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KonflikteDeutschland

Deutschland und Türkei streiten immer mehr nach Wolfsgruß

4. Juli 2024

Ist Merih Demirals Wolfsgruß rechtsextremistisch? Ist Deutschlands Kritik daran fremdenfeindlich? Nach einer spiegelbildlichen Aktion in Ankara wurde nun der türkische Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt.

Der diplomatische Vertreter der Türkei in Deutschland, Ahmet Basar Sen
Der diplomatische Vertreter der Türkei in Deutschland, Ahmet Basar Sen (rechts), neben ihm ein Personenschützer (Archivfoto) Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Die diplomatischen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei nach dem Wolfsgruß-Eklat bei der Fußball-EM durch den türkischen Nationalspieler Merih Demiral nehmen zu. Als Reaktion auf die Einberufung seines Botschafters in Ankara hat das Auswärtige Amt wie angekündigt den türkischen Vertreter Ahmet Basar Sen einbestellt. Dies habe am Vormittag stattgefunden, teilte eine Ministeriumssprecherin mit, ohne Details zu nennen.

Merih Demiral mit seiner umstrittenen Geste nach dem 2:0-Treffer im EM-Achtelfinalspiel gegen ÖsterreichBild: Ebrahim Noroozi/AP Photo/picture alliance

Deutschland: "Es ist eine rechtsextremistische Geste"

Demiral hatte beide Treffer für die Türkei beim 2:1-Sieg im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft am Dienstag gegen Österreich erzielt, nach dem Tor zum 2:0 zeigte er den sogenannten Wolfsgruß. Der Gruß ist ein Symbol der türkischen rechtsextremen und ultranationalistischen Organisation Graue Wölfe. In der Folge kam es zu einem politischen Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei.

"Es ist eine rechtsextremistische Geste - und die hat in deutschen Stadien nichts zu suchen", erklärte etwa Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Die Grauen Wölfe werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Wir haben sie fest im Blick. Unsere Behörden gehen dagegen vor. Das ist die richtige juristische Herangehensweise." Faeser forderte zudem die UEFA auf, den Fall zu untersuchen und Sanktionen zu prüfen - was der europäische Fußballverband auch zusagte.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Die Grauen Wölfe werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Wir haben sie fest im Blick"Bild: MICHELE TANTUSSI/AFP

Türkei: "Ein historisches und kulturelles Symbol"

Die türkische Regierung verwahrte sich gegen entsprechende Vorwürfe. Im Gegenteil sei "die Reaktion der deutschen Behörden gegenüber Herrn Demiral selbst fremdenfeindlich", ließ das Außenministerium in Ankara wissen und sprach von einem "historischen und kulturellen Symbol", das sich gegen "niemanden" richte. Das Ministerium nannte auch die UEFA-Prüfung inakzeptabel. Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden.

In Deutschland werden die - nicht verbotenen - Grauen Wölfe auf bis zu 12.500 Mitglieder gezählt, womit die Gruppe die größte rechtsextreme hierzulande ist. Als Graue Wölfe werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische Partei MHP von Devlet Bahceli ihre politische Vertretung. Sie ist zugleich Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Staatschef Recep Tayyip Erdogan.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der Chef der nationalistischen Partei MHP, Devlet Bahceli, bei einem Treffen im Februar 2023Bild: Mustafa Kamaci/AA/picture alliance

Erdogan kommt zu Viertelfinale gegen Niederlande nach Berlin

Unterdessen schaltete sich Erdogan persönlich in die Affäre ein. Das Präsidialamt kündigte kurzfristig eine Reise des Präsidenten nach Berlin an, um der Nationalmannschaft am Samstag im Viertelfinale gegen die Niederlande den Rücken zu stärken. Zu der Partie im Olympiastadion werden Tausende türkische Fans erwartet.

Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, forderte die Bundesregierung auf, Erdogan "nicht den roten Teppich" auszurollen. Der Besuch des Spiels sei aber wahrscheinlich nicht zu verhindern, sagte Toprak dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er befürchtet allerdings, dass der Besuch "den türkischen Nationalismus in den Stadien und auf den Straßen noch einmal beflügeln wird."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sieht dagegen keinen Grund für Kritik an Erdogans EM-Besuch. "Wenn Erdogan nach Berlin kommen will, dann soll er kommen", sagte Sofuoglu dem RND. "Es gibt keinen Grund zur Aufregung. Andere Präsidenten und Könige kommen ebenfalls zu den Spielen ihrer Mannschaften. Als Viktor Orban zum Spiel der ungarischen Mannschaft nach Stuttgart gekommen ist, hat sich auch niemand aufgeregt."

sti/kle (afp, dpa, rtr, sid)

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