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Deutschlands Bauern als Klimaschützer?

11. Januar 2018

Mehr als zehn Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen werden in der Landwirtschaft produziert. Deutschlands Bauern wollen den Ausstoß reduzieren. Umweltorganisationen bezweifeln den Erfolg ihrer Strategie.

Deutschland Feldbestellung in Alt Zeschdorf
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat seine "Klimastrategie 2.0" vorgelegt, mit der er die Emissionen aus Methan, Lachgas und Kohledioxid bis 2030 gegenüber 1990 um 30 Prozent senken möchte. Das Papier sieht 20 Maßnahmen vor, etwa um mit einer angepassten Fütterung und der besseren Verwertung von Gülle die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.

Bei der Vorstellung des Strategiepapiers in Berlin sagte der DBV-Umweltbeauftragte Eberhard Hartelt, der Verband stehe zu seinem "ehrgeizigen Ziel". Bisher habe die Landwirtschaft bereits 16 Prozent ihrer Emissionen reduziert. Vorrangiges Ziel müsse dabei die Ernährungssicherheit sein.

Allerdings seien die Erträge auch abhängig von Wetter und Klima. Kurzfristige Wettergeschehen bestimmen den Erfolg eines Erntejahres. Durch häufigere starke Wetterereignisse nimmt die Landwirtschaft immer auch Schaden. Sie sei sowohl Betroffener des Klimawandels als auch Emittent von Treibgasen. 

Den Bauern geht es aber nicht nur ums Klima: "Über eine bessere Ausnutzung des Stickstoffdüngers und noch zielgenauere Düngung können wir nicht nur das Klima schützen, sondern reduzieren auch mögliche Auswirkungen auf Gewässer". spricht Hartelt die hohen Stickstoffeinträge im Böden an, die Umweltschützer immer wieder kritisieren. Die Tierhaltung wollen die Landwirte umweltschonender gestalten.

Hartelt äußerte auch die Absicht, noch mehr anfallende Gülle zur Gärung Biogasanlagen zuzuführen, um daraus dann Strom zu gewinnen. "So können Methanemissionen aufgefangen werden und außerdem können so fossile Energieträger ersetzt werden", sagte Hartelt. 

Armes Schwein! - Dicht gedrängt werden die meisten Schlachttiere gehaltenBild: picture alliance/dpa/J. Büttner/dpa-Zentralbild/ZB

Emissionen, die man nicht verhindern kann

Anders als im Straßenverkehr, wo Feinstäube, Stickoxide und Kohlendioxid durch die Verbrennung fossiler Kraftstoffe freigesetzt werden, entstehen die Emissionen in der Landwirtschaft in natürlichen Kreisläufen. Diese können nicht gänzlich unterbunden werden.

Das schädliche Klimagas Methan entsteht in Fermentationsprozessen im Magen von Wiederkäuern und wird außerdem bei der Klärschlammbehandlung in der Landwirtschaft gebildet. Lachgas, rund 300-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid (CO2), ensteht durch stickstoffhaltige Düngemitteln im Boden oder reaktive Stickstoffverbindungen wie Nitrat und Ammoniak, wenn diese in die umliegenden Naturräume gelangen.

Zur Reduzierung großer Mengen Lachgas könnte die Fütterung an die jeweiligen Wachstumsphasen der Tiere angepasst werden. Dies reduziere die Nährstoffausscheidungen des Viehs, so Hartelt.

Umweltorganisationen: "Die Politik muss eingreifen"

Umwelt- und Entwicklungsorganisation lassen indes kein gutes Haar an dem Strategiepapier. "Der Bauernverband sucht offenbar vor allem Argumente dafür, nichts an der industrialisierten Landwirtschaft und der zunehmend exportorientierten Milch- und Fleischerzeugung zu ändern", kritisiert Tobias Reichert, Teamleiter für Welternährung, Landnutzung und Handel bei Germanwatch. "Dabei wäre die Abkehr von der Massentierhaltung die mit Abstand wirksamste Maßnahme, um beim Klimaschutz in der Landwirtschaft voran zu kommen." 

Sehr umstritten: Das Pestizid Glyphosat wird zur Unkrautbekämpfung eingesetzt Bild: picture-alliance/Forum Moderne Landwirtschaft/S. Lüdtke

Die Umweltorganisation WWF appelliert an die künftige Bundesregierung, klimaschützende Landwirtschaft zu fördern. Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) prangert Massentierhaltung, Pestizide, den großflächigen Einsatz von Glyphosat und steigende Belastungen des Grundwassers durch überdüngte Böden an.

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger fordert ebenfalls Maßnahmen von der Politik: "Das Verbot von Ackergiften wie Glyphosat, eine verpflichtende staatliche Haltungskennzeichnung bei tierischen Lebensmitteln und eine ökologische Neuausrichtung der EU-Agrarfördermittel gehören in den Koalitionsvertrag." Weiger kündigte an, mit einer Groß-Demonstration unter dem Titel "Wir haben es satt" am 20. Januar in Berlin die Forderungen für eine bessere Landwirtschaft und Klimaschutz untermauern zu wollen. Der Protest soll gleichzeitig zur weltgrößten Landwirtschaftsmesse 'Internationale Grüne Woche' in Berlin stattfinden.  

Der Naturschutzverband NABU und Deutschlands größter ökologischer Anbauverband Bioland verweisen im Vorfeld der Grünen Woche auf das Insektensterben, nitratbelastetes Grundwasser und das Leiden von Nutztieren. Sie fordern unisono: "Europa braucht eine neue, bessere Agrarpolitik, von der Verbraucher, Landwirte und die Natur gleichermaßen profitieren."

Was kann die Landwirtschaft fürs Klima tun?

"Böden können natürliche Kohlenstoffspeicher sein", erklärt Christoph Heinrich vom WWF: "Derzeit werden viele jedoch CO2 freigeben, anstatt es zu binden." Ursachen sind die intensive Landwirtschaft und das Trockenlegen von Mooren. Die künftige Bundesregierung müsse daher "Landwirte finanziell fördern, die etwa durch vielfältige Fruchtfolgen auf dem Acker sowie den Erhalt von Grünlandflächen" aktiven Klimaschutz betrieben, so Heinrich. 

Vielfältige Fruchtfolgen sind dann gegeben, wenn immer wieder andere Pflanzen auf einem Acker angebaut werden. WWF-Vorstand Heinrich wies darauf hin, dass dadurch die Fruchtbarkeit und Widerstandsfähigkeit der Böden verbessert werde. Außerdem benötigten diese Böden weniger synthetische Düngemittel, was der Treibhausbilanz ebenfalls zugute komme.

Umweltverbände fordern Reduktion der Tierbestände 

Heinrich forderte, in der EU-Agrarpolitik ab 2021 nur noch Ackerbaubetriebe mit "mehrjähriger, standortangepasster Fruchtfolge" zu unterstützen. Auch für den Moorschutz sollten Landwirte bezahlt werden, forderte der WWF, da Moore große Mengen Kohlenstoff speichern könnten. Auch Böden im ökologischen Landbau speicherten signifikant mehr Kohlenstoff als intensiv bewirtschaftete Böden, so Heinrich. 

Heu von Hand mit dem Rechen aufsammeln - das geht nur auf überschaubaren Flächen Bild: picture-alliance/dpa/T. Warnack

 

Für die Umweltschutzorganisation Germanwatch sind die vorgeschlagenen Maßnahmen des DBV "keine Grundlage, um die Treibhausgase in der Landwirtschaft effektiv zu verringern. Stattdessen wäre die Abkehr von der Massentierhaltung, die mit Abstand wirksamste Maßnahme, um beim Klimaschutz voranzukommen", sagt Landnutzungsexperte Tobias Reichert.

Eine Reduktion der Tierbestände ist für den DBV und seine Mitglieder indes keine Lösung, da die Nachfrage nach tierischen Produkten ungebrochen hoch ist. Die Tierhaltung mit der dafür notwendigen Futtererzeugung ist für etwa drei Viertel der Treibhausgasemissionen aus der deutschen Landwirtschaft verantwortlich. 

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