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Politik

Ausgangssperre in Deutschland?

18. Januar 2021

Dass die Bundesbürger vielleicht demnächst ihre Wohnungen nicht mehr verlassen dürfen, wäre in der Coronakrise ein weiterer massiver Eingriff des Staates. Dementsprechend heftig wird vor dieser Entscheidung debattiert.

Deutschland Lockdown Bayern ruft den Katastrophenfall aus.
Bald gar keine Menschen mehr in der Nacht auf der Straße? Bayern fühlt sich gut gerüstet (Archivbild)Bild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Wird es demnächst - damit sich mutierte Coronaviren nicht ausbreiten - bundesweit eine nächtliche Ausgangssperre geben? Presseberichte am Wochenende hatten den Eindruck erweckt, dass über einen solchen Schritt bereits Einvernehmen zwischen Bundeskanzleramt und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder herrscht. Doch die politischen Diskussionen und Erklärungen zum Wochenauftakt lassen eher den Eindruck aufkommen: Noch ist ziemlich unklar, wie die Verantwortlichen eine weitere Verschärfung der Coronakrise verhindern wollen.

"Eine mögliche Maßnahme"

Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) jedenfalls sprach sich vor dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern an diesem Dienstag für einen längeren und schärferen Lockdown aus. "Es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden", sagte Scholz am Sonntagabend im einem Talk-Format der "Bild". Er gehe davon aus, dass "das schon 14 Tage sein können, die noch einmal dazu kommen". Ob dazu auch Ausgangssperren gehören, wollte der Finanzminister nicht ausschließen: "Ich finde, das ist eine mögliche Maßnahme, aber nicht die, die als allererste ansteht".

Die Corona-Neuinfektionen sind ungeachtet der zu Jahresbeginn verschärften Schutzmaßnahmen weiter hoch. Die Krankenhäuser sind stark belastet. Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Fallzahlen über eine Woche pro 100.000 Einwohner, sank zuletzt zwar auf 136. Sie ist damit aber immer noch weit von dem Zielwert von 50 entfernt, den Bund und Länder ausgegeben haben, um das Virus unter Kontrolle zu bringen und das Gesundheitssystem zu entlasten.

Die Hälfte macht es ganz anders

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder rief die anderen Bundesländer dazu auf, gemeinsam gefasste Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie konsequenter umzusetzen. "Die Hälfte der Länder macht ja was ganz anderes", sagte der CSU-Chef am Sonntagabend im ARD-Fernsehen. Deshalb stelle sich immer wieder die Frage: "Warum beschließen wir etwas, wo dann die Hälfte das anders macht?" Sein eigenes Bundesland sieht Söder im Kampf gegen die Pandemie gut aufgestellt und nannte als Beispiele unter anderem die ab Montagmorgen geltende FFP2-Maskenpflicht und die bestehenden nächtlichen Ausgangssperren. Da müsse an keiner Schraube mehr gedreht werden, glaube er.

Was werden auch sie entscheiden? Kanzlerin Merkel mit dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklärte, dass vor dem Treffen mit der Kanzlerin vorab eine ausführliche Diskussion mit Wissenschaftlern angesetzt sei. Bouffier nannte namentlich den Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, und den Charité-Virologen Christian Drosten. Dieses Mal werde man auch Wissenschaftler aus Großbritannien dabei haben.

In Großbritannien hat sich jene deutlich ansteckendere Mutation des Coronavirus stark verbreitet, die inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen wurde. Wie stark die Ausbreitung hierzulande ist, wissen aber die einschlägigen Experten nicht zu sagen, weil es an der notwendigen Sequenzierung des Krankheitserregers fehlt.

"Wie unerzogene Kinder"?

FDP-Chef Christian Lindner sagte zu möglichen Ausgangssperren in der ARD-Talkshow "Anne Will": "Ein so drastischer Grundrechtseingriff - alle Menschen zu veranlassen, zuhause zu bleiben - der müsste doch im Parlament diskutiert werden." Grünen-Chef Robert Habeck warf den Entscheidern Hochmut vor. "Das was im Frühjahr gut geklappt hat, dass die Gesellschaft zusammen geblieben ist, lag daran, dass es eine Art Demut der Politik gab und nicht so einen stolzen Ton wie: 'Wir haben das alles im Griff, ihr müsst euch nur mal wie unerzogene Kinder dran halten, was wir uns alles Tolles ausdenken'."

Die Kritik an den Entscheidungen in der Corona-Krise durch die Opposition wird somit lauter. Bei dem Treffen am Dienstag wird es also gleich um drei Aufgaben gehen: dem Virus entgegenzutreten, die Kritik zu entkräften - und zugleich das Vertrauen der Bevölkerung nicht zu verspielen.

ml/haz (dpa, afp, rtr)

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