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Angriffe auf Deutschlands Infrastruktur

Elizabeth Schumacher
3. Oktober 2025

Drohnen, Cyberkriminalität und Brandstiftung - die Attacken auf Deutschlands Infrastruktur nehmen laut Bundesregierung zu. Jüngstes Beispiel: Flughafen München. Stecken Moskau, Peking oder linksextreme Kreise dahinter?

An einem Zaun vor einem Rollfeld hängt ein Schild, dass auf das Drohnenflugverbot am Flughafen hinweist
Deutschland will nach Übergriffen in ganz Europa seine Sicherheitsmaßnahmen gegen Drohnen verstärken, doch ein konkreter Plan fehlt nochBild: Jochen Tack/picture alliance

In Deutschland kommt es mittlerweile fast täglich zu Angriffen auf die kritische Infrastruktur. Zuletzt wurden Drohnen über dem Flughafen München gesichtet, der Airport musste vorübergehend geschlossen werden. Ähnliche Ereignisse sowie Cyberangriffe, die Sicherheitssoftware lahmlegten, meldeten mehrere europäische Flughäfen, so auch der Berliner Flughafen. Zur selben Zeit wurde  die Deutsche Bahn erneut Opfer eines schwerwiegenden Sabotageaktes auf ihre Gleisanlagen.

Auch private Unternehmen erleben immer häufiger Angriffe auf ihre digitalen Strukturen. Laut Bitkom, dem Dachverband der digitalen Wirtschaft in Deutschland, entstehen allein dadurch Kosten in Höhe von 289 Milliarden Euro. Während in etwa 68 Prozent der Fälle Kriminelle hinter den Taten vermutet werden, gab knapp die Hälfte der befragten Unternehmen an, mindestens einen Angriff nach Russland zurückverfolgen zu können. Ähnlich viele Firmen konnten demnach die Vorfälle mit China in Verbindung bringen.

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Auch für die jüngsten Drohnenbedrohungen in Europa wird der Kreml verantwortlich gemacht. "Dass es sich um einen privaten Akteur handeln könnte, ist äußerst unwahrscheinlich. Hier sind Profis mit teurer Ausrüstung am Werk. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um einen staatlichen Akteur", sagt Manuel Atug, Experte für Infrastruktursicherheit bei der Denkfabrik AG Kritis.

Der Zweck der Angriffe, sowohl der physischen als auch der Online-Attacken, könnte darin bestehen, "die Gesellschaft von innen heraus zu destabilisieren, damit die Menschen das Vertrauen in Institutionen und die Regierung verlieren", meint Atug.

BND: Fast täglich Cyberangriffe auf staatliche Institutionen

Der deutsche Inlandsgeheimdienst BND erklärte Anfang September, Cyberangriffe auf staatliche Institutionen und kritische Infrastrukturen kämen "fast täglich" vor. Und Bundeskanzler Friedrich Merz räumte ein, dass "die Sicherheitslage in der Nachkriegsgeschichte des Landes selten so ernst war".

Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter erklärte in der Zeitung Handelsblatt, dass "die Gefahr zunimmt, weil insbesondere Russland zunehmend nicht nur Aufklärungsdrohnen, sondern auch bewaffnete Drohnen einsetzt". Er warnte, die Regierung könne private Betreiber von Flughäfen nicht allein für so schwerwiegende Sicherheitsfragen verantwortlich machen, und sprach sich für die Ausrufung des Notstands aus. Dieser würde die Grundlage für die Einführung besonderer Maßnahmen wie etwa die Wiedereinführung der Wehrpflicht bilden.

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Auch die deutsche Öffentlichkeit fürchtet sich vor einer wachsenden Bedrohung. In einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC aus diesem Jahr bekundeten 67 Prozent der Befragten ihre Angst vor "hybriden Angriffen” aus Russland. Und fast jeder Zweite war der Meinung, die Regierung sei schlecht darauf vorbereitet.

Tatsächlich steht es in Sachen digitale Infrastruktur nicht zum Besten in Deutschland. Obwohl die Bundeswehr über zahlreiche IT-Experten verfüge, "laufen die Panzer mit Software aus dem Jahr 1989", sagt Manuel Atug. Dies sei ein Beispiel dafür, wie "wenig geschützt" die deutsche Regierung gegen raffinierte Cyberangriffe sei.

Russland soll Söldner für Angriffe angeheuert haben

Die Ermittlungen nach der Sabotage zweier wichtiger Bahnstrecken in der vergangenen Woche - zwischen Hamburg und Berlin sowie zwischen Köln und Düsseldorf - dauern noch an. In einem Fall wurde in einem von Zügen befahrenen Tunnel ein Sprengsatz gezündet, im anderen Fall wurden Oberleitungen durchtrennt. Dies waren laut der Deutschen Bahn nur zwei Vorfälle in einer Reihe von "fast täglichen Angriffen" seit Beginn des Sommers.

Sowohl Gesetzgeber als auch Ermittler stellen sich laut die Frage, ob Russland hinter der Sabotage steckt. Innenminister Alexander Dobrindt sprach von mutmaßlichen Söldnern, die möglicherweise im Auftrag einer ausländischen Regierung bezahlte Angriffe auf die Infrastruktur durchführten. "Drei dieser sogenannten Low-Level-Agenten stehen derzeit in München vor Gericht", so Dobrindt. Ihnen wird vorgeworfen, im Auftrag Moskaus Zugsabotage geplant zu haben.

Verübten auch Linksextremisten Sabotageakte auf die Bahn?

Einige Politiker haben außerdem Linksextremisten für Anschläge an Zügen verantwortlich gemacht, darunter etwa der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul. Der Grund: Auf einer als politisch links eingestuften Website wurde ein offener Brief veröffentlicht, in welchem die Verantwortung für einen Anschlag auf die Bahnstrecke zwischen Duisburg und Düsseldorf im August übernommen wird. "Es ist daher wahrscheinlich, dass militante Linksextremisten dafür verantwortlich sind", sagte Reul.

Was das Motiv der Linksextremisten für den Angriff auf die Bahnstrecke angeht, so wird laut Bundesamt für Verfassungsschutz die Deutsche Bahn in dieser Szene eher als öffentliches Gut angesehen. Die Unterstützung des öffentlichen Nahverkehrs sei zwar normalerweise ein linkes Anliegen, aber: "Die Deutsche Bahn wird von der Szene als größtes Logistikunternehmen der 'kapitalistischen Profitwirtschaft' in Deutschland angeprangert."

Durchtrennte Kabel haben jüngst die vielbefahrene Pendler-Strecke Köln-Düsseldorf lahmgelegtBild: Henning Kaiser/dpa/picture alliance

Sicherheitsexperte Manuel Atug weist darauf hin, dass "jeder einen anonymen Brief auf dieser Plattform veröffentlichen kann. Es ist ungewöhnlich, dass sich keine anderen Linken oder Gruppen damit solidarisiert haben." Es wäre zwar nicht das erste Mal, dass Linke den Verkehr blockierten, aber die Behörden sollten "zunächst eine ordnungsgemäße Untersuchung durchführen", statt öffentlich noch unbestätigte Verdächtigungen zu äußern. Dies gelte auch für die Drohnen- und Cyberangriffe.

Oppositionspolitiker fordern die Regierung von Merz auf, konsequente Maßnahmen zu ergreifen und klar zu sagen, woher die Bedrohungen kommen, statt Spekulationen in den Raum zu stellen, ohne ihnen nachzugehen. Wie Konstantin Notz, der in der Grünen-Partei für Sicherheitspolitik zuständig ist, im Deutschlandfunk sagte: "Die deutsche Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, klar darüber informiert zu werden, wo täglich oder wöchentlich Angriffe stattfinden, was vermutet wird und wer dahintersteckt."

Adaption aus dem Englischen: Jeannette Cwienk

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