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Deutschlands Banken am Abgrund?

27. September 2016

Niedrigzins, Regulierung, Milliardenstrafen und eine wachsende Konkurrenz von Finanz-Startups: Die fetten Jahre der deutschen Banken scheinen vorbei. Ihr Patentrezept fürs Überleben heißt Digitalisierung.

Symbolbild Commerzbank Stellenabbau
Bild: picture-alliance/dpa

Der Aktienkurs ist ein guter Indikator dafür, wie es um ein Unternehmen bestellt ist. Geht die Kurve nach oben, heißt das, dass die Investoren guter Dinge sind. Sinkt der Kurs, nimmt das Vertrauen der Anleger in das Unternehmen ab.

Den beiden größten Banken Deutschlands traut demnach kaum noch jemand über den Weg: Die Aktie der Deutschen Bank ist auf dem tiefsten Stand ihrer Geschichte. Ein Anteil an der Großbank kostet gerade noch etwas mehr als 10 Euro - zum Amtsantritt von Deutsche-Bank-Chef John Cryan war es fast dreimal so viel. Und auch mit der Commerzbank geht es stetig bergab: Die Aktie büßte allein seit Jahresbeginn rund 35 Prozent ein.

Weniger Mitarbeiter, keine Dividende

Meldungen über einen bevorstehenden Konzernumbau ließen den Aktienkurs der Commerzbank am Dienstag noch einmal ordentlich abrutschen: Nach übereinstimmenden Medienberichten will sich Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus bis 2020 von einem Fünftel seiner Mitarbeiter trennen - rund 9000 Personen. Im vergangenen Jahr zahlte die Commerzbank ihren Aktionären erstmals seit der Finanzkrise wieder eine Dividende - die wird nun offenbar ebenfalls gestrichen. Das ursprünglich angepeilte Gewinnziel für 2016 von einer Milliarde Euro hatte die Bank bereits vor Monaten kassiert.

Die Commerzbank plant offenbar einen massiven UmbauBild: picture-alliance/dpa/Daniel Reinhardt

Die Konkurrenz von der Deutschen Bank plant ebenfalls einen deutlichen Stellenabbau: In einem ersten Schritt sollen 3000 Arbeitsplätze wegfallen. Das alleine wird allerdings nicht genügen, um Deutschland größte Bank aus den jüngsten Schwierigkeiten zu helfen: Das US-Justizministerium will die Deutsche Bank wegen ihrer Geschäfte mit faulen Hypothekenpapieren im Vorfeld der Finanzkrise auf umgerechnet 12,5 Milliarden Euro verklagen. Die Bank beeilte sich zwar, zu betonen, dass die in einem Vergleich gefundene Summe deutlich niedriger ausfallen könne. Doch der Fall ist nur einer von knapp 8000 Klagen, die gegen das Geldhaus anhängig sind. Bis zur Jahresmitte hatte die Deutsche Bank für alle offenen Rechtsstreitigkeiten lediglich 5,5 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Und an der Börse wird der Wert des Unternehmens mit gerade einmal knapp 14,6 Milliarden Euro notiert.

Wachsende Konkurrenz aus dem Netz

Deutschlands Banken sind knapp bei Kasse - das gilt nicht nur für die Großbanken, sondern erst recht für kleinere Geldhäuser. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank macht ihr Kerngeschäft unrentabel. Filialen betreiben, Kunden beraten - das kostet Zeit und Geld. Die Folge: Nahezu jede Bank hat inzwischen ihre Gebühren erhöht, einige Geldhäuser erheben bereits Negativzinsen auf bei ihnen eingelagertes Geld.

Direktbanken und FinTechs haben keine eigenen Geldautomaten - sie nutzen die Infrafruktur der stationären KonkurrenzBild: picture-alliance/dpa

Hinzu kommt die wachsende Konkurrenz aus dem Netz: Direktbanken ohne eigene Filialen brauchen weniger Mitarbeiter und nutzen die Geldautomaten der stationären Konkurrenz. Sogenannte FinTechs - Startups im Finanzbereich - bieten einzelne Dienstleitungen des klassischen Bankgeschäfts an, ohne sich mit der Bankenregulierung auseinandersetzen zu müssen. Die nach der Finanzkrise eingeführten strengeren Spielregeln haben den Ruf, gerade kleine Banken kaputt zu regulieren. So müssen beispielsweise bei der Anlageberatung strenge Vorgaben erfüllt werden - "aber nur, wenn du eine Bank bist und klassische Anlageberatung machst", sagt Hans-Peter Burghof, Professor und Bankenexperte an der Universität Hohenheim, im DW-Interview. "Wenn du aber als Internetvermittlungsplattform eine Anlage empfiehlst und darunter schreibst, dass es gar keine Empfehlung ist, dann bist du fein raus."

Eine Branche steht vor dem Wandel

Um zu bestehen, müssen die Banken auf die Konkurrenz aus dem Netz reagieren. "Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden", hatte Commerzbank-Chef Martin Zielke im August angekündigt. Banken müssten sich auf den Technologiewandel einstellen und sich konsequent dem Thema Finanzinnovation zuwenden, sagt auch Burghof. "Das heißt auch, dass man deutlich weniger Mitarbeiter braucht."

Die Bank sei zwar kein Auslaufmodell, aber: "Banken, wie wir sie kennen, wird es in zehn Jahren nicht mehr geben", ist sich Burghof sicher. So ein Anpassungsprozess braucht jedoch Zeit. Aktionäre hingegen wollten schnelle Ergebnisse sehen - ihr Vertrauen zurück zu gewinnen, sei schwierig, so Burghof: "Man wird die Investoren noch auf geraume Zeit enttäuschen müssen."

 

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