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Politik

"Eine neue Phase der Beziehung"

4. Oktober 2018

Der Iran und Sorge um Antisemitismus in Deutschland - Themen, die die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen bestimmt haben. Das deutsch-israelische Verhältnis ist etwas besonderes, da sind sich die Partner einig.

Israel Jerusamel - Angela Merkel trifft Benjamin Netanyahu
An einem Tisch - Angela Merkel, Benjamin Netanjahu (mit dem Rücken zur Kamera) und ihre KabinetteBild: Reuters/O. Balilty

Die zweitägigen israelisch-deutschen Konsultationen in Jerusalem sind mit einer gemeinsamen Erklärung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Ende gegangen. In dem Dokument wird unter anderem eine starke und lebendige Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel gewürdigt. Mit Blick auf einen wachsenden Antisemitismus in der Bundesrepublik wird die Einrichtung eines deutsch-israelischen Jugendwerks angestrebt. In der Erklärung zum zehnten Jahrestag dieser gemeinsamen Beratungen wird auch ein Ausbau der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Wissenschaft vereinbart.

Diskussionsthema Iranpolitik

Das andere große Thema der Gespräche in Israel, an denen fast das gesamte Bundeskabinett teilnahm, war das Atomabkommen mit dem Iran. Dabei wurden die unterschiedlichen Positionen bezüglich der Vereinbarung deutlich. Israel forderte Deutschland dazu auf, sich im Kampf gegen eine nukleare Aufrüstung des Iran an seine Seite zu stellen.

Bei einem Treffen mit Kanzlerin Merkel kritisierte der israelische Präsident Reuven Rivlin die Europäische Union für den Handel mit Israels Erzfeind Teheran. Rivlin rief Europa dazu auf, sich neuen Sanktionen gegen den Iran anzuschließen. "Das iranische Monster muss ausgehungert, nicht gefüttert werden." Nur so lasse sich globale Stabilität gewährleisten. "Wir bitten Deutschland, sich an unsere Seite zu stellen, in der Forderung, das iranische Atomprogramm zu überwachen, und es dem Iran nicht zu erlauben, gegen seine Zusagen zu verstoßen", sagte Rivlin. Grundsätzlich einig sind sich beide Staaten bei dem gemeinsamen Ziel, eine nukleare Bewaffnung des Iran verhindern zu wollen. Das betonten Merkel und Rivlin.

Unterschiedliche Meinungen beim Atomabkommen

Bei einem Treffen mit Studenten in Jerusalem sagte Merkel, sie sei sich mit der israelischen Regierung völlig einig, dass eine nukleare Bewaffnung des Iran verhindert werden müsse. Allerdings sei man sich über den Weg dahin nicht einig. Die Bedrohung Israels durch den Iran habe deutlich zugenommen. Im syrischen Bürgerkrieg stünden iranische Truppen direkt hinter den Golanhöhen.

Das 2015 geschlossene internationale Atomabkommen mit dem Iran ist einer der zentralen Konfliktpunkte zwischen den Regierungen Deutschlands und Israels. Der israelische Regierungschef Netanjahu wirft Merkel einen zu sanften Kurs gegenüber Teheran vor. Das Abkommen spüle Milliarden an Dollar in die Hände der Regierung in Teheran, die den islamistischen Terrorismus fördere, so Netanjahu. Deutschland und andere EU-Staaten wollen das Abkommen im Gegensatz zu den USA retten. US-Präsident Donald Trump hat den Vertrag gekündigt und erwartet, dass die EU ihm dabei folgt.

Ehrendoktorwürde für Merkels Führungsstil

Die Universität Haifa verlieh der Kanzlerin am Donnerstagmorgen eine Ehrendoktorwürde. Die Hochschule begründete die Ehrung mit dem Führungsstil der Kanzlerin, der auf den Prinzipien von Gleichheit, Freiheit und Menschenrechten basiere. Merkel nannte die mit Israel aufgebaute Freundschaft bei der Verleihung im Israel-Museum ein "unschätzbares Geschenk", gerade vor dem Hintergrund des Holocaust.

Ehrendoktorwürde der Universität Haifa für die KanzlerinBild: Reuters/R. Zvulun

Ebenfalls am Morgen besuchte Merkel die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und legte dort einen Kranz nieder. Mit einem Eintrag ins Gästebuch erinnerte sie an die "beispiellosen Verbrechen des Zivilisationsbruchs der Shoah". Daraus erwachse "die immerwährende Verantwortung Deutschlands, an dieses Verbrechen zu erinnern und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entgegenzutreten". Die Bundesregierung wende sich gegen Antisemitismus - "ganz gleich, von wo er ausgeht und in welcher Form er sich äußert", so Merkel. Heute gebe es - und das sei ein Wunder - blühendes jüdisches Leben in Deutschland.

Merkel beim Besuch der Gedenkstätte Yad VashemBild: Reuters/D. Hill

Schwerpunkte Wirtschaft und Forschung

Bei einem ersten Treffen Merkels mit Regierungschef Netanjahu vereinbarten Deutschland und Israel bereits am Mittwochabend eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Cybersicherheit. Merkel wurde nicht nur von ihren Ministern, sondern auch von zahlreichen Vertretern der deutschen Wirtschaft begleitet. Netanjahu sagte, Deutschland sei eine der führenden Wirtschaftsnationen und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit seien hervorragend.

Deutschland und Israel träten in eine neue Phase ihrer Beziehungen ein. Dazu sollen auch eine Reihe neuer Vereinbarungen beitragen. Eine davon soll es ermöglichen, im kommenden Jahr die Gurlitt-Kunstsammlung im Israel-Museum zu zeigen. In der Sammlung befinden sich Kunstwerke, bei denen der Verdacht besteht, dass es sich um NS-Raubkunst handeln könnte.

Inzwischen sind die Bundeskanzlerin und ihr Kabinett nach Deutschland zurückgereist. Die nächsten Regierungskonsultationen mit Israel sollen 2019 stattfinden, dann in Deutschland.

qu/se/bru (dpa, afp)

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