungen erzielt hätten. Dieses ist aber bislang weder von Belgrad noch von Pristina unterzeichnet worden. Macron kritisierte Pristina dafür, dass dieses Abkommen nicht eingehalten werde.

Belgrad erkennt Unabhängigkeit des Kosovo nicht an

Das Land hat 1,8 Millionen Einwohner. Mit seiner mehrheitlich ethnisch-albanischen Bevölkerung erklärte es im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien, wird aber von Belgrad bis heute als serbische Provinz betrachtet. Rund 120.000 Serben leben im Kosovo, vor allem im Norden. Auch andere Länder, darunter Serbiens Verbündete China und Russland, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an.

Die Demonstranten in der nördlichen Stadt Zvecan stellten eine mehr als 200 Meter lange serbische Flagge zur Schau, die sich vom Verwaltungsgebäude bis in das Zentrum der Stadt erstreckte. Auch trugen sie eine Fahne zu Ehren des in Belgrad geborenen Tennis-Stars Novak Djokovic. Er hatte bei den French Open eine Botschaft auf eine Fernsehkamera geschrieben, in der er das Kosovo als "Herz Serbiens" bezeichnet hatte.

Die Demonstranten halten in Zvecan eine riesige Flagge Serbiens hoch Bild: Bojan Slavkovic/AP/picture alliance

Soldaten der internationalen Schutztruppe KFOR bildeten nach Angaben eines Journalisten der Nachrichtenagentur afp einen Ring um das Gebäude und riegelten den Umkreis zusätzlich mit einem Metallzaun und Stacheldraht ab. Die Protestteilnehmer behängten auch den Zaun mit serbischen Flaggen. Drei Fahrzeuge der kosovarischen Polizei waren weiterhin vor dem Gebäude zu sehen.

Proteste flauen vorerst ab

Später löste sich ein erneuter Protest hunderter serbischer Demonstranten vor der Stadtverwaltung in Zvecan auf. Nach einer Meldung des staatlichen Fernsehsenders RTS wird für diesen Donnerstag jedoch die Rückkehr der Demonstrierenden erwartet. Sie fordern den Abzug der kosovarischen Sicherheitskräfte aus der mehrheitlich von Serben bewohnten Region und die Absetzung der ethnisch-albanischen Bürgermeister.

Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti hatte die Bürgermeister in der vergangenen Woche in ihre Ämter berufen - entgegen der Appelle der EU und der USA, die Spannungen in der Region abzubauen statt anzuheizen.

Umstrittene Bürgermeister

Vorangegangen waren Kommunalwahlen, die die kosovarischen Behörden am 23. April abgehalten hatten. Die ethnischen Serben, die im Norden die Mehrheit der Bevölkerung stellen, boykottierten die Wahlen allerdings weitgehend, so dass die albanischstämmige Minderheit trotz einer Wahlbeteiligung von weniger als 3,5 Prozent die Kontrolle über die Gemeinderäte übernahm. Auch in mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden gewannen ethnisch-albanische Bürgermeisterkandidaten.

Zusammenstöße zwischen KFOR-Soldaten und serbischen Aktivisten in ZvecanBild: Laura Hasani/REUTERS

Bei Protesten am Montag in Zvecan kam es schließlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und Soldaten der internationalen Schutztruppe KFOR, seit 1999 auf der Basis eines UN-Mandats für Sicherheit sorgen soll. 30 der Soldaten wurden verletzt, deutsche Soldaten waren nicht darunter. Auch 52 Protestteilnehmer erlitten Verletzungen.

Die USA und die EU verurteilten die Gewalt scharf. Die NATO reagierte mit einer Verstärkung der KFOR. Derzeit sind etwa 4000 Soldaten der KFOR in der Region stationiert, 700 weitere sollen nun dazukommen. Dagegen stellte sich Russland am Mittwoch hinter seinen Verbündeten Serbien. "Wir unterstützen Serbien und die Serben bedingungslos", sagte der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau.

kle/wa (afp, rtr)