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Politik

Neue Wege im Anti-Terror-Kampf im Sahel

Antonio Cascais
12. April 2022

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock befindet sich auf schwieriger Afrika-Mission. Hat das Engagement der Bundeswehr in Mali noch eine Zukunft? Ist ein Ausweichen ins Nachbarland Niger eine Alternative?

Mali | Deutsche Delegation und  Aussenministerin Annalena Baerbock auf dem Flughafen Gao
Deutsche Delegation nach Landung in Gao: Wird der Bundeswehr-Einsatz verlängert?Bild: Florian Gaertner/photothek/picture alliance

Zwei Stationen macht die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock in Westafrika: Dienstag in Mali, Mittwoch in Niger. Beides sind von Terror geplagte Krisenstaaten. Regierungsgespräche in den Hauptstädten Bamako und Niamey stehen auf dem Programm, ebenso Besuche bei Soldaten der internationalen Militärmissionen MINUSMA und EUTM.

Hauptthema der Gespräche: Wird der Einsatz der Bundeswehr in Mali im Rahmen dieser Missionen verlängert? Denn deren vom Bundestag gegebenes Mandat läuft im Mai aus.

Die Beziehungen der Militärjunta in Mali zur Europäischen Union haben sich in den vergangenen Monaten zusehends verschlechtert, nicht zuletzt wegen der immer wieder aufgeschobenen Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen im Land und der Kooperation der malischen Machthaber mit russischen Söldnern und militärischen Beratern aus Russland.

Sahel-Experte Laessing: "Ein Abzug würde Russland in die Hände spielen"Bild: privat

Frankreich hat bereits Mitte März den Abzug seiner Truppen aus Mali und damit ein Ende seiner Anti-Terror-Einsätze Barkhane und Takuba angekündigt. Nun werden auch in Deutschland heftige Diskussionen darüber geführt, ob eine Weiterführung des seit 2013 bestehenden Blauhelmeinsatzes MINUSMA in Mali überhaupt noch sinnvoll ist. Auch die EU-Ausbildungsmission EUTM steht zur Disposition.

"Es ist sicherlich legitim, eine Diskussion zu führen, wie lange wir in Mali bleiben wollen, ob unsere Instrumente wirken, was wir besser machen können", sagt Ulf Laessing, Sahel-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung. "Ich würde aber davor warnen, wie in Afghanistan abrupt auszusteigen und abzuziehen." Laessing äußert im Gespräch mit der Deutschen Welle eine klare Befürchtung: "Ein Abzug würde die Sicherheitslage in Mali nur noch verschlechtern und Russland nur in die Hände spielen."

Aus für die EU-Ausbildungsmission?

Trotz solcher Bedenken hat die Europäische Union am Montag Teile ihres Ausbildungseinsatzes EUTM in Mali gestoppt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel erklärt, dies betreffe insbesondere Einheiten der Streitkräfte und der Nationalgarde des afrikanischen Landes. "Es gibt keine ausreichenden Sicherheitsgarantien der malischen Behörden für eine Nichteinmischung russischer Söldner von der Wagner-Gruppe", sagte Borrell unter Verweis auf russische Söldner, die von der malischen Militärjunta ins Land gerufen worden waren.

In einer ersten Reaktion nannte Deutschlands Verteidigungsministerin Christine Lambrecht den Schritt "konsequent und richtig". Angesichts etwaiger Menschenrechtsverletzungen der malischen Truppen zusammen mit russischen Kräften, "womöglich sogar Söldnern", müsse man sich fragen "wen wir da eigentlich ausbilden".

Bundeswehr in Mali: 1300 deutsche Soldaten im EinsatzBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Konkret ist die Bundeswehr in Mali mit etwa 300 Soldaten an der europäischen Ausbildungsmission EUTM beteiligt. Zudem hat sie rund 1000 Soldaten als Teil der UN-Friedenstruppe MINUSMA in Mali stationiert. Und beide Mandate laufen in den kommenden Wochen aus, wenn sie nicht noch vom Bundestag verlängert werden.

Baerbock: Kein "weiter so" 

"Die Regierung in Bamako hat in den letzten Monaten international sehr viel Vertrauen verspielt, nicht zuletzt durch Verschleppung des demokratischen Übergangs und durch intensivierte militärische Zusammenarbeit mit Moskau", kritisierte Bundesaußenministerin Baerbock kurz vor ihrem Abflug nach Bamako. "Nun einfach 'weiter so' zu sagen, wäre aus meiner Sicht verfehlt."

Doch nicht nur Terrorgruppen drohen die Region weiter zu destabilisieren. Auch der Krieg in der mehr als 4000 Kilometer entfernten Ukraine könnte ernste Auswirkungen auch in Westafrika haben. Grund: ein drohender Lieferstopp beim Weizen. Baerbock kündigte deshalb an, sich bei ihrem Besuch in der Sahelzone besonders mit den Problemen der Lebensmittelversorgung zu beschäftigen. "Der Angriffskrieg des russischen Regimes in der Ukraine hat auch Folgen, die weit über die Region hinausreichen", sagte sie. Denn die Ukraine habe bisher als eine Art Kornkammer die Welt mit Getreide beliefert.

Außenministerin Baerbock im Gespräch mit Vertreterinnen von Gaos Zivilgesellschaft: "Kein weiter so"Bild: Florian Gaertner/photothek/picture alliance

"Im Rahmen unserer G7-Präsidentschaft haben wir das Thema Ernährungssicherheit deshalb zu einem unserer absoluten Schwerpunkte gemacht", kündigte die Ministerin an. In vielen anderen Ländern der Welt, die ohnehin etwa mit Terror oder der Klimakrise zu kämpfen hätten, sei mangelnde Ernährungssicherheit mittlerweile eine existenzielle Frage. "Die Sahelregion ist hierfür ein trauriges Beispiel."

"Plan B" Niger?

Und wie geht es nun weiter mit dem internationalen Kampf gegen den Terrorismus in der Sahel-Zone? Die Europäer wollen sich nicht vollständig aus der strategisch wichtigen Region zurückziehen. Aus Frankreich hieß es bereits, das Zentrum künftiger Militäroperationen im Sahel werde in das Nachbarland Niger verlegt, direkt in das Grenzgebiet zu Burkina Faso. Auch in Deutschland diskutiert man jetzt über eine Verlegung der Bundeswehrsoldaten, die derzeit in Mali stationiert sind, nach Niger.

Die Bundeswehr hat bereits ein logistisches Drehkreuz im Niger: Der Lufttransportstützpunkt Niamey gehört zur MINUSMA-Mission und stellt einen Großteil der logistischen Versorgung für die deutschen Kräfte in Mali sicher. Die Möglichkeit der Verlegung der deutschen Soldaten nach Niger dürfte das Hauptthema der Gespräche der deutschen Außenministerin mit Nigers Präsident Mohamed Bazoum sein.

"Beim Kampf gegen den Terrorismus reicht es nicht, ausländische Truppen in ein Land zu verlegen oder Kampfhubschrauber zu liefern", sagt der nigrische Essayisten Seidick Abba: "Man muss vor allem an die Wurzeln des Problems gehen und den Nährboden des Terrorismus unfruchtbar machen."

Abba betont im Gespräch mit der DW, dass auch in der nigrischen Zivilgesellschaft der Frust wachse, weil die internationale Militärpräsenz die Sicherheitslage offensichtlich nicht verbessert habe: "Der Kampf kann nicht nur durch Militär geführt werden. Es braucht auch Investitionen in die Verbesserung der Lebensbedingungen und Perspektiven der Menschen, zum Beispiel in die Berufsausbildung von Jugendlichen", fügt Abba hinzu. Vor allem auf diesem Gebiet könne ein Land wie Deutschland helfen.

Mitarbeit: Sandrine Blanchard, Dirke Köpp

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