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Merkel besucht Indien

29. Mai 2011

Deutschland und Indien nahmen vor sechzig Jahren diplomatische Beziehungen auf. Diese haben seit dem Aufbau einer "strategischen Partnerschaft" an Tiefe gewonnen. Nun besucht Bundeskanzlerin Merkel erneut Indien.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht mit Premierminister Manmohan Singh. (Foto: AP)
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem letzten Indien-Besuch mit Premierminister Manmohan SinghBild: AP

Der indische Premier Manmohan Singh war in den vergangenen fünf Jahren gleich zwei Mal in Deutschland: 2006 und 2010. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte bei seinem letzten Besuch die gute wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder und die Kooperation im Bereich Forschung und Technologie-Entwicklung. "Diese Zusammenarbeit wollen wir stärken", betonte sie: "Und wir wollen auch unsere sicherheitspolitische Zusammenarbeit ausbauen, denn Indien ist ein Land, dass immer wieder unter dem Terrorismus zu leiden hat." Zudem soll das Außenhandelsvolumen bis 2012 auf 20 Milliarden Euro wachsen. Zum Vergleich: 1990 lag der bilaterale Handel bei nur 2,7 Milliarden Euro.

"Fokus verschiebt sich zugunsten Indiens"

Die Regierungschefs von China und Indien: Deutschlands Blickwinkel verschiebt sichBild: AP

Die deutsche Bundeskanzlerin wird nun ab dem 30. Mai 2011 nach vier Jahren erneut Indien besuchen. Der Politikwissenschaftler Rajendra Kumar Jain von der Jawaharlal-Nehru-Universität in Neu Delhi glaubt, dass der Besuch von Angela Merkel in Indien den bilateralen Beziehungen eine neue Tiefe verleihen wird: "Wir sehen, dass sich der Blickwinkel Deutschlands auf Asien verändert. Denn bisher lag bei den meisten europäischen Staaten der Fokus auf China. Wir sehen, dass sich das Image Indiens gewandelt hat. Die strategische Partnerschaft, die Indien und Deutschland vor einigen Jahren eingegangen sind, hat diesen Prozess noch beschleunigt."

Dies sei vor allem jetzt interessant, so der Politikwissenschaftler, da beide Länder gemeinsam nicht-ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sind und auf Reformen in der UN drängen, um ständige Mitglieder zu werden.

Deutschlandjahr und Preisverleihung

Deutschland und Indien wollen ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat werdenBild: AP/Montage: DW

Anlässlich der vor sechzig Jahren aufgenommenen diplomatischen Beziehungen wird Angela Merkel auf ihrer Reise auch den Startschuss für das Deutschlandjahr in Indien geben. Ein Jahr lang wird sich Deutschland in Indien in den unterschiedlichsten Formen präsentieren: durch politische Foren, kulturelle Veranstaltungen, Vorstellungen von Innovationen aus Forschung und Technologie oder Sportevents. Die Bundeskanzlerin wird zudem zum ersten Mal gemeinsam mit Premierminister Manmohan Singh und der deutschen Delegation an einer Kabinettssitzung teilnehmen.

Ein weiterer Höhepunkt der Reise: Merkel erhält den renommierten Jawaharlal-Nehru-Preis. Er gehört zu den höchsten politischen Auszeichnungen der indischen Regierung und ist mit zehn Millionen Rupien (etwa 150 000 Euro) dotiert. Damit werde Merkels "enormer persönlicher Einsatz für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung, gute Regierungsführung sowie die Schaffung einer Welt, die in der Lage ist, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern, geehrt", so die indische Regierung im Vorfeld. Der Preis wurde unter anderem schon Helmut Kohl, der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus Birma und dem südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela verliehen und gilt als wichtige symbolische Geste.

Stabilitätsgarant in unruhiger Region

Unruhige Region: Nach einem Taliban-Anschlag in Peschawar, PakistanBild: AP

Doch trotz aller Harmonie gebe es immer noch Reibungspunkte zwischen Indien und Deutschland, betont Deutschlandexperte Rajendra Kumar Jain: "Ein wichtiger Konfliktpunkt, der bisher ungelöst ist, besteht darin, wie mit dem Klimawandel umzugehen ist. Deutschland ist führend, wenn es um nachhaltige Entwicklung und erneuerbare Energien geht. Indien ist aber in vielerlei Hinsicht noch ein Entwicklungsland. Deshalb ist der Blickwinkel auf diese Problematik anders und damit auch die indische Politik." Ein weiteres Diskussionsthema sei die Wahl eines neuen Chefs des Internationalen Währungsfonds. Schon lange fordert Indien, dass endlich auch die Schwellenländer mit ihren Kandidaten berücksichtigt werden sollten.

Nicht umsonst, so Politikwissenschaftler Rajendra Kumar Jain, ist es für Deutschland wichtig, sich derzeit intensiv um Indien zu bemühen. Indien als Nuklearmacht und größte Demokratie der Welt gilt als Stabilitätsgarant in einer mit Pakistan und Afghanistan extrem unruhigen Weltregion. In Afghanistan sind tausende deutscher Soldaten stationiert.

2010 besuchten mit dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, dem britischen Premier David Cameron, dem chinesischen Premierminister Wen Jiabao und dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew gleich fünf Staats- und Regierungschefs führender Nationen Indien. Indien als verlässlicher Partner ist auch in vielen internationalen Organisationen gefragt. Vielleicht braucht Deutschland Indien bald mehr, als derzeit Indien Deutschland braucht.

Autorin: Priya Esselborn

Redaktion: Ana Lehmann