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Deutschland will Instagram und Facebook weiter kontrollieren

8. Januar 2025

Meta-Chef Mark Zuckerberg will auf seinen Social-Media-Kanälen keine inhaltliche Kontrolle mehr. Deutschland und die EU halten aber an der Prüfung der Inhalte fest.

Meta will Faktenchecker durch Gemeinschaftsnotizen ersetzen
Keine Faktenprüfer mehr bei Meta: Mark Zuckerberg bei seiner VideobotschaftBild: Andre M. Chang/ZUMA Press Wire/Imago Images

Der Chef des weltweit erfolgreichen Internet-Konzerns Meta, Mark Zuckerberg, hatte eine Botschaft parat, die mittelfristig auch für Deutschland und Europa gravierende Folgen haben könnte: In einer Videobotschaft kündigte der Facebook-Erfinder an, künftig auf seinen Plattformen wie Facebook oder Instagram auf Faktenchecks verzichten zu wollen, beginnend in den USA.

Der in Kalifornien ansässige Konzern, so Zuckerberg weiter, werde seine Richtlinien zur Moderation von Inhalten deutlich überarbeiten und sein Programm zur Überprüfung von Fakten durch Dritte beenden. Wörtlich sagte Zuckerberg: "Wir haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem es zu viele Fehler gab und zu viel Zensur. Die letzten Wahlen waren da ein kultureller Wendepunkt hin zur freien Rede." 

Meta schafft Faktencheck bei Facebook und Instagram ab

02:19

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Prüfer renommierter Nachrichtenagenturen werden nicht mehr gebraucht

Die Faktenprüfer würden jetzt abgeschafft, sagte der Milliardär. Sie seien politisch voreingenommen gewesen und hätten "besonders in den USA mehr Vertrauen zerstört als sie geschaffen haben". Die Faktenprüfer, das waren bislang Mitarbeiter renommierter Nachrichtenagenturen wie AFP und Reuters, und sie prüften in 26 Sprachen die Inhalte der Plattformen.

Fünf Minuten lang begründete Zuckerberg seinen Schritt in dem Video. Zweifellos reagierte er damit auch auf Kritik, die viele US-Republikaner, auch der Vertraute des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, Tesla-Chef Elon Musk,  immer wieder an der Kontrolle der Inhalte auf seinen Plattformen geäußert hatten.

Europa hält an Kontrollen fest

In Europa und in Deutschland sind die Reaktionen auf die Ankündigung noch verhalten, was auch damit zu tun haben dürfte, dass die Beendigung der Kontrollen, etwa auf sexistische oder rechtsextreme Inhalte, für Europa zunächst nicht gilt. Denn mit dem "Digital Services Act" (DSA) gelten in der EU strengere Vorschriften  als in Amerika.

Faktenchecker werden in der Richtlinie zwar nicht explizit erwähnt, das europaweite Gesetz verpflichtet aber große Online-Plattformen dazu, gegen Hass und Hetze sowie andere illegale Inhalte im Internet vorzugehen. Und das geht kaum ohne die Mithilfe externer Experten. Bei Verstößen drohen den Internet-Konzernen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Das Gesetz ist in Deutschland seit dem Mai 2024 in Kraft.

Wissing: "Lassen unsere Demokratie nicht herausfordern"

Auf diesen Unterscheid zwischen der EU und den USA nahm auch der deutsche Minister für Digitales, Volker Wissing (ehemals FDP), Bezug, der sich zur Zeit in den USA aufhält und Zuckerbergs Ankündigung so kommentierte: "Wir nehmen das sehr ernst. Wir sind jederzeit in der Lage, entschlossen zu handeln und die Regulierung anzupassen, wenn wir merken, dass Konzerne wie Meta unserem Bedürfnis nach gesicherten, geprüften Informationen nicht nachkommen. Wir werden uns und unsere Demokratie da nicht herausfordern lassen."

Friedrich Merz: "Die Regeln der analogen Welt müssen auch digital gelten"Bild: Axel Schmidt/REUTERS

Und für die regierenden Sozialdemokraten sagte deren Generalsekretär Matthias Miersch, wenn Zuckerberg nicht mehr gegen "Fake News" vorgehe, stelle sich hier auch "die Frage von Straftatbeständen". Miersch verwies auf Vorwürfe der Wahlbeeinflussung durch Internet-Plattformen etwa in Rumänien. So etwas bedeute "eine Unterminierung demokratischer Grundstrukturen."

Merz zur DW: "Beobachte das mit Sorge"

Der Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD),  Steffen Hebestreit, äußerte sich ähnlich. Er sagte am Mittwoch in Berlin: "Wir haben volles Vertrauen in die EU-Kommission, das sie da ihre Arbeit macht." Und auf die Frage der DW sagte der Kanzlerkandidat und Vorsitzende der konservativen CDU, Friedrich Merz, am Mittwoch im bayerischen Seeon: "Ich beobachte das mit zunehmender Sorge. Die digitale Welt ist, was die Frage der demokratischen Kontrolle, der Legitimation und Rechtsgrundlage betrifft, keine andere als die analoge." Und auch dort sei eigentlich kein Platz für Hetze und Hass. 

Internet-Experte Beckedahl spricht von einem Kniefall vor Trump

Auch unter deutschen Internet-Experten sorgte die Nachricht aus den USA für Empörung. Der Digital-Experte Markus Beckedahl bezeichnete die Entscheidung Zuckerbergs als "180-Grad-Kehrtwende". Im Zweiten Deutschen Fernsehen nannte Beckedahl, Gründer und Chefredakteur des Blogs "Netzpolitik.org" und Mitinitiator der Konferenz "Re:Publica", den Schritt des Meta-Chefs einen Kniefall vor Donald Trump und seiner kommenden Administration. Beinahe alle Wünsche und Forderungen der Republikanischen Partei, etwa die Abschaffung von Faktenprüfungen und die Durchsetzung einer "radikalen Redefreiheit auf alle Plattformen", seien jetzt auch Politik von Meta, so Beckedahl.

Tatsächlich hatte Zuckerberg noch vor Jahren betont, seine Social-Media-Kanäle seien nicht dazu da, Hass und Hetze zu verbreiten, wofür er auch sorgen werde.

Aber es gibt in Berlin auch Befürworter von Zuckerbergs Wende. So begrüßte der FDP-Parlamentarier Wolfgang Kubicki, Vizepräsident der Deutschen Bundestages, die Entscheidung als "gute Nachrichten für die freie Rede".